Richard Ebert
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Weizen: Millionenbetrug mit Getreidesubventionen

Millionenbetrug mit Getreidesubventionen - Fahnder durchsuchten Räume in der EU-Kommission Ermittlungen auch in Deutschland

Von Victoria Walter, Brüssel

Ein groß angelegter Betrug mit Exportsubventionen für Getreide ist in der EU-Kommission aufgeflogen. Wie die Staatsanwaltschaft in Brüssel bestätigte, durchsuchten ihre Fahnder die Räumlichkeiten der Generaldirektion Landwirtschaft und beschlagnahmten zahlreiche Dokumente.

Das vermutete Ausmaß der Betrügereien lässt sich daran erkennen, dass seit anderthalb Jahren drei Untersuchungsrichter und insgesamt 140 belgische Kriminal- und Zollbeamte an der Aufklärung arbeiten. Die Verwicklungen sind weitläufig: Ein Spitzenbeamter der EU-Kommission, dessen Name, Funktion und Nationalität zunächst geheim gehalten wurden, soll verstrickt sein. Durchsuchungen fanden zeitgleich in Paris, in den belgischen und niederländischen Exporthäfen Antwerpen und Rotterdam sowie in Deutschland statt.

Der Spitzenbeamte soll streng geheime Informationen vorab an multinationale Getreidegroßhändler weitergegeben haben, die diesen ein maximales Anzapfen der lukrativen EU-Subventionstöpfe ermöglichten. Dazu zählten Angaben über Getreidemengen, die zur Ausfuhr in Drittstaaten ausgeschrieben werden sollten, sowie die Höhe der dafür vorgesehenen EU-Exporterstattungen. Vorzeitig preisgegeben wurden offenbar auch Daten über Anpassungen der variablen Importzölle, mit denen die EU Getreideeinfuhren aus Drittstaaten belegt und steuert. Die weltweit agierenden Großhandelskonzerne waren damit in der Lage, durch Horten, Zukauf oder rechtzeitiges Abstoßen großer Getreidemengen horrende Extraprofite zu erzielen und die jeweils höchsten Subventionen aus der Tasche des europäischen Steuerzahlers einzuheimsen.

Die EU gehört mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von über 200 Millionen Tonnen zu den weltweit größten Getreideproduzenten. Sie exportiert jährlich vor allem Weizen-Überschüsse von mehreren Dutzend Millionen Tonnen. Haupterzeuger- und Exportland ist Frankreich mit seinen weiten fruchtbaren Anbaugebieten im Pariser Becken. Da die europäischen Produktionskosten in den meisten Regionen deutlich über denen der USA, Kanadas oder Australiens liegen, werden die Preise auf dem EU-Binnenmarkt künstlich hochgehalten. Sinken sie unter einen politisch festgelegten Interventionspreis, greift die EU durch Aufkauf und Einlagerung überschüssiger Mengen in das Marktgeschehen ein. Durch diese subventionierte Preisstützung liegen die europäischen Getreidepreise über Weltmarktniveau.

Sollen Überschüsse in Drittstaaten abgesetzt werden, müssen sie durch so genannte Ausfuhrerstattungen erneut kräftig subventioniert werden. Die Exportmengen und die Höhe der dafür gezahlten Zuschüsse werden im EU-Verwaltungsausschuss Getreide je nach Marktlage verändert. Sie werden danach von der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission öffentlich ausgeschrieben. Vor der Ausschreibung gehören diese Daten zu den Brüsseler Geheimnissen.

Wegen der damit winkenden Extra-Profite sind die multinationalen Getreideunternehmen brennend daran interessiert, ein Leck in dieses Fass zu schlagen. Mit entsprechendem Insider-Wissen lassen sich an den großen internationalen Getreidebörsen enorme Mengen blitzschnell hin- und herschieben. Wer die Brüsseler Informationsquelle vorzeitig zum Sprudeln bringt, streicht so die sattesten Spekulationsgewinne ein. Vor allem aber kann er sich an den üppigen EU-Agrarsubventionen bereichern und durch gezielte Angebote die Brüsseler Subventions-Maschinerie sogar manipulieren.

(Quelle: Neues Deutschland, 17.10.03, http://www.nd-online.de)

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@ Roland

Hier haben Sie ein Beispiel dafür, warum und wie Getreidepreise 'beeinflusst' werden.

@ alle

Hinter ND = Neues Deutschland stand früher die Regierung der DDR, heute die PDS.

Submitted by Richard Ebert on
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Dieser Artikel stammt wohl noch aus DDR-Zeiten ?

Die Bauern in der EU erhalten schon seit einigen Jahren weniger als Weltmarkt-Preis für ihren Weizen. Seit 1992 versprach man ihnen, am Weltmarkt-Preis teilzuhaben. Das jedoch hat die Brüsseler Planwirtschaft bisher gründlich vereitelt.

