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Kartoffeln: Trotz Ertragssteigerung: Der Handel bleibt gelassen

Wird der Kartoffelmarkt demnächst ein Verkäufermarkt?

Die Stimmung auf der Herbstbörse in Hannover blieb trotz einem ordentlichen Mengenplus gut. Das Landwirtschaftsministerium hatte die deutsche Gesamternte von Kartoffeln mit 11,6 Mio. Tonnen eingeschätzt (+15,7 %). Einen europäischen Überblick wagte darüber hinaus die ZMP. In der EU (15) wird das Mengenplus gegenüber dem Vorjahr mit 4 Mio. Tonnen angegeben. Die EU (27), worin Polen eingeschlossen ist, steigert aber nur geringfügig. Deutsche Kartoffelhändler sehen darin die Chance für anhaltend gute Exporte.

Doch zunächst zum Inlandsverbrauch: Der negative Verbrauchstrend hält an. In 2006 kauften die privaten Haushalte wiederum vier Prozent weniger frische Speisekartoffeln. Durch eine Qualitätsoffensive will der DKHV (Deutscher Kartoffelhandels Verband e.V.) diesen Trend nun endlich stoppen. Man führt derzeit Gespräche in den Spitzenverbänden der Kartoffelwirtschaft, um den Handelsbrauch, die „Berliner Vereinbarungen“ zu ändern. Die Festschaligkeit der Frühkartoffel soll zur Regel werden. Bauern werden deshalb wohl vermehrt mittels Folie die Ernteverfrühung fördern, aber auch um mindestens vier Wochen länger Lagerware zur Verfügung stellen müssen. Die ergriffenen Maßnahmen sollen zudem den stark gestiegenen Import begrenzen. Folgt man nämlich dem Verbraucherwunsch, so will dieser laut einer CMA-Studie bevorzugt Kartoffeln aus heimischer Produktion. Das wäre auch aus fachlicher Sicht zu begrüßen, denn beim Rückstandsmonitoring fallen Importe immer häufiger auf.

Der ständig steigende Bedarf der Kartoffeln verarbeitenden Industrie hatte in den zurückliegenden Jahren den abnehmenden Verbrauch frischer Speisekartoffeln stets kompensieren können. Im letzten Jahr überstieg der Rohstoffeinsatz in Deutschland sogar erstmals die drei-Mio.-Tonnen-Marke. Maßgebend für den Erfolg war der stark steigende Export von Kartoffelprodukten. Aber es werden vom Handel auch immer mehr frische Kartoffeln ins Ausland verladen. Die Osterweiterung mit dem damit einhergehenden starken Wachstum der dortigen Volkswirtschaften fördert die Kaufkraft. Die Kartoffelproduktion konnte im Osten zudem noch nie die Spitzenerträge wie in Mittel- und Westeuropa aufbringen. Die diesjährige lang anhaltende Dürre- und Hitzeperiode im Süden sorgte zudem für Misserträge, die nun durch Importe aus dem Norden kompensiert werden können. Davon wird die deutsche Kartoffelindustrie profitieren.

Man rechnet mit Exporten von bis zu einer Mio. Tonnen Frischkartoffeln. Darüber hinaus wollen die Stärkefabriken 105 % des von der EU geförderten Stärkekartoffelkontingents aufnehmen. Im Vorjahr wurden nur 70 % angeliefert. Der höhere Kartoffelbedarf der Stärkeindustrie beziffert sich auf gut 800.000 Tonnen. Addiert man hierzu die angepeilte Exportsteigerung der anderen Verwertungsrichtungen, so dürfte die diesjährige deutsche Gesamternte tatsächlich gut zu vermarkten sein.

Deshalb werben die Händler weiterhin mit einer erzeugerfreundlichen Preispolitik für einen konstanten Kartoffelanbau. Die geografische und klimatische Lage Deutschlands ist in der erweiterten EU und während des Klimawandels geradezu prädestiniert für die Kartoffelproduktion. Diese Botschaft will man in der Branche nun auch den Bauern vermitteln. In diesem Jahr können Verbraucher, wie Produzenten von den Vorzügen der Kartoffelproduktion gleichermaßen profitieren: Hohe Erträge einhergehend mit guten Qualitäten lassen sich zu kostendeckenden Preisen, die allerdings deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen, gut vermarkten.

Die Messlatte für die Preisforderungen legt allerdings die Königsfrucht, der Weizen. Die aktuellen Getreidepreise von 260 bis 280 €/Tonne waren deshalb auch ein großes Thema auf der Kartoffelherbstbörse in Hannover. Der Festredner Vize-Bauernpräsident Hilse sieht sogar bald 400 €/Tonne als möglich an. Die Börsenbesucher stellten Berechnungen an, welchen Deckungsbeitrag die Bauern sicher haben müssen, um weiterhin Kartoffeln anzubauen. Einige Händler und Verarbeiter glauben aber immer noch, dass eine moderate Anhebung der Festpreise in den lang laufenden Verträgen genügen wird, um auch zukünftig den benötigten Rohstoff zu erhalten. Andere Händler meinen, dass ein signifikanter Anbaurückgang von Kartoffeln unumkehrbar ist und dass der Kartoffelmarkt schon in Kürze nachhaltig zum Verkäufermarkt umkippt.

Angesichts der verherrschenden guten Versorgungslage bei Frittenrohstoff bleibt den Kaüfern allerdings noch eine Schonfrist. Bei besten Speisekartoffeln der gewünschten Kaliber könnten allerdings die Forderungen der Versender schon bald drastisch steigen, denn in dem aktuellen agrarpolitischen Umfeld entwickeln die Bauern ein enorm starkes Selbstbewusstsein.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

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