Kartoffeln: Endlich auch in Norddeutschland gewittrige Regengüsse
Frittenpreise steigen
Nachdem in Frankreich, Belgien und den Niederlanden bereits am vergangenen Wochenende ergiebige Regenfälle die hochsommerliche Hitze unterbrachen, lindern nun auch in Norddeutschland bis zu 20 Liter/qm und gemäßigte Temperaturen das Leiden der Kartoffelbestände. Viele Schläge spät reifender Sorten haben bereits irreversible Schäden erlitten, dennoch hegen einige Einkäufer die Hoffnung auf eine ausreichende Haupternte. Sie verweisen auf den drastischen Preisverfall im Mai 2007, als sparsamer Verbrauch und spekulativ zurückgehaltene Lagerkartoffeln aus der vermeintlich kleinen Ernte 2006 einen Preiseinbruch von 28 €/dt auf 10 €/dt verursachten.
Der Regen im Westen verursachte am Montag der zurückliegenden Woche an der Frankfurter Terminbörse Eurex, begleitet von passabeln Umsätzen, einen heftigen Kursverfall von mehr als 10 %. Im Laufe der Woche stiegen die Notierungen aber wieder stetig an und schlossen am Freitag sogar 60 Cent höher als zum Wochenende zuvor. Trotz der örtlichen Regenfälle gab es nämlich nur geringe Zuwächse bei den unter der Hitze leidenden Feldbeständen. Bei Temperaturen von über 30°C kann man froh sein, wenn die Pflanzen am Leben bleiben. Nach dieser Maxime werden auch die Beregnungen gefahren. Man hofft auf einen Wechsel zu gemäßigten Temperaturen, der den Pflanzen neue Triebkraft geben könnte. Bei einigen empfindlichen Sorten stellte man allerdings schon die Unterbrechung der Keimruhe fest und die Stolonen etwa bei einigen belgischen Bintjeschlägen sind schon 1 bis 20 cm lang.
Die wieder festere Stimmung an der Börse wurde unter anderem von einer gemeinsamen Pressemeldung des Deutschen Bauernverbands mit der UNIKA (Union der Deutschen Kartoffelwirt-schaft e.V.) ausgelöst. Dort war zu hören, dass die Hektarerträge 10 bis 30 % kleiner als im Vorjahr ausfallen dürften. Flugs gab es von holländischen Kommentatoren die erste Hochrechnung: Multipliziert man die bereits feststehenden 265.000 ha in Deutschland mit dem durchschnittlichen Hektarertrag des Vorjahres (44 t) und mindert diese Menge um 10 % so kommen bestenfalls 10,5 Mio. Tonnen für Deutschland heraus. Eine Menge, die nur knapp ausreichend wäre. Für Exporte bleiben dann kaum Mengen übrig. Bei 30 % weniger unterschritte die deutsche Gesamternte sogar noch die 9-Mio.-Grenze. Das hätte dann auch eine große Bedeutung für die gesamte EU-Ernte.
Die ersten Auswirkungen einer kleineren Ernte sind unterdessen bereits messbar. In Belgien werden bereits seit einer Woche systematische Proberodungen vorgenommen. Die Regenfälle der ersten Juli-Hälfte haben kaum noch einen positive Einfluss gehabt, denn nach 103 Tagen Wachstum bringt die Premiere mit 27 t/ha 12 t/ha oder 30 % weniger als im Vorjahr. Der Zuwachs in einer Woche betrug lediglich 3 t/ha. Die Unterwassergewichte sind mit über 400 gr. relativ hoch, der Übergrößenanteil ist mit 53 % hingegen recht niedrig. Die Fabriken haben deshalb so lange wie möglich noch Rohstoff aus der alten Ernte verarbeitet, auch wenn die Preise auf stolze 200 €/t geklettert waren. Nun sollen erst einmal die Maschinen überholt werden und erst nach den Werksferien wird man in vollen Umfang die Verträge der neuen Ernte abrufen – Rohstoffschonung nennt man das. Das ändert aber nichts daran, dass die Versorgungslage extrem knapp ist. Die erste Notierung der Belgapom wurde gestern mit 190 €/t festgestellt, damit liegt man 20 bis 30 €/t unter den Notierungen am deutschen Niederrhein.
Die Notierungen sind zurzeit wohl mehr als Orientierung zu verstehen. Einen für Juli eigentlich üblichen Preisrückgang erwartet zurzeit eigentlich keiner. Steigen erst einmal die Fabriken auf den neuen Rohstoff ein, werden die Flächen sehr schnell räumen. Angesichts der eindeutig knappen Versorgungslage muss niemand wirklich eine Konkurrenz fürchten. Das gilt sogar für die globale Versorgungslage: In Russland werden wegen Hitze und Dürre ebenfalls drastische Ernterückgänge erwartet. Die Regierung hat bereit über Hilfsmaßnahmen beraten. Und in Amerika leiden die Kartoffeln auch unter einer Sommertrockenheit, die zusammen mit dem Flächenrückgang von gut 4 % eine knappe Versorgung erwarten lässt.
Aus diesem Grund erscheint es logisch, dass die Fabriken bereits jetzt Preiserhöhungen für ihre Produkte ankündigen.
Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH