Kartoffeln: In Frankreich und anderswo viel zu ruhige Nachfrage
Russlands Regierung will bessere Eigenversorgung mit Kartoffeln
Auch in Frankreich dominiert immer noch die Sorte Bintje als Frittenrohstoff. Der Preis hierfür bildet mit 19,6 €/dt derzeit die Unterkante. Sorten, wie Innovator, Fontane und Markies kosten bis zu vier Euro mehr. Nach einer frühen Phase außerordentlich guter Verarbeitungsmengen und Exporten hat sich die Nachfrage zuletzt deutlich abgekühlt. Die Fabriken versorgen sich aus Verträgen und die Exporte laufen bestenfalls auf dem Niveau der Vorjahre.
Die AMI analysiert: Bis Ende Februar flossen 719.000 Tonnen Verarbeitungsrohstoff in französische Fabriken (+16%). Im Vorjahr waren es 620.000 Tonnen. Der überwiegende Teil der Mehrmenge musste importiert werden, davon wurden immerhin 55 % am freien Markt erworben. Das mag ein Grund für die außerordentlich hohen Preise zu Beginn des Jahres gewesen sein. Zurzeit scheinen die Verarbeiter aber ausreichend versorgt zu sein, wenngleich Anfang März mit 1,42 Mio. Tonnen ein bemerkenswert kleiner Vorrat verzeichnet wurde.
Die Einkäufer zeigen sich zurzeit betont gelassen, da der bisherige Witterungsverlauf eine frühe Ernte verspricht. Im gesamten europäischen Kartoffelgürtel gab es selten so günstige Pflanzbedingungen wie in diesem Jahr. In Holland sollen an diesem Wochenende bereits 60 % aller Kartoffelflächen bestellt sein und Fachleute im In- und Ausland warnen bereits vor möglichen Verlusten durch Auflaufschäden und Spätfrösten. Da Frühkartoffeln meist unter Folie heranwachsen und in der Regel in klimatisch begünstigten Regionen gepflanzt werden, dürften tatsächlich die ersten Verarbeitungskartoffeln der neuen Ernte ungewöhnlich früh zu Verfügung stehen.
Da gegenwärtig nicht nur die Nachfrage nach frischen Kartoffeln, sondern auch nach Produkten in nur ruhigen Bahnen verläuft, konnten wohl alle Verarbeiter ihre Produktläger auffüllen. Einige betonen bereits, dass sie heuer längere Werksferien im Juni planen, um auf die neue Ernte zu warten. Und so hält man sich derzeit vom freien Markt fern.
Ähnlich zurückhaltend sind die Einkäufer von Packstationen, die bevorzugt eigene Vorräte aus den Kisten- und Kühllägern vermarkten und Offerten aus Frankreich nur selten annehmen. Lediglich im Westen der Republik findet man dieses Angebot in den Supermärkten. Man beabsichtigt vielmehr die nun bereits reichlich angebotenen Knollen aus dem Mittelmeerraum einzusetzen. Diese unterscheiden sich preislich kaum von französischen Lagerkartoffeln. Frische Kartoffeln aus der heimischen Produktion können bereits ab Mai das Angebot ergänzen. Frankreich muss während dessen darauf vertrauen, dass seine traditionellen Kunden in Spanien, Portugal und Italien die Läger räumen.
Die Nachfrage nach den verbliebenen freien Lagerkartoffeln ist also außerordentlich ruhig. Selbst Russlands Käufer verhalten sich ruhig, denn nach dem Ende des Winters werden von den vielen Hofwirtschaften wieder Kartoffeln angeboten und die Preise sinken. Außerdem hatten sich die hohen Forderungen im Winter besonders negativ auf den Verbrauch ausgewirkt. Nach der Erfahrung des letzten Hitzesommers ermutigt nun die russische Regierung die professionellen Betriebe zur Ausweitung der Kartoffelproduktion. Die Selbstversorgung aus dem Kleinanbau war zuletzt nicht immer gewährleistet. Und so rechnet man damit, dass der Anbau ausgebaut wird und – sofern nicht wieder eine Naturkatastrophe kommt – die Abhängigkeit von Importen eingedämmt wird.
Der schwächelnde Absatz spiegelte sich in weiterhin rückläufige Erzeugerpreise nieder. Der Eurex-Index für Veredelungskartoffeln sank am vergangenen Donnerstag um 1,10 €/dt auf 20,9 €/dt. Nachdem gestern die Belgapom-Notierung um weitere 1,5 €/dt nachgab, verlor der April-11-Future ebenfalls. Er notiert zurzeit sogar 2 €/dt unter dem aktuellen Index, was die negative Erwartungshaltung der Marktteilnehmer deutlich widerspiegelt. In Frankreich gab die SNM-Notierung allerdings nur noch um 60 Cents auf 19,6 €/dt nach. Die dortigen Bintje sind qualitativ viel besser als die in Belgien, wo diese für einen Euro billiger zu haben sind.
Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH