Der Termin für den No-Deal-Brexit kommt beängstigend näher. Noch ist nicht alles Pulver verschossen, um einen ungeregelten GB-Austritt mit chaotischen Folgen zu vermeiden. Die GB-Parlamentarier sind in der Pflicht und Verantwortung, dem eigenen Land und seinen Nachbarn unnötige Beeinträchtigungen zu ersparen. Auf der EU-Seite hält man an dem ausgehandelten Austrittsvertrag fest. Insbesondere die BackStop-Klausel ist auf EU-Seite unverhandelbar, jedoch für die No-Deal-Brexit-Beführworter nicht akzeptabel.
Der GB-Parlamentsvorsitzende und der Oppositionsführer haben Vorschläge gemacht, den Austrittstermin zu verschieben, aber bei den britischen Parlamentariern wenig Zustimmung gefunden. Misstrauensvotum gegen die amtierende Regierung, Neuwahlen und eine erneute Volksbefragung sind in der heißen Diskussion. Aber zwischen und in den Parteien herrscht unüberbrückbare Uneinigkeit. Und die Zeit läuft davon. Ab 1. Sep.2019 kommt das Parlament aus den Ferien zurück.
Inwieweit ist der Agrarhandel zwischen GB und BRD betroffen?
Die Bundesrepublik Deutschland exportierte im Durchschnitt der letzten Jahre Agrarprodukte im Wert von 4,5 Mrd. € nach Großbritannien. Das war knapp 7 % aller deutschen Agrarausfuhren. Der Schwerpunkt liegt bei den Waren pflanzlicher Herkunft mit einer Vielzahl von Einzelprodukten. Tierische Produkte machen etwa ein Drittel der Lieferungen nach GB aus. Dabei spielen Schweinefleisch und Milchprodukte eine besondere Rolle.
Die deutschen Agrarimporte aus Großbritannien hatten in der Vergangenheit einen Wert von 1,3 Mrd. €. Das waren rd. 5,7 % der deutschen Agrareinfuhren. Darunter ragen Käsespezialitäten, Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch besonders heraus.
Der Handelsaustausch findet bisher nach den Regeln des freien EU-Binnenmarktes ohne Zölle und zusätzliche Grenzkontrollen statt. Die Geschäftsbeziehungen sind eingespielt. Unternehmen haben ihren Betriebsablauf auf die gegenseitigen Lieferungen ausgerichtet.
Mit einem No-Deal-Brexit sind ab 31. Okt.2019 Zölle und entsprechende Grenzkontrollen fällig. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit der Agrarprodukte unterschiedlich beeinträchtigt. Dabei werden die britischen Lieferungen nach Deutschland deutlich stärker belastet, weil die EU-Regelzölle deutlich höher sind als die WTO-Zölle, die für Lieferungen nach GB gelten.
Kurzfristig erwartet man erhebliche Behinderungen bei der Abwicklung des Lieferverkehrs durch Grenzkontrollen und Verwaltungsaufwand. In den betroffenen Branchen werden zum wiederholten Maße Vorräte aufgebaut, um eine kritische Zeit zu überbrücken. Aufgrund der hohen Importabhängigkeit bei Nahrungsmittel ist Großbritannien besonders stark betroffen. Die deutsche Agrarbranche ist vielseitiger aufgestellt und hat entsprechende Bezugs- und Absatzmöglichkeiten vorbereitet, die im Bedarfsfalle hoffentlich auch funktionieren.