Moderater Preisanstieg bei Kleinpackungen
Deutschland bei Exporten nach Osteuropa vorn
Mit den Argumenten, Kartoffeln aus Dauerlägern seien nur mit leicht höheren Geboten zu mobilisieren, konnten die Packstationen in den letzten Tagen für die 2,5-kg-Tüte cirka vier Cent mehr gegenüber dem LEH und den Discountern durchsetzen; das entspricht einem Plus von 1,6 Euro/dt. Da aber immer noch frisch gerodete Partien am Markt sind, bleibt der Erzeugerpreis zweigeteilt. Wo immer es möglich ist, kauft der Handel die deutlich preiswerteren rodefrischen Knollen. In der kommenden Woche dürften allerdings diese Partien ausverkauft sein.
Zum raschen Versiegen dieser mit zwei Euro Erzeugerpreis notierten absolut billigen Rohwarenquelle tragen zurzeit alle Marktbeteiligten bei. Nicht erst nach der letzten Korrektur der Ernteprognose weiß man, dass zu viele Kartoffeln am Markt sind, wie lange man jedoch noch zu diesen Preisen einkaufen kann, ist ungewiss und so ergreifen alle, die irgend eine Verwendung für Kartoffeln haben, die Gelegenheit und kaufen was noch so billig angeboten wird. Weil der Angebotsdruck aus der Ernte abnimmt, stellen Packstationen gegenüber dem LEH höhere Forderungen, schließlich muss man auf Basis der letzten Preisrunde 14 Tage lang kalkulieren. Sollten also die Erzeugerpreise in den kommenden Tagen auf breiter Ebene auf vier Euro steigen, wäre das ein kleiner Erfolg für die Landwirte; befriedigen kann das aber lange noch nicht, da die Produktionskosten auch nach einer hundertprozentigen Preiserhöhung deutlich über den Erlösen liegen.
Aufgrund der großen Ernte mussten viele Kartoffelpartien in provisorischen, teils nicht frostsicheren, Lagern untergebracht werden. Einige Marktteilnehmer rechnen damit, dass sich hieraus auch in der nächsten Zeit ein stetiges und möglicherweise preisdrückendes Angebot ergibt. Die Gebote an die Versender unterscheiden sich insofern kaum von den bisherigen und eine mögliche Preiserhöhung hängt von der weiteren Wetterentwicklung ab. Bei ernsthaften Frösten, steigt das Angebot, bleiben die Fröste vorerst aus, bleiben die Anbieter diszipliniert. Das Zeitfenster, in dem Landwirte und Versender Preiserhöhungen durchsetzen können, ist ohnehin nur klein, wenn nämlich auch die Kartoffeln im westlichen Ausland den Schwitzprozess durchstanden haben, nimmt die Konkurrenz unter den Anbietern wieder zu. Das wird erfahrungsgemäß ab Ende November losgehen. Preise von zum Beispiel sieben Euro/dt frachtfrei Pfälzer Packstation, die zurzeit genannt werden, passen nach heutigen Notierungen auch Anbietern aus dem westlichen Ausland in die Kalkulation.
Bis Holländer, Belgier oder Franzosen mit ihrer Lagerware am Markt sind, nutzen deutsche Händler alle Chancen, die Exporte nach Süd- und Osteuropa anzuschieben und hoffen dabei, auch bei den Anschlussaufträgen die Nase vorn zu haben. Insbesondere bei Lieferungen nach Italien, Finnland, Estland und der Tschechischen Republik sind deutsche Lieferanten aufgrund der relativen Nähe im Vorteil und liefern bereits. Gerade Übergrößen werden bevorzugt gekauft und diese gibt es hierzulande in diesem Jahr preiswert und in Hülle und Fülle.
Terminbörse schützt vor Preisrisiken
Das milde Klima in Mitteleuropa ist ideal für den Kartoffelanbau und weltweit gibt es nur wenige Regionen, wo ähnlich hohe Erträge in so guter Qualität wie hierzulande erzeugt werden können. Knapp 80% aller in der alten EU produzierten Kartoffeln wachsen in der Kernanbauregion von Großbritannien bis Norddeutschland. Die hohe Anbaukonzentration wird den Produzenten in diesem Jahr allerdings lästig. Schwankungen im Ertrag und Preis sind typisch und selbst in einem Jahr wie diesem noch nicht ausgeschöpft. In einer Marktwirtschaft kann Angebot und Nachfrage nur über den Preis reguliert werden und wer sich dessen bewusst ist, muss auch mit den Auswüchsen von Extremjahren lernen umzugehen. Der Staat kann und will in den Markt nicht eingreifen, er schafft aber Rahmenbedingungen, damit die Marktbeteiligten sich im fairen Wettbewerb eigenverantwortlich behaupten können. Dazu wurde mit staatlicher Unterstützung vor sechseinhalb Jahren in Hannover die WTB gegründet.
Insbesondere für die Kartoffelwirtschaft werden viele Produkten angeboten, um auf alle Marktgegebenheiten zu reagieren. Das ist weltweit einzigartig und insofern der Bedeutung unser Produktionsregion Mitteleuropa angemessen. Dass das Instrument trotzdem bisher nicht genügend genutzt wird ist eine Unterlassungssünde der Marktbeteiligten. Es bleibt nur zu hoffen, dass aus einem Jahr wie diesem Lehren gezogen werden.
Ihr Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH