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Kartoffeln: Verarbeiter rufen neue Ernte ab

Hält die 20 €-Marke bei Frühkartoffeln?

Aufgrund der bisher verzögerten Vegetation beklagen Bauern, die eine frühe Lieferverpflichtung eingegangen sind, eine magere Rendite. Bereits in der 26. Kalenderwoche wurden die ersten Partien abgerufen. Zwar passen die Unter-Wasser-Gewichte und die Kalibergrößen, der Ertrag ist mit 230 dt/ha aber enttäuschend. Bei Vertragspreisen von ca. 17 €/dt und stark gestiegenen Produktionskosten decken die Einahmen die Investitionen nur knapp.

Die Fabriken rufen die Vertragskartoffeln der neuen Ernte nun fristgerecht ab. Kartoffeln der alten Ernte sind nur noch in Holland und dort zuletzt wieder festeren Preisen greifbar. Nachdem die Sorte Agria in der Vorwoche noch unter 10 €/dt verladen wurde, fordern die Lagerhalter nun 13 €/dt und mehr. Die Verarbeiter müssen wohl oder übel die höheren Preise zahlen, da für viele Produkte Mindeststärkegehalte erforderlich sind, die mit der neuen Ernte meist noch nicht erfüllt werden können. Die Feldbestände werden deshalb genau beobachtet und sofort beerntet, sobald die Umstände passen. Dadurch werden vorerst die Ertragspotentiale nicht ausgeschöpft; die Flächen räumen sehr viel schneller, als es den Verarbeitern lieb ist.

Vermutlich werden die Fabriken zunächst bestehende Verträge abrufen. Schließlich hatte man sich genau für den jetzt eingetretenen Fall, dass nämlich das freie Angebot nicht oder nur zu teuer zur Verfügung stehen würde, abgesichert. Sie entgehen so dem immer volatileren Marktgeschehen. Ein Blick auf die heute geltenden Preise am deutschen Kartoffelmarkt zeigt dieses Risiko deutlich. Festschalige Importkartoffeln aus Spanien kosten immer noch über 50 €/dt. Italienische Herkünfte, die nicht immer festschalig sind und insofern für den Einkäufer Risiken bergen, sind für rund 30 €/dt frei Packstation zu haben. Für reifegeförderte und nahezu schalenfeste Speisekartoffeln erlösen die Bauern in der Pfalz und in Burgdorf gut 40 €/dt. Losschalige Speisekartoffeln für den Skandinavienexport kosten ca. 30 €/dt ab Niedersachsen und für freie Industrieware wird ca. 20 €/dt geboten. Damit erlösen die schon früh kontrahierten Vertragskartoffeln mit 17 €/dt am wenigsten aber die Bauern müssen nun liefern und können von den Ertragszuwächsen der nächsten Tage nicht mehr profitieren.

Die weitere Preisentwicklung bleibt also spannend. Sie hängt im Wesentlichen davon ab, wie schnell nun die frühreifen Sorten abgerufen werden oder ob man den Bauern noch ein wenig Zeit einräumt, die Ertragspotentiale zu heben. In früheren Jahren gaben die Erzeugerpreise in Deutschland bis Mitte Juli nach und stabilisierten sich mit dem Markteinstieg der Verarbeiter wieder. In 2006, also vor zwei Jahren, etablierte sich ab Mitte Juli für die Frühkartoffeln mit rund 19 €/dt ein recht hohes Preisniveau. Auch die ersten Veredelungskartoffeln des Jahres 2006 brachten im Oktober mit 17 €/dt relativ viel Geld. Experten meinen, dass in diesem Jahr die Erlöse für Verarbeitungskartoffeln sogar noch höher notieren können, denn die Frühkartoffelanbaufläche wurde wieder auf das Niveau des Jahres 2006 eingeschränkt; in den großen Kartoffelnationen der EU sogar noch stärker als bei uns.

Wenn die großen Verarbeiter nun bereits Anfang Juli auf den neuen Rohstoff angewiesen sind, so ließe sich sogar die 20 €-Marke halten, hoffen die Verkäufer. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag der niedrigste Preis für Frühkartoffeln in Belgien bei 3,5 €/dt. Deshalb gab es ja auch den starken Einschnitt in der Anbaufläche von 13 %.

Bedingt durch die historisch hohen Energiekosten haben sich die Produktionskosten (Pachten, Düngung, Feldarbeiten, Frachten…) von damals ca. 2.300 €/ha auf heute gut 4.000 €/ha nahezu verdoppelt, sodass bei einem Erlös von 20 €/dt und einem Hektarertrag von 400 dt Mitte Juli weniger übrig bliebe als vor zwei Jahren. Kosten die Kartoffeln dann allerdings nur die üblichen 10 €/dt wird der Kartoffelanbau wieder defizitär und eine weitere Flächeneinschränkung wird die logische Folge sein.

Es kann also nicht das Interesse der Einkäufer sein, die Rohstoffgrundlage ihres Handels in Frage zu stellen. Zumal die Transportkosten gerade bei Kartoffeln wegen der hohen Wassergehalte überproportional ins Gewicht fallen. Wenn man bei den Produkten am Weltmarkt mithalten will, ist man auf die regionale Rohstoffzufuhr angewiesen. Aus dieser Überlegung erscheinen auch die Veredelungskartoffel-Notierungen auf April-09 an der RMX in Hannover mit ca. 19 €/dt nur plausibel, sofern wiederum durchschnittliche ha-Erträge in der Größenordnung zwischen 400 und 450 dt zustande kommen. Bei Lagerkartoffeln schlagen nämlich neben den allgemeinen Produktionskosten die Energiekosten für die Lagerung und den Qualitätserhalt extrem zu Buche.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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