Kartoffeln: Kleine Frühkartoffelernte in Spanien beflügelt Exporte
Short-Hedger rollen in den Juni
Späte Pflanzungen bei meist schlechtem Wetter verhinderten in Andalusien rechtzeitige Kartoffelpflanzungen, vielerorts wurde erst gar nicht gepflanzt. Nach neuesten Berichten der offiziellen Statistik sollen dort 51 % weniger Frühkartoffeln gepflanzt worden sein. Die Erntemenge wird auf nur 80.000 to geschätzt nach 197.000 to im Vorjahr.
Auch die Sommerernte, aus der ein großer Teil auch für den Export nach Deutschland vorgesehen ist, ist um 20 % in der Fläche und 10 % im Ertrag eingeschränkt. Außerdem wird der Export nach Deutschland erst Ende Mai beginnen; ob allerdings viel ankommt, ist noch offen, denn die Preise in Spanien dürften dann so hoch sein, dass man hierzulande nach anderen Herkünften Ausschau halten wird. Auch weil nach den misslichen Startbedingungen der Infektionsdruck derart hoch ist, dass mit Qualitätseinbußen gerechnet werden muss.
Die Auswirkungen spüren die Marktteilnehmer hierzulande allerdings bereits heute, denn der Export der alten Ernte in Mitteleuropa läuft immer besser. So können in erster Linie Briten und Franzosen die entstandene Lücke nutzen, um sich ihrer vermeintlichen Übermengen zu entledigen. Die beflügelte Nachfrage wird außerdem dazu genutzt, um die Preise anzuheben. Gestern nutzte die französische SNM die Gunst der Stunde und setzte die Notierungen um gleich einen Euro/dt hoch.
Auch die Belgischen Bauern können davon profitieren, sofern sie exportfähiges Material haben. Für bestimmte Qualitäten gibt es nämlich seit Beginn der zurückliegenden Woche einen regelrechten Wettbewerb. So musste Lutosa, einer der größten Standorte für Pommes Frites gleich einen Euro mehr anlegen, um an eine Partie zu gelangen, die sonst im Ausland abgesetzt wurde. Folglich wurden sowohl der Fiwap/PCA-Preis als auch die Belgapomnotierung deutlich angehoben. Zu dieser unerwarteten Hausse trägt außerdem bei, dass die Arbeitskapazitäten der Landwirte meist bei der Feldarbeit gebunden sind. So lange die Preise steigen, bleibt das Angebot aus der Landwirtschaft klein kritisieren die Einkäufer.
Dabei sollen noch sehr große Mengen in den Scheunen auf den Höfen liegen, berichteten zumindest die Ernteberichterstatter in Großbritannien, Belgien und den Niederlanden. Die derzeitige Marktlage straft sie allerdings alle Lügen und die erfahrenen Kartoffelhändler erinnern sich an den Spruch: „Große Ernten werden zu früh alle“.
Ob das tatsächlich so ist, bleibt allerdings noch offen, denn zumindest in Großbritannien erwarten Beobachter schon bald wieder fallende Preise wenn erst die Feldarbeiten abgeschlossen sind. Außerdem leiden die Lagerkartoffeln bald mehr unter den geänderten Wetterbedingungen. Waren die Nächte bisher noch recht kühl, so steigen nun die Temperaturen auf über 20°C und nur noch die wirklichen Lagerprofis können die Qualitäten erhalten.
Alle anderen dürften dann mit Hochdruck auslagern wollen und der Marktpreis könnte wieder sinken. Aus diesem Grund sind die Shorthedger an der Terminbörse bereits seit einigen Tagen dabei, ihre Absicherung von April-10 auf Juni-10 zu rollen. Man sieht die derzeitige Preisentwicklung nur als vorübergehendes Phänomen an. Wenn sich das tatsächlich so einstellt, besteht durchaus die Chance, dass der Juni-Future unter den letzten Preis des April-10 endet. Durch die jüngsten Preisentwicklungen in Belgien und Frankreich steigt der Index in der kommenden Woche nämlich erneut deutlich an und könnte sogar die 10-Euro-Marke übersteigen.
Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH