Richard Ebert
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Lexikon: Zucker

Zucker, einer der spannendsten Rohstoffe unserer Zeit

Von Heiko Böhmer

Privatfinanz-Letter (20.06.07) - Den Rohstoff, den ich Ihnen heute vorstellen möchte, umgibt uns nun wirklich jeden Tag. Zucker versüßt uns das Leben, könnte man auch sagen. Doch Zucker ist noch mehr: So wird ein beträchtlicher Teil der weltweiten Ethanolproduktion aus Zucker hergestellt. Dies wird ein entscheidender Faktor für die weitere Preisentwicklung beim Zucker sein. Doch dazu später mehr. Zunächst möchte ich Ihnen den Rohstoff ganz allgemein einmal näher vorstellen.

Genau wie Kaffee und Kakao wird auch Zucker an der NYBOT gehandelt. Der Teilbereich dieser New Yorker Warenterminbörse trägt auch den Namen CSCE (Coffee, Sugar, Cocoa Exchange). Weitere Handelsplätze sind die LIFFE in London, das Chicago Board of Trade (CBOT) sowie verschiedene Börsen in Brasilien und Japan. Die Zertifikate und Hebelprodukte, die Sie in Deutschland kaufen können, beziehen sich allesamt auf die wichtigste Zuckersorte „11“, die in New York gehandelt wird. Brasilien ist mit einem Weltmarktanteil von 16% der größte Produzent. Es folgen Indien mit 14%, China mit 6% und die USA mit 5%.

Von der Zuckerrübe zum Sirup

Zucker wird auf zwei Arten gewonnen. Da ist zum einen das Zuckerrohr und die Zuckerrüben. Rund ein Drittel wird dabei aus Zuckerrüben gewonnen. In der EU werden jährlich ca. 120 Millionen Tonnen Rüben produziert, aus welchen die europäische Zuckerindustrie zwischen 14 und 16 Millionen Tonnen Kristallzucker gewinnt. In der EU sind Deutschland und Frankreich die Hauptproduzenten. Wichtig ist auch, dass fast 90% des in Europa konsumieren Zuckers heute aus heimischem Anbau stammen. Damit spielt der Export im Gegensatz zu vielen anderen Agrargütern bei Zucker nur eine kleine Rolle. Die größten Lieferanten von Zuckerrüben waren Frankreich mit 29, die USA mit 27 und Deutschland mit 25 Millionen Tonnen.

2005 war ein klassisches Hausse-Jahr für Zucker. Das hatte zwei Gründe: Zum einen waren spekulative Fonds mit großen Kaufpositionen im Markt. Zum anderen gab es ein Angebotsdefizit bei Zucker. Das lag nicht an der erhöhten Nachfrage von Zucker als Süßungsmittel. Vielmehr wird wegen der hohen Rohölpreise immer mehr Zucker zu Ethanol verarbeitet. Diese Entwicklung ist nicht neu. Ethanol wurde bereits in den 1930er Jahren als Treibstoff eingesetzt. Eine Vorreiterrolle nimmt dabei Brasilien ein. Schon direkt nach der letzten großen Ölkrise 1972 startete der brasilianische Staat ein Programm für die Erzeugung von Ethanol aus Zuckerrohr als Ersatz für herkömmlichen Treibstoff. Laut aktueller Schätzungen könnte die jährlich Menge Ethanol von derzeit 10,2 Milliarden Gallonen auf bis zu 17,2 Milliarden Gallonen im Jahr 2012 steigen. Auf Grund dieser Wachstumsphantasie zählt Zucker zu den spannendsten Agrarrohstoffen derzeit.

Nach dem Preissturz hat Zucker wohl einen Boden ausgebildet

Die vergangenen 12 Monate verliefen für Zucker sehr schlecht. Vom Hoch bei rund 18 Cents pro Pfund ging es sehr rasch bis in den Bereich von 10 Cents nach unten. Mittlerweile sieht es aber so aus, als ob der Zuckerpreis bei rund 8,5 Cents einen Boden ausgebildet haben könnte. Insgesamt hat die Volatilität wieder deutlich zugenommen und auch von der fundamentalen Seite gibt es weiterhin positive Signale. So gab es erst kürzlich Nachrichten aus Brasilien, wonach annähernd 50% der Zuckerernte in die Ethanolproduktion fließen sollen. Die weltweit steigende Ethanolnachfrage wird mittel- bis langfristig, trotz des großen Angebots, wohl zu steigenden Preisen führen.

Ein spannender Markt ist hierbei Indien. Denn so wie es die aktuellen Zahlen andeuten, könnte Indien schon bald als Zuckerexporteur wegfallen. Auslöser dafür ist ein Regierungsbeschluss der eine zehnprozentige Ethanolbeimischung zum normalen Benzin vorsieht. Bislang galt die Beimischungspflicht nur für drei Bundesstaaten, doch ab November soll sie auf das ganze Land ausgeweitet werden. Da zusätzlich die Anzahl der Fahrzeuge in Indien sprunghaft ansteigt, dürfte die inländische Zuckerproduktion schon bald nicht mehr ausreichen, um die erhöhte Nachfrage auch zu befriedigen.

Ethanol-Fantasie stützt das Preisniveau

Insgesamt ist im laufenden Jahr mit einem leichten Anstieg der weltweiten Zucker-Produktion zu rechnen. Laut der aktuellen Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums USDA wird die Produktionsmenge in diesem Jahr geschätzte 163,3 Mio. Tonnen betragen. Im vergangenen Jahr waren es noch 161,3 Mio. Tonnen. Die internationale Sugar Organisation (ISO) erwartet aber für 2007 einen Produktionsüberschuss von annähernd 9 Mio. Tonnen. Dennoch sind die langfristigen Aussichten für Zucker weiterhin positiv – insbesondere wegen der ständig steigenden Nachfrage nach Ethanol. Und im Gegensatz zu vielen anderen Rohstoffen ist der Weg zum Allzeithoch noch sehr weit: Mit einem Preis von knapp unter 9 Cents pro Pfund notiert Zucker rund 75% unter dem Hoch bei 40 Cents aus den 1970er Jahren.

(Quelle: http://www.Privatfinanz-Letter.de)

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