Kartoffeln: Russland will vier Mio. Tonnen Kartoffeln importieren
Polen erntet nur 8,5 Mio. Tonnen
Unter Berufung auf russische Zeitungsberichte und des dortigen Landwirtschaftsministeriums berichtet der Agrarmarktinformationsdienst (AMI), dass Russland in den kommenden Monaten vier Mio. Tonnen Kartoffel einführen will. Dafür soll der Zollsatz auf 0 % abgesenkt werden.
Die russische Kartoffelernte wird nur noch auf 22 Mio. Tonnen geschätzt, im Vorjahr waren es 31,1 Mio. Tonnen. Ein Rückgang um knapp 30 %. Damals wurden lediglich 374.150 Tonnen im Ausland eingekauft. Ob nun irgendwo die gut 10fache Menge aufzutreiben ist, bleibt indes offen. Als mögliche Herkunftsländer werden Weißrussland und Polen genannt.
Das Preisgefälle ist schon in Russland erheblich. Nach den Recherchen des AMI lagen die „preiswertesten“ Verbraucherpreise bei 44,6 €/dt und die teuersten Kartoffeln kosteten bereits 65,9 €/dt. Nach dem Marktwirtschaftlichen Prinzip zieht auch in Russland hohe Preise Ware an und so verspüren nicht nur Türken, sondern mittlerweile auch Finnen ein enormes Kaufinteresse. Dort befürchten die Händler bereits, dass die Ware, die nun ins Ausland geht, später teuer zugekauft werden muss.
Ob Polen die große russische Nachfrage tatsächlich bedienen kann, muss ernsthaft bezweifelt werden. Die dortige Kartoffelernte soll ebenfalls sehr klein ausfallen. Das polnische Statistikamt schätzte jüngst einen Rückgang der Produktion um 10 %, ein offizielles Ergebnis steht allerdings noch aus. Es dürften aber wohl kaum mehr als 8,5 Mio. Tonnen zusammen kommen. Daraus ergibt sich, dass Polen auch in dieser Saison auf umfangreiche Importe angewiesen sein wird. Einfuhren, wie in 2009 in Höhe von 154.000 Tonnen, vornehmlich aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, sind durchaus wieder möglich, sofern dort diese Mengen wieder zur Verfügung stehen. Die polnischen Ausfuhren bezifferten sich im Vorjahr auf lediglich 30.000 Tonnen, in der Regel fehlen die geeigneten Qualitäten und in diesem Jahr sicherlich auch die Mengen.
Möglicherweise wird Polen aber mehr oder weniger freiwillig als Transitland fungieren, denn die Handelsbeziehungen zu deutschen Lieferanten haben sich über die zurückliegenden Jahre etabliert und gleichzeitig scheuen viele deutsche Exporteure die aufwendigen Ausfuhrformalitäten ins EU-Ausland insbesondere nach Russland. So könnte sich im kleinen Grenzverkehr Polen /Weißrussland später ein reger Handel ergeben. Für die baltischen Republiken gilt das gleiche.
In Deutschland wird am kommenden Donnerstag das vorläufige amtliche Ergebnis der diesjährigen Kartoffelernte erwartet. Bereits gestern war aber schon das Ergebnis aus Niedersachsen bekannt geworden. Demnach sinkt die Ernte im Bundesland mit der größten deutschen Kartoffelproduktion um 22,8 %. Die Menge von 4,253 Mio. Tonnen liegt damit unter dem Ergebnis von 2006. Würde man dieses Niedersächsische Ergebnis auf die gesamte Deutsche Produktion hochrechnen, läge die deutsche Gesamternte nur knapp über 9 Mio. Tonnen.
Trotz aller positiven Aussichten fielen die Kartoffelpreise zuletzt aber, weil die Nachfrage zurzeit noch ruhig ist. Speisekartoffeln müssen von den Händlern mit 16 €/dt Erzeugerpreise eingekauft werden, um die in der kommenden Woche anlaufenden Aktionen des LEH mit einer Marge für sich kalkulieren zu können. Und für den Frittenrohstoff gilt zurzeit die Belgapom als Orientierungswert. Hier sank der Preis gestern auf 11 €/dt (Vw. 12 €/dt). Experten meinen, dass damit nun das Preistal der vor uns liegenden Hauptvermarktungsfase erreicht sei.
Wenn nun eine trockenere Wetterperiode kommen sollte, werden die Landwirte diese wohl vornehmlich für die Einlagerung nutzen. Nach den vielen bullischen Faktoren für die kommende Saison werden die meisten Landwirte wohl nur die Mengen abgeben, die bezüglich der Haltbarkeit bezweifelt werden müssen. Die Erwartung deutlich höherer Preise ist sehr groß.
Einen Wermutstropfen gab es dann doch noch, denn einige der jetzt noch zum Teil grasgrünen spät reifenden Partien konnten zuletzt doch noch gute Zuwachsraten verzeichnen. Zwischen den früh abgestorbenen Parzellen und den Partien, die den Wetterstress überlebt haben, zeigen sich enorme Ertragsunterschiede. Die Spanne liegt mittlerweile zwischen 25 t/ha und 58 t/ha. Das erklärt wohl auch, dass die hohen Terminmarktnotierungen von einigen Landwirten bereitwillig zur Absicherung gegen fallen Preise verwendet werden.
An der Börse setzte sich der Preisauftrieb in der zurückliegenden Woche dennoch fort. Auffällig ist die Analogie zur Preiskurve des April-07 Futures.
Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH