Kartoffeln: Unerwartet hohe Ernteprognosen

Exporte noch ausbaufähig

Kurz vor dem Abschluss der Kartoffelernte werden die Marktbeteiligten noch einmal aufs Äußerste verunsichert. In den zurückliegenden Tagen gab es mehrere Ernteschätzungen, die frühere Erwartungen in Frage stellten. So erfuhren wir vom niederländischen CBS, dass die dortige Ernte gleich groß sein sollte, wie im Vorjahr. Zuvor war von Minus 7 % die Rede. Mittwoch meldete sich dann das flämische Ministerium für Landbau mit einer Mengenschätzung für Belgien mit einem Plus von 13,5 % gegenüber 2008. Die darin enthaltene Ertragsprognose von Minus 2,5 % steht im krassen Widerspruch zu vorherigen Minus von 17 %.

Die neuen niederländischen Zahlen werden vom VTA (Verenigde Telers Akkerbouw) als völlig unrealistisch und unverantwortlich bezeichnet. Der Zuwachs bei den großen Frittensorten fiel im August und September aufgrund extremer Trockenheit unterdurchschnittlich aus. Weil längst nicht alle Ergebnisse bekannt wären, spricht man von „zu früh veröffentlichten offiziellen Zahlen“ mit denen man dem Markt die Fantasien genommen hätte, so der Vorwurf im wöchentlichen Nieuwsbrief. Tatsächlich brachen die Eurex-Kartoffelkurse im Laufe der Woche um bis zu 15 % ein.

Ungereimtheiten auch in Belgien: Die Ernteschätzung in dieser Woche kam nicht, wie üblich vom nationalen Institut für Statistik, sondern vom flämischen Regionalministerium. Hier kritisiert das Prüfzentrum (PCA) die Erhebungen in ebenso scharfer Form wie die VTA das Ergebnis. Es stehe ebenfalls im krassen Widerspruch zu den eigenen Beobachtungen: 2008 brachten die Sorten Asterix und Fontane noch 60 Tonnen/ha, in diesem Jahr seien es nur 48 Tonnen. Über die Bintje-Erträge schweigen sich noch alle Beteiligten aus.

Den aktuellen Kassamarkt vermochten die neuen Informationen allerdings nicht zu erschüttern. Obwohl der Lieferstrom frisch vom Feld oder aus provisorischen Zwischenlägern noch mindestens 14 Tage anhalten dürfte, konnten sich gestern die sehr niedrigen Kassakurse in Belgien und Frankreich sogar leicht erholen. Die Belgapom notiert jetzt 6 €/dt (+0,25 €/dt) und die französische SNM steigt um 30 Cent auf 5,8 €/dt. Der deutschen AMI-Preis für 40 mm+ Frittenrohstoff markiert mit 5,55 €/dt die Unterkante der bedeutendsten Kartoffelländer Europas. Ein Update der niedersächsischen Ernteschätzung bestätigt ihr auf der Herbstbörse vorgestelltes offizielles deutsches Ernteergebnis.

Die höheren Ertragsschätzungen dürften auf das Einkaufverhalten der Kartoffeln verarbeitende Industrie einen maßgeblichen Einfluss nehmen. Hatte man sich noch vor kurzem darauf eingestellt, auch qualitativ grenzwertige Partien zu verarbeiten, so besteht bei einer größeren Gesamternte nun mehr Auswahl. Außerdem waren die Böden zuletzt durch den Regen aufgeweicht und wenn die Bauern nicht gerade bei zu niedrigen Bodentemperaturen geerntet haben, dürften zuletzt ganz passable Qualitäten eingelagert worden sein. Die Toleranzen einiger Abnehmer sind bekanntlich je nach Marktlage fließend.

Unter den Anbietern ist seit einigen Tagen zwar eine gewisse Ernüchterung zu verspüren, man hat die Hoffnung auf gewinnbringende Erlöse aber längst nicht aufgegeben. Dass aus der Ernte heraus Übermengen zu niedrigen Preisen abgegeben werden, ist nachvollziehbar. Das dürfte aber schon bald vorbei sein, wenn erst alle Partien im Winterlager untergebracht sind. Dort, wo schon durchgeschwitzte Partien gefordert werden, steigen die Forderungen. Die Agrarzeitung berichtet für Nordrhein-Westfalen von bezahlten zwei Euro mehr für Speisekartoffeln. Ein Schritt, der auch in Kürze für Niedersachsen erwartet wird. Partien mit hohem Übergrößenanteil solle man für die erwarteten Exportgeschäfte zurück halten. Wenn aus all den Anfragen auch ein Geschäft werden würde, müssten sich die Versender über den Absatz keine Sorgen machen. Tatsache ist aber, dass beim Export zurzeit noch zu wenig geht.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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