Niedersachsens Kartoffelernte mit einem Plus von 24,9%
ZMP Markteinschätzung auf der Kartoffel-Herbst-Börse in Hannover am 22.09.04
(19.09.04) Im Rahmen der „besonderen Ernteermittlung“ hat das niedersächsische statistische Landesamt am letzten Freitag sein vorläufiges Ernteergebnis veröffentlicht. Danach blieb die Kartoffelanbaufläche gegenüber dem Vorjahr unverändert, und der durchschnittliche Ertrag erhöhte sich um 24,9 %. In dem wichtigsten deutschen Kartoffelland wird in diesem Jahr mit einer Gesamternte von 5.729.426 Tonnen gerechnet.
In den kommenden Tagen wird es für die Kartoffelleute mehr Markttransparenz durch handfeste Informationen geben. Zurzeit tragen die deutschen Bundesländer mit Hilfe ihrer Ernteberichterstatter eine Menge Zahlen zusammen, die am 28.09. ausgewertet sind und dann veröffentlicht werden. Die niedersächsischen Statistiker waren wieder einmal die Ersten, die ihr vorläufiges Ergebnis vorstellten.
Auf insgesamt 125.881,2 ha (Vj.125.903,5 ha) wuchs ein durchschnittlicher Ertrag von 455,1 dt (Vj. 364,4 dt) heran. Daraus errechnet sich eine Gesamternte von 5.729.426 Tonnen gegenüber 4.587.830 Tonnen aus der Ernte 2003. Damit wird das Vorjahresergebnis um 24,9 % übertroffen, gegenüber dem Fünf-Jahres-Mittel ist das eine Steigerung von 9 %. Differenziert man in der Betrachtung nach den Kammergebieten Hannover, wo der überwiegende Anbau den Frischkartoffeln gilt, und dem Kammergebiet Weser-Ems, wo die großen Verarbeiter ihren Sitz haben, so stellt sich heraus, dass der Gesamtertrag von Veredelungskartoffeln trotz einer Flächeneinschränkung von 5,9 % mit Plus 30,3 % eine weitaus höhere Steigerung erfahren hat als die Speisekartoffeln im Kammergebiet Hannover, wo 22,1 % mehr heranwuchsen. Die Kartoffelernte 2004 übersteigt den erwarteten Bedarf damit deutlich.
In Anbetracht der extrem niedrigen Erzeugerpreise für Speisekartoffeln, die in Einzelfällen bereits für 100 kg die Zwei-Euro-Grenze unterschritten hat, werden alle alternativen Verwertungsmöglichkeiten genutzt. Der Futterwert liegt ebenso hoch, wie die Gebote der Konsumkartoffelaufkäufer