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Kartoffeln: Belgiens Bauern ruinieren schon wieder die Preise

Deutsche Kartoffelkaufleute grenzen sich mit freiwilliger Selbstverpflichtung ab

Die neue Kartoffelernte hat einen Vegetationsvorsprung von mindestens 14 Tagen. Angesichts anhaltend hoher Preise für Importkartoffeln kamen heimische Speisefrühkartoffeln schnell in die Regale des LEH und man konnte mit guten Qualitäten bei stabilem Konsum einen stattlichen Vermarktungsvorsprung herausarbeiten. Der saisonübliche Preisverfall fällt insofern moderat aus. Ganz anders die Situation bei frühen Frittenrohstoff: Bauern sind auf die Gunst der Verarbeiter angewiesen, die allerdings bisher nur zögerlich kaufen. Neue Kartoffeln hatten bisher nicht genügend Stärke eingelagert. Versandhändler und Bauern hoffen auf ein generelles Ende der Werksferien und damit auf einen besseren Abruf der drängenden Angebote.

Durch die unterschiedliche Nachfrage nach den beiden Verwendungsrichtungen entwickelten sich auch die Preise auf unterschiedliche Weise. Und das ist ein Novum! Bisher bestimmte stets das billigste Angebot die Preise für alle Konsumkartoffeln. Es gab Packstationen, die ohne Skrupel den privaten Haushalten über den LEH Verarbeitungsrohstoff als Speisekartoffeln verkauften und damit die Kartoffel in Misskredit brachten. Es waren zwar nur wenige Schwarze Schafe, es reichte aber aus, um die Preise im Gleichklang schwingen zu lassen. In diesem Jahr ist das aber anders und man fragt sich, ob hier schon die Auswirkungen der „freiwilligen Selbstverpflichtung“ aller im DKHV (Deutscher Kartoffel Handelsverband) organisierten Kartoffelhändler greifen. Den Packstationen geht es in erster Linie darum, dem Verbraucher ein hochwertiges Produkt anzubieten und deshalb wollen sie nur noch schalenfeste Kartoffeln eintüten. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kartoffeln gesund und in optisch einwandfreiem Zustand bis zum Verbraucher gelangen, erhöht sich damit auf nahezu 100 %. Da Frittenrohstoff zu dieser Jahreszeit immer nur losschalig zur Verfügung steht, kommen diese nicht mehr in die Tüte.

Speisekartoffeln kosteten zuletzt mit ca. 15 €/dt im Rheinland doppelt soviel wie 50 mm+ Frittenrohstoff, der von der REKA am vergangenen Freitag mit 7,5 €/dt notiert wurde. In Niedersachsen und in der Pfalz erlösen die Bauern für festschalige Speisekartoffeln sogar noch bis zu 20 €/dt, während in Belgien die niedrigsten Preise für Frittenrohstoff der Sorte Premiere mit 6 €/dt genannt wurde. In den nächsten Wochen werden von dort die Preise für den Verarbeitungsrohstoff für ganz Europa beeinflusst. Der traurige Höhepunkt wird wohl Ende Juli erreicht sein, spätestens dann haben die Belgier den Preis wieder einmal komplett ruiniert.

Umso erfreulicher ist es, dass sich nun deutsche Händler von dieser Preispolitik abgrenzen - zumindest bei den Speisekartoffeln. Alle Kartoffelproduzenten, die für den deutschen Markt produzieren wollen, müssen sich auf ein verändertes Einkaufsverhalten der Packstationen einstellen. Sollte es nämlich zu einem verzögerten Markteinstieg früher heimischer Speisesorten kommen, weil ja zum einen ein Ertrag heranwachsen muss, der aber zum anderen bereits frühzeitig reifegefördert werden soll, muss die Wirtschaftlichkeit des Frühkartoffelanbaus komplett neu bewertet werden. Um den Produzenten im Mittelmeerraum aber nicht alleine das Feld zu überlassen, sollte dafür gesorgt werden, dass Kartoffeln aus der kommenden Haupternte möglichst lange in besten Qualitäten zur Verfügung steht.

Die Absicht, nur noch schalenfeste Kartoffeln abzunehmen, gilt schon seit langem für ausländische Herkünfte. Italienimporte losschaliger Knollen in zum Teil zweifelhaften Qualitäten haben für den deutschen Markt kaum noch eine Bedeutung. Die dortigen Produzenten haben seither entweder den Kartoffelanbau eingeschränkt oder suchen sich im Osten Europas neue Kunden, die nicht ganz so anspruchsvoll sind. Den deutschen Produzenten eröffnet sich dadurch die Chance, verlorene Marktanteile wieder zurückzuerobern und die Vermarktungszeit zu verlängern. Der nötige Qualitätserhalt geht allerdings nur mit weiteren Investitionen in der Lagertechnik einher. Diese sollten noch vor der Haupternte durchgeführt werden. Lagerkartoffeln in bester Qualität kann man im Übrigen auch gut exportieren. Im Südwesten Europas sind die Ertragserwartungen in diesem Jahr wiederum nicht hoch.

Zunächst muss hierzulande aber eine wohl üppige Ernte 2007 erst einmal gesund geborgen und eingelagert werden. Angesichts der feuchtwarmen Witterung mit Staunässe und Krankheitsdruck wird das für die Kartoffelbauern eine der größten Herausforderungen der nächsten Zeit.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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