Kartoffeln: Eine Woche mit lauter bärischen Nachrichten

In der zurückliegenden Woche gab es eine Menge Informationen zur Flächenentwicklung und den zu erwarteten Erträgen, die den Markt für Veredelungskartoffeln betreffen. Alle begründen die Befürchtung einer sehr großen Ernte.

So meldete das niedersächsische Landesamt für Statistik eine Flächenausweitung von rund 4.000 ha, was einem Flächenplus von 8,3 % entspricht. Lediglich der Frühkartoffelanbau verzeichnet einen Rückgang, was in diesen Tagen den Eindruck einer entspannten Marktlage vermittelt. Der Anbau mittelspäter und später Sorten wurde aber im Bundesland mit der größten Anbaufläche spürbar ausgeweitet. Auf Bundesebene, so vermeldete die AMI, sei die Speisekartoffelfläche allerdings insgesamt eingeschränkt worden, sodass das Flächenplus einzig beim Verarbeitungsrohstoff verzeichnet wird.

Am Dienstag wurde dann in den Niederlanden das erste Ergebnis der systematischen Proberodungen der Polder veröffentlicht. Die Dokumentationen starten alljährlich in der 31. Kalenderwoche sodass eine sehr gute Datenbasis zum Vergleich herangezogen werden kann. Der Bruttoertrag beläuft sich in diesem Jahr bereits auf 47.515 kg und übertrifft damit alle Ergebnisse der letzten zehn Jahre. Im Vorjahr waren in der Vergleichswoche fünf Tonnen weniger vorgefunden worden, im Vergleich zum 10-Jahres-Schnitt liegen wir sogar 9,5 Tonnen darüber. Der Anteil von 50 mm+ Knollen liegt mit 50,97 % eher niedrig, woraus abzulesen ist, dass noch ein großes Potential vorhanden ist. Das begründet auch der relativ ho-he Knollenansatz von 14,4 Stück pro Pflanze. Dieses spektakuläre Ergebnis wird mit einer besonders guten Frühjahrentwicklung begründet. Der April war in unseren Breiten 4°C wärmer und es gab fast überall stets genügend Wasser – ob aus den Bodenreserven oder von oben. Bis zum Abschluss der Ernte wird nun wöchentlich weiter berichtet. Spannend ist, ob durch den frühen Start auch die Alterung der Pflanzen vorangeschritten ist. Hitze im August könnte das Stimmungsbild noch einmal verändern.

Am Mittwoch erfuhren wir dann, dass in Belgien die Kartoffelanbaufläche nicht nur um 10 %, sondern sogar um spektakuläre 16,4 % ausgeweitet wurde. Es wurden also mehr als 10.000 ha zusätzlich mit Kartoffeln bestellt. War man sich im Vorfeld darüber einig, dass eine Ausweitung einzig im frühen Bereich stattfindet, so verdirbt die Statistik auch diese Hoffnung: Bei der Sorte Bintje legte die Fläche um 9 % zu und bei anderen vergleichbaren Sorten der späten Reifegruppen sogar um 35,6 %. Aus Belgien kommt deshalb bereits jetzt ein enorm großes Angebot, das völlig undiszipliniert auf den Markt geworfen wird. Der Belgapom-Preis für 35 mm+ feldsortierte Knollen wurde ges-tern abermals zurückgenommen und steht nun auf verlustbringenden 3 €/dt. Darauf müssen sich nun alle Wettbewerber einstellen. Die Reka-Notierung fiel unterdessen auf 4 bis 4,25 €/dt ab Station, wobei den Landwirten für die Aufbereitung der Ware ca. einen Euro in Abzug gebracht werden, vermeldet die bedeutendste Erzeugerorganisation für Verarbeitungsrohstoff.

Trotz all dieser widrigen Umstände soll die Vermarktung von Vertragsmengen am deutschen Niederrhein planmäßig verlaufen. Der Mengenabfluss wird in den nächsten Wochen spürbar zunehmen, wenn erst alle Fabriken ihre TK-Linien wieder in Betrieb nehmen. Wünschenswert wäre auch, wenn die niedrigen Preise das Interesse überregionaler Käufer auf sich ziehen würde. Im Jahre 2007 lagen die Preise in Belgien Anfang August ebenfalls auf drei Euro/dt, was Käufer aus Nordafrika und Großbritannien auf den Plan rief. Nach dem Abzug von ca. 200.000 Tonnen aus Mitteleuropa war dann der Spuk der billigen Preise vorbei und die restliche Vermarktungssaison entwickelte sich normal. Leider kann man aber zurzeit nicht davon ausgehen, dass auch in diesem Jahr ein derartiger Mengenabfluss in diese Länder erfolgt. Marokko und Großbritannien erwarten beide eine normale Ernte, sodass Zukäufe zu diesem Zeitpunkt eher unwahrscheinlich erscheinen.

Auch wenn die nun erreichten Preise noch nicht einmal die Erntekosten einbringen, lehrt die Erfahrung, dass letztendlich alle Flächen geräumt werden. Die Verbandsvertreter appellieren deshalb an die Vermarktungspartner und an die Fabriken, den Preisdruck nicht ohne Not auf dem Rücken der Erzeuger auszuüben. Die Lage in der Landwirtschaft ist ohnehin extrem angespannt: Weder die Preise für Getreide, Milch, noch für Kartoffeln bringen die Kosten wieder ein. So bleibt tatsächlich nur die Hoffnung, dass es in den nächsten Wochen auch wieder bessere Nachrichten gibt. Vielleicht bringt zumindest den Kartoffelbauern eine hochsommerliche Phase im August noch etwas Linderung.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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