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Kartoffeln: Wo bleiben die Ernteschätzungen?

Kaum weitere Abschlüsse von Forwards

Die außerordentlichen Wetterumstände des zurückliegenden Sommers machen eine Ernteschätzung schwierig. Soviel steht fest: Frühe Sorten konnten aufgrund des lang anhaltenden Winters ihre Ertragspotentiale nicht ausschöpfen, Kartoffeln der mittleren Reifegruppe litten unter der sengenden Hitze im Juli und spätreife Sorten zeichnen sich durch extrem unterschiedliche Werte aus. Während die ersten beiden Reifegruppen bereits verbraucht sind oder im Lager liegen, geht das Rätselraten über die Ergebnisse der späten Sorten weiter. Selbst Mitte Oktober liegen uns noch immer keine verlässlichen Ernteschätzungen vor.

Die Ernten in Westeuropa sind zwar etwas später als im letzten Jahr, das schöne spätherbstliche Wetter erlaubt den Bauern aber mit Ruhe und Gelassenheit die verbleibenden Flächen zu räumen. Bis in der zweiten Oktoberwoche gab es immer noch Ertragszuwächse in Form von Masse und Stärke. In durchgetriebenen Parzellen ist vielfach auch die zweite Generation vollends herangewachsen und in solchen Fällen ist der Nettoertrag meist gigantisch. Man hört gelegentlich schon mal von 70 bis 90 Tonnen pro Hektar.

Vor einem Jahr standen die Ernteergebnisse bereits Anfang Oktober fest und sie mussten im Laufe der Vermarktungssaison auch nur geringfügig nach oben korrigiert werden. Belgien hatte auch damals Probleme mit Fäule als Folge von Durchwuchs, angesichts einer insgesamt besseren Marktversorgung wurden die Probleme jedoch nicht so stark diskutiert wie in diesem Jahr. Außerdem sah sich die Notierungskommission in Rotterdam auch letztes Jahr Mitte Oktober noch nicht in der Lage, die erste Preismeldung herauszugeben. Wir erwarten die ersten Notierungen der NAO für die Ernte 2006 Ende Oktober.

Auf den Europäischen Kartoffeltagen in Bockerode Anfang September wagte die ZMP eine erste Ernteschätzung und zwar nicht nur für Deutschland (9,8 Mio. t), sondern auch für die „EU 15“ (40,6 Mio. t). Seither halten sich die renommierten Analysten mit Prognosen auffällig zurück. Ein Ausblick ist offensichtlich nicht so eindeutig, wie viele es sich vorgestellt haben. Die Erntemenge der späten Knollen ist wohl doch größer, als man es vorher eingeschätzt hatte. In Kommentaren differenziert man immer wieder zwischen der Brutto- und der Nettomenge, schließlich ist die Haltbarkeit vieler Partien gefährdet. Es wird sogar von Totalausfällen berichtet.

Was dem menschlichen Konsum nun tatsächlich entgeht, sind die durch Salz- oder Tonbäder absortierten Schwimmer. Also Kartoffeln, die wegen zu geringer Stärkegehalte nicht für die Herstellung von Produkten geeignet sind. Bis zu 30 % der derzeit in den Fabriken angelieferten Mengen werden so zu Viehfutter. Fäule wird aber auch in Speisesorten beobacht. Derart gefährdete Partien finden bislang aber noch den Weg in die Schälbetriebe und werden für relativ niedrige Preise für den Konsum in Großküchen aufbereitet. Man geht also sehr ökonomisch mit dem Rohstoff Kartoffeln um. Kein Wunder! Die Preise sind schon hoch und die Phantasien der Marktbeteiligten kennen offenbar keine Grenzen.

An der Terminbörse in Hannover erklimmen die Notierungen immer neue Höchststände und übernehmen damit eine Leitfunktion für die Forderungen der Bauern und Lagerhalter. Viele Käufer von Kartoffeln wollen davon allerdings noch gar nichts wissen. In Holland bietet man für geeigneten Verarbeitungsrohstoff Zeitverträge für Januar/Juni 2007 mit gerade mal 22 bis 24 €/dt; das sind neun Euro unter der April-07-Terminmarktotierung! Ein schier unüberwindlicher Interessengegensatz.

Die Marktbeteiligten gieren deshalb nach mehr Informationen, denn viele Unternehmen müssen in diesen Tagen ihre Produkte zu festen Preisen anbieten. Sie brauchen mehr Orientierung. Man ist sich sicher, dass der Marktpreis für den Rohstoff Kartoffeln weiter hoch notieren wird und benötigt nun eine Absicherung in Menge und Preis. Zurzeit haben die Bauern, sofern sie über freie Mengen verfügen, kaum Neigung weitere Festpreisverträge abzuschließen. Mit dieser Vertragsform hat man in den letzten zwei Jahren zu viele leidvolle Erfahrungen gesammelt.

Es ist nun an der Zeit, mit aktualisierten Ernteschätzungen und regelmäßigen Kassanotierungen, die Spekulation einzuschränken. Die RMX in Hannover beginnt deshalb in der kommenden Woche damit, den Index für deutsche Speisekartoffeln zu veröffentlichen, es folgt dann Ende Oktober ein Index für Veredelungskartoffeln für Mittel- und Westeuropa. Hoffentlich liegen dann auch aktualisierte Ernteprognosen vor. Sobald die Lagerhalter die Haltbarkeit der Lagerware einschätzen können, kommt es wieder zu konkreten Liefervereinbarungen für das Frühjahr 2007.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH Farven

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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