HANSA Terminhandel
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Kartoffeln: Das Dilemma der Einkäufer

Frühzeitiger Abbau von Futurespositionen

Der Handel mit vertragsfreien Kartoffeln verläuft zurzeit ruhig. Das enttäuscht die Erwartungen der Anbieter, die ein stetiges Interesse an ihren Knollen erwartet hatten. Die Disponenten der Verarbeitungsindustrie sehen sich gezwungen, zunächst ihren langfristigen Abnahmeverpflichtungen nachzukommen, um den Frust ihrer Vertragspartner nicht noch weiter zu steigern. Stattdessen ist man darum bemüht, die Quote der Vertragsmenge für die kommende Saison zu halten. Parallel dazu benötigt man aber auch die noch frei verfügbaren Kartoffeln, denn die Rohstoffvorräte dürften früher zur Neige gehen, als in anderen Jahren.

Die Kartoffelverarbeiter Europas produzieren schon seit Monaten auf Hochtouren. Die Friteusen brodeln vielfach auch am Wochenende. Der weltweite Hunger nach Kartoffelprodukten hat zugenommen, denn mit der Osterweiterung der EU und dem enormen Wirtschaftswachstum vieler Schwellenländer wachsen der Fastfood-Markt und damit auch die Nachfrage nach Kartoffelprodukten. Gleichzeitig ändern sich die Verzehrgewohnheiten hierzulande. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Frischkartoffeln sinkt in dramatischer Weise und auch der Pommeskonsum stagniert. Die Absatzverluste hierzulande werden zum größten Teil durch steigende Exporte von frischen Kartoffeln oder Kartoffelprodukten kompensiert. Die Abhängigkeit vom Weltmarkt nimmt zu.

Die historisch kleine EU-Kartoffelernte in 2006 hatte eine enorme Erwartungshaltung unter den Bauern hervorgerufen. Und tatsächlich: Die Veredelungskartoffelpreise stiegen auf nun rund 30 €/dt. Die Produzenten nutzen diese Chance mit stetiger Lieferbereitschaft: Trotz aller Unkenrufe hat es in dieser Saison aber noch keine Lieferengpässe gegeben. Im Gegenteil: Im Spätherbst mussten viele freie Partien früher zu Produkten verarbeitet werden, um Totalausfälle zu vermeiden. Partien mit besserer Lagereignung, darunter auch vertragsgebundene Partien blieben liegen. Das frustrierte die Vertragspartner doppelt. Einerseits hatten sie ihre Ernte zu Festpreisen um die 10 €/dt verkauft; das ist nur ein Drittel dessen, was bereits für freie Kartoffeln bezahlt wurde, und andererseits mussten sie Anderen den Vortritt lassen und wurden mit ihren Qualitätsrisiken alleine gelassen.

Nun, wo neue Lieferzusagen und Festpreise verhandelt werden, müssen die Verhandlungsführer der Industrie die Bauern wieder milde stimmen. Zunächst aber entlädt sich der ganze Frust der zurückliegenden Saison, bevor es dann an die Verhandlungen fürs nächste Jahr geht. Um den Bauern nicht noch mehr Argumente zu geben, wird aktuell konsequent Vertragsware abgerufen, nun allerdings zum Leidwesen der Besitzer freier Kartoffeln. Für die Einkäufer der Industrie kommt noch erschwerend hinzu, dass der knappe Rohstoff auch ins Ausland abfließt. Mit hohen Auszahlungspreisen ist es bisher jedoch gelungen, den Export zu beschränken. Es gab zwar immer Kartoffellieferungen nach Osteuropa und Russland, aber nicht so viele, dass von hier aus Preisimpulse ausgelöst wurden.

So werden sich die Landwirte mit freier Ware wohl noch ein wenig gedulden müssen. Qualitätsbefürchtungen bestehen ohnehin permanent und so müssen Händler und Makler dafür sorgen, dass es eine geordnete Abfolge der Marktbeschickung gibt, ohne dass der Preis unter Druck gerät. Das scheint auch zu funktionieren, was aus den Preisen der verschiedenen Notierungskommissionen deutlich wird: Frankreichs Preise (SNM) für die 40 mm+ Sortierung bei Verarbeitungskartoffeln stagniert seit Wochen auf 29 €/dt, die Reka Rheinland setzte die Auszahlungspreise wiederum auf „Unverändert“. Die belgische, deutsche und holländische Notierung sanken zuletzt um durchschnittlich 40 Cent, sodass der RMX-Index nun auf 29,5 €/dt notiert, ein Minus zur Vorwoche von 30 Cent. Alles Preise, die den Export noch nicht anspringen lassen.

Die Terminmarktnotierungen für Veredelungskartoffeln auf April-07 an der RMX in Hannover (Risk Management Exchange) fielen in den letzten Tagen stetig und haben nun nur noch einem Abstand von 1,5 €/dt zum Index. Die Preisfantasie der Börsianer hält sich also in engen Grenzen. Unterdessen wird der Kontraktbestand bereits sieben Wochen vor dem letzten Handelstag auffällig schnell abgebaut, weil die Halter von Verkaufpositionen kaum noch niedrigere Preise erwarten und deshalb glattstellen. Das Open Interest auf April-07 reduzierte sich seit Ende Februar von 3836 auf nun 2975, ein Minus von 861 Lots. Verkäufer an der Börse sind meist Spekulanten, die ihre Positionen glattstellen, weil sie dem vorherrschenden Preistrend der Börse folgen.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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