Lebensmittel müssen ja billig sein, subventioniert von der Landwirtschaft!

Richard Ebert
Member for 11 years 1 month

@ Jann-Otto

Das ist die Realität dieses Jahres. Die 'Deutsche Welle' steht wohl kaum im Verdacht die DDR unterstützt zu haben, sie war früher im Auftrag der Bundesregierung tätig:

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Korruptionsskandale belasten die EU-Kommission

Korruptionsvorwürfe gegen EU-Beamte gab es schon häufig. 1999 trat eine komplette EU-Kommission deshalb zurück. Die Behörde Eurostat leidet seit Monaten unter einem Bestechungsskandal. Jetzt gibt es einen weiteren Fall.

Im Visier der Fahnder steht mittlerweile auch die Landwirtschaftsbehörde unter Kommissar Franz Fischler (Österreich). Am Mittwoch (15.10.2003) war sie Ziel einer groß angelegten und von langer Hand vorbereiteten Razzia, an der mehr als hundert Polizisten und Staatsanwälte in Brüssel, Paris und Rotterdam beteiligt waren. Die belgische Staatsanwaltschaft wirft einem EU-Mitarbeiter aus den Niederlanden vor, Agrarunternehmen über bevorstehende Preisveränderungen für Getreide informiert zu haben. Die Polizei hatte am gleichen Tag Büros der EU und von Unternehmen in Frankreich, Belgien und den Niederlanden durchsucht. Die Staatsanwaltschaft in Brüssel hatte zuvor einen Hinweis von der EU-Antikorruptionsbehörde (Olaf) erhalten, die für die interne Bekämpfung von Korruption zuständig ist. Die Ermittlungen laufen seit über einem Jahr. Es sei ein "großer Fall", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Brüssel. Der festgenommene EU-Mitarbeiter arbeitet als Assistent in der EU-Landwirtschaftsbehörde. Die weiteren Verdächtigen sitzen in Belgien und Frankreich in Haft.

Vom Agrartopf etwas abzwacken

Die Subventionitis im Agrarbereich lädt anscheinend zu solchen Vergehen ein. Die Preise und Mengen in Europa unterliegen nicht dem freien Wettbewerb, um die heimischen Bauern zu schützen. Viel Geld fließt, um Preise zu stabilisieren, Überschüsse zu vernichten oder einzulagern.

Das Landwirtschaftsressort von Agrarkommissar Franz Fischler verwaltet derzeit 45 Milliarden Euro im Jahr. Das ist die Hälfte des gesamten EU-Haushalts. Bezahlt werden damit unter anderem Orangenberge auf Kreta und Butterberge in Kühlhäusern. Jedes EU-Land hat sein Interesse in bestimmten Agrarsektoren. Frankreich als größter Agrarproduzent mit seiner aggressiven Bauernlobby steht ganz vorne auf der Liste der Rufer nach Agrarsubventionen. So nimmt es in diesem speziellen Fall vielleicht nicht wunder, dass die Verdächtigen aus der Industrie sämtlich in Frankreich sowie in einem französischen Unternehmen in Belgien verhaftet wurden.

Marktvorteile dank erschlichener Informationen

Noch sind nicht alle Daten ausgewertet worden, doch es scheint sicher, dass Schmiergelder flossen. Hintergrund der Korruptionsaffäre: Die EU führt überschüssiges Getreide aus. Dieses ist natürlich teurer als auf dem Weltmarkt. Per Subvention wird es billiger gemacht, auf dass es verkäuflich ist. Hier liegt ein möglicher Ansatzpunkt: Wer sich vorher über die Subventionen und festgelegten Preise schlau macht, kann für sein Getreide einen etwas höheren Preis ansetzen – die EU wird dann mehr subventionieren, das Geld fließt in die eigene Tasche. Insidergeschäfte lassen sich natürlich auch mit anderen Informationen machen. Wenn klar ist, zu welchem Preis die EU Getreide auf den Weltmarkt wirft, lassen sich damit natürlich Preisentwicklungen vorhersehen. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, gab die Olaf-Behörde bisher nicht alle Details preis.

Nicht das erste Mal

Die Brüsseler Bürokratie bietet viele kriminelle Ansatzpunkte. So ist seit einigen Monaten die EU-Statistikbehörde Eurostat Mittelpunkt eines Betrugsskandals. Einige Beamte der Behörde hatten den bisherigen Erkenntnissen zufolge über fingierte Rechnungen an Fremdfirmen schwarze Kassen angelegt. Was genau mit dem Geld geschah, ist unklar. Berichten zufolge wurde es für Abendessen, Reisen und Freizeitvergnügungen ausgegeben. Der entstandene Gesamtschaden betrug rund fünf Millionen Euro.

(Quelle: Deutsche Welle, http://www.dw-world.de)

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