Kartoffeln: Starke Winde in Ägypten und Israel behindern Entwicklung
Preissicherung für 2012 beginnt schon jetzt
In den Kartoffelanbauregionen Israels und Ägyptens setzen starke Winde den jungen Pflanzen stark zu. Außerdem ist es im Süden Israels, der Hauptanbauregion für Erdäpfel, schon seit Monaten bei 25 °C viel zu trocken. Wasser zur Beregnung landwirtschaftlicher Flächen wird längst zugeteilt, worunter die dortige gesamte Agrarproduktion leidet.
Mit dieser ernüchternden Feststellung schwinden die Hoffnungen der europäischen und russischen Kartoffelverbraucher auf eine baldige Auflösung der sich abzeichnenden Lieferengpässe. Aus russischen Regierungskreisen war an Israel bereits eine Offerte zum Kauf aller für den Export vorgesehenen Kartoffeln überbraucht worden. Dieser außerordentliche Vorgang zeigt, wie eng die Versorgungslage im kommenden Frühjahr eingeschätzt wird. Kunden aus dem Westen mussten allerdings nicht ernsthaft befürchten, dass dem Ansinnen stattgegeben würde. Die Produzenten können schließlich immer noch selber entscheiden, wen sie beliefern wollen und so wird man die traditionellen Abnehmer in einer solch außerordentlichen Marktlage nicht enttäuscht wollen.
Es ist aber nicht nur das vorherrschende Wetter im Süden, das den Händlern die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Aufgrund des hiesigen Winterwetters sind nämlich noch nicht einmal alle Saatkartoffeln in den mittleren Osten und Ägypten ausgeliefert worden. Auch diese Verzögerung dürfte sich auf die Verfügbarkeit der nächsten Ernte auswirken.
Das alles trug in den zurückliegenden Tagen zu dem starken Preisanstieg sowohl im Kassamarkt, als auch an der Terminbörse bei. Das Wochenplus im April-11-Future and der Frankfurter Eurex betrug immerhin 1,8 €/dt, in etwa soviel wie die Preiserhöhung im aktuellen Kassamarkt. Gestern verteuerten sich die französischen Verarbeitungskartoffeln nämlich um zwei Euro/dt und auch die belgische Notierung der Verarbeiter stieg um einen Euro an. Und dies trotz aller Exportschwierigkeiten, denen die Belgier ausgesetzt sind. Zurzeit geht von dort nämlich gar nichts mehr nach Russland. Es gab keine Importlizenzen. Schon seit Wochen liegt ein Schiff, das sogar ein Phyto-Zertifikat hat, zum Ablegen bereit, erhält aber von den Russen keine Einfuhrerlaubnis. Da die Qualität der Ladung als kritisch eingeschätzt wird, sind jetzt größere Probleme zu erwarten.
Stattdessen profitieren holländische Exporteure, obwohl deren Kartoffelnotierungen von durchschnittlich 19,30 €/dt bereits in der zurückliegenden Woche and der Oberkante vergleichbarer Notierungen lagen. Berichten aus unserem Nachbarland zufolge, sprechen bereits von einem historischen Jahr, was den Export betrifft. Man erwartet in den kommenden Wochen weiter kräftig steigende Preise und sieht die derzeitigen Notierungen der April-Futures als wegweisend. Der Eurex-Index für Veredelungskartoffeln steuert nun auf die 20-€-Marke zu. Nach dem Jahreswechsel dürfte sich die Lage also weiter zuspitzen.
Kassamarktnotierungen von bis zu 30 €/dt gab es zuletzt im Frühjahr 2007. Der April-2007-Future endete damals auf 28,5 €/dt. Die Ernte aus 2006 war ähnlich klein, wie in diesem Jahr. Damals hatte die europäische Kartoffeln verarbeitende Industrie allerdings noch nicht den großen Marktanteil am weltweiten Markt für Kartoffelprodukte wie heute. Nun kommt außerdem die extrem große Nachfrage des russischen Marktes hinzu. Der sehr frühe und sprunghafte Anstieg in unserem Kassamarkt deutet nun darauf hin, dass der Wettbewerb um den Rohstoff bereits jetzt eingesetzt hat – vier Wochen früher, als in 2006/07. Eine kleinere Ernte im Mittelmeerraum könnte die Situation noch weiter anheizen.
Vor diesem Hintergrund wird es für die Einkäufer der großen Verarbeiter extrem schwer werden, die benötigten Mengen für die kommende Saison unter Vertrag zu bekommen. Die Vertragsverhandlungen beginnen in der Regel zu Beginn des Kalenderjahres. Mit kleineren Preiskorrekturen werden sich die Bauern in Holland, Belgien und Norddeutschland wohl kaum zufrieden geben. Deshalb zeigen die Einkäufer ihre Bereitschaft immer deutlicher, einen auf die Börsenkurse abgestellten Preis zu akzeptieren. Vorsorglich haben die ersten Fabriken schon damit begonnen, sich die Preise für das Frühjahr 2012 an der Börse zu sichern. Noch niemals zuvor hat sich fast 20 Monate vor Erfüllung ein Kontraktbestand in Kartoffeln an der Börse aufgebaut.
Ich wünsche meinen Lesern ein frohes Weihanchtsfest.
Zwischen den Tagen werde ich noch einen letzten Bericht in diesem Jahr schreiben.
Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH