15.
03.19
Kartoffelexport Großbritanniens gefährdet

Kartoffeln Cockpit, 15.03.2019

  • Französische und britische Lagerbestände sind sehr niedrig
  • Insbesondere Belgien leidet noch unter Rohstoffmangel
  • Britische Exporte können bei hartem Brexit ausfallen
  • Niederländische Industrie ist sehr gut versorgt
  • Kartoffelindex geht zurück

Der britische Verband AHDB (Agriculture and Horticulture Board) warnte in dieser Woche die Kartoffelexporteure des Landes vor den unmittelbaren Folgen eines no-deal-Brexits. In einem solchen Szenario dürften ab dem 29. März 11:00 Uhr Vormittags vorerst überhaupt keine Kartoffeln mehr in die Europäische Union verbracht werden. Die EU-Kommission hatte dem Verband auf Anfrage mitgeteilt, dass sie Großbritannien ohne ein Handelbkommen wie einen Drittstaat behandeln werde. Eine Ausnahmegenehmigung für Kartoffellieferungen aus Drittstaaten, wie sie für beispielsweise für Ägypten und Israel gilt, könnten die Briten erst beantragen, wenn der Austritt vollzogen ist. Die Bearbeitung der Genehmigung dauert aber seine Zeit.

Im letzten Jahr exportierte Großbritannien 96.000 Tonnen Pflanzkartoffeln. 1/3 davon gingen in andere EU-Länder. Außerdem wurden 162.000 Tonnen Kartoffeln anderer Verwertungsrichtungen ausgeführt, wovon 93% in die EU gingen. Hauptsächlich nach Spanien und Irland. Der Austrittstermin fällt ausgerechnet ist die höchste Zeit des Pflanzguthandels.

Der PotatoCall schrieb dazu gestern, dass nicht nur die Frühjahrsstürme die britischen Exporte verzögern, sondern auch bereits jetzt strengere Kontrollen der Ausfuhrdokumente aufgrund des bevorstehenden Brexits. Das führt zu langen Staus an der Grenze. Die Nachfrage nach britischen Kartoffeln aus Belgien, Nord- und Osteuropa und Spanien sei in diesen Tagen besonders gut.

Dabei wurden auch auf der Insel am 31. Januar mit 1,84 Mio. Tonnen nur relativ kleine Kartoffelvorräte festgestellt. Im letzten Jahr waren es zu diesem Termin 2,43 Mio. Tonnen und in 2016/17 waren es 1,95 Mio. Tonnen. Im Jahr 2012/13 war die Menge Ende Januar zuletzt mit 1,65 Mio. Tonnen kleiner als jetzt. Neben Frankreich trägt Großbritannien derzeit aber in erheblichem Umfang zur Versorgung mit Kartoffeln in Europa bei.

In Frankreich lagerten Ende Januar auch nur noch 1,75 Mio. Tonnen Kartoffeln, 63% davon sind bereits an Kartoffelverarbeiter verkauft. Relativ große Kartoffelvorräte sollen aber noch in Holland lagern. Die AMI schrieb in dieser Woche, dass Hollands Frittenindustrie auf einem satten Rohstoffpolster sitzt. Zuvor hatte der Kartoffelanbauverband VTA das Ergebnis einer Februar-Umfrage seiner Mitglieder veröffentlicht. Dem zufolge hatten die Lagerhalter im Land seit dem Herbst relativ wenige Kartoffeln verkauft. Sie verfügen also im Gegensatz zu ihren Kollegen in anderen EU-Ländern über recht hohe Vorräte. Das wurde durch die Rohstoffschonung der Kartoffelverarbeiter möglich. Sie sparten sich die Vertragsmengen auf und versorgten sich seit dem Herbst im In- und Ausland mit Doppelnutzungssorten. Zudem hatten sie sehr lange noch Kartoffeln aus der Vorjahresernte zur Verfügung.

Die Briten verkaufen aktuell also vor einem möglichen Brexit so viele Kartoffeln wie möglich in die EU, die Franzosen haben die extrem gute Nachfrage im Winter genutzt, um ihre relativ gute Erntemenge aufzubauen und die Holländer können sich noch lange aus Vertragskartoffeln bedienen. Von einer Versorgungsnot war in Europa in den letzten Tagen also nicht mehr viel zu spüren. Und so verwundert es nicht, dass die Preise zuletzt nicht mehr stiegen. Sie können sich aber noch auf dem erreichten hohen Niveau halten. Der Marktzeiger der Leipziger Terminbörse EEX gab allerdings am Donnerstag um 20 Cent auf 30,80 €/dt nach. Ursächlich dafür waren schwächere Kassamarknotierungen im Holland und Deutschland. Die Kurse des April-19-Terminkontrakts gaben hingegen in dieser Woche um mehr als einen Euro nach. Die Erwartungen der Marktteilnehmer auf höhere Preise sind also verschwunden.

Kartoffelexport Großbritanniens gefährdet

Kartoffeln-Aktualisieren,

Update 20.03.2019:

Die Erzeugerpreise für deutsche Speisekartoffeln entwickeln sich nach wie vor unterschiedlich: Die Kurse für einwandfreien Partien sind stabil bis fest, bei schwächeren Qualitäten hat der Preisdruck zuletzt eher zugenommen.

Französische Herkünfte haben trotz der nachlassenden Qualität hiesiger Ware nach wie vor nur in Teilen Südwestdeutschlands eine nennenswerte Bedeutung im Lebensmitteleinzelhandel. Im Norden und Osten des Landes dominieren weiterhin deutsche Partien. Marktbeteiligte erwarten hier kaum noch einen umfangreichen Umstieg zu französischer Ware.

Mit Blick auf die näherrückenden Osterfeiertage dürfte sich nach und nach der Wechsel zu importierten Frühkartoffeln vollziehen. Bei einzelnen Abpackern mit hohem Discounteranteil im Kundenstamm machen Frühkartoffeln aus dem Mittelmeerraum schon jetzt beachtliche Teile vom Umsatz aus. Dabei dominieren ägyptische Herkünfte, die etwa zu Vorjahrespreisen gehandelt werden.

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ZMP Live Expertenmeinung

Nach einer außerordentlich turbulenten Woche in der britischen Politik will sich die Regierung in London nun Zeit kaufen. Sie will in Brüssel um eine Verschiebung des Austrittstermins bitten. Dass diese Zustimmung kommt, ist keineswegs sicher, denn Italien hat bereits sein Veto gegen eine längere Verschiebung des Austrittsdatums angekündigt. Einer kurzen Verschiebung des Datums, etwa auf den 30. April, wird Brüssel nur zustimmen, wenn der von May ausgehandelte Vertrag von Parlament in London angenommen wird. Dieser Vertrag wurde aber schon zweimal mit großer Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Lehnt Brüssel am Donnerstag nächster Woche den britischen Antrag auf Verschiebung ab, dann hat es für den Kartoffelhandel in ganz Europa spürbare Folgen.

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