Jetzt gibt es in Frankreich kaum noch alterntige Kartoffeln. 2018 wurden noch im September Kartoffeln aus der Vorjahresernte vermarktet. Die Saison 2019/20 startet also nicht nur in Frankreich unter völlig anderen Bedingungen.
Käufer für Speiskartoffeln wenden sich inzwischen anderen Anbietern zu. Restmengen, die noch aus Frankreich kommen, sind ihnen inzwischen zu teuer. Inzwischen liefern Exporteure aus Großbritannien umfangreicher nach Festland-Europa. Süd- und Osteuropa sind die bevorzugten Destinationen. Besonders gefragt sind Agria 55 mm+ aber auch runde Sorten zweiter Wahl gehen zu relativ niedrigen Preisen auf die Reise. Waschfähige Ladungen aus Schottland kosten mehr, aber trotz hoher Frachtkosten immer noch weniger als auf dem Kontinent. Das lebhafte Exportgeschäft sorgt nun auch in Großbritannien für steigende Kartoffelpreise.
Da es dort, wie fast überall in Westeuropa zuletzt relativ kühl war, wachsen die Frühkartoffeln nur langsam. Sie profitieren aber etwas von dem Regen, der seit einer Woche die Not der Bauern lindert. Die starke Nachfrage nach britischen Lagerkartoffeln soll mindestens noch drei Wochen anhalten, so die Meinung von Marktbeobachtern.
Von der inzwischen immer deutlicheren Versorgungslücke profitiert auch Holland. Dort hatten die Frittenfabriken während der Herbst- und Wintersaison umfangreich Rohstoffschonung betrieben, in dem sie Mehrnutzungssorten einsetzten und soviel wie möglich importiert haben. Die Vorräte sind in Holland zwar ebenfalls niedriger als in anderen Jahren um diese Zeit, im April meldeten Lagerhalter aber überraschend hohe Lagerbestände. Das ermöglicht den Exporteuren nun lebhafte Exporte zu sehr stolzen Preisen. Gesackte Ware ging in dieser Woche zu Preisen zwischen 30 und 40 €/dt weg. Die Frittenfabriken werden sich das aber wohl nicht lange tatenlos ansehen.
Außerdem beginnt Holland in dieser Saison sehr früh mit dem Import von Frühkartoffeln. Das ist hier aber auch für Großbritannien eher ungewöhnlich. Es zeigt aber auch, wie knapp der Vorrat ist, bzw. mit welch kleinem Anfangsbestand die Vermarktung der neuen Ernte startet. Was gar nicht mehr für die Verarbeitung zu edlen Kartoffelerzeugnissen oder als Frischkartoffeln mehr geeignet ist, ging in der letzten Woche nun in die Stärkefabrik, die damit ihre Saison 2018/19 ebenfalls beendet.
Frittenfabriken hoffen nun darauf, dass der Beginn Ernte des neuen Verarbeitungsrohstoffs tatsächlich in der zweiten Juni-Hälfte beginnen kann. Die Spekulation einiger Rohstoffeinkäufer auf ein stetiges Angebot aus Langzeitlägern, wie es oft am Ende der Vermarktungssaison an den Markt kommt, scheint sich in dieser Saison wohl nicht mehr zu erfüllen. Das sieht man auch daran, dass Belgiens Fabriken wieder nach freiem Frittenrohstoff suchen. Diese Suche bleibt aber bisher meist ohne Erfolg. Entweder haben die Lagerhalter die besseren Nerven und warten auf noch höhere Preise oder es gibt tatsächlich auch dort kein Angebot mehr.
Der EEX-Index für Veredelungskartoffeln steigt am Donnerstag auf 28,9 €/dt. Das sind 60 Cent mehr als in der Vorwoche. Zu dem Anstieg trugen die Notierungen aus Belgien (+1,33 auf 26,83) und Frankreich (+1,67 auf 27,67) bei, wo die Sorte Bintje in den Notierungen dominiert. In Holland konnte sich der teuerste Beitrag in den Index von letzter Woche (31,98) auf jetzt 31,48 €/dt nicht mehr halten. Die deutsche Notierung blieb mit jetzt 29,77 €/dt fast unverändert. Am 06.06.2019 ist der letzte Handelstag für den Juni-19-Terminkontrakt an der Derivatebörse in Leipzig. Kontrakte, die bis dahin nicht glattgestellt sind, werden dann mit dem Index, der an dem Tag ermittelt wird, glattgestellt.
Der Juni-19-Kontrakt beendete den heutigen Handelstag mit 31,3 €/dt. Die Börsenteilnehmer haben also noch etwas Phantasie für steigende Preise.
ZMP Live Expertenmeinung
Seit Jahresbeginn läuft der Kartoffelabsatz in Frankreich auf Hochtouren. Während der Export durch eine Meldung im Januar, dass dort, im Gegensatz zu seinen Nachbarländern, noch freie Kartoffeln zur Verfügung stehen, sprunghaft anstieg, mussten die Supermärkte im März den Inlandsabsatz noch mit Werbung stützen. Während dieser Zeit konnten die Frittenfabriken auf große Mengen Vertragskartoffeln zurückgreifen. Sie hatten 70% der Lagerkartoffeln per Vertrag an sich gebunden. Freier Frittenrohstoff wurde deshalb nicht nachgefragt, was die Preise für Verarbeitungsrohstoff drückte. Seit Mitte April konnte die Exportnachfrage nicht mehr voll erfüllt werden. Darunter sind auch immer häufiger backfähige Kartoffeln, die den Fabriken jetzt fehlen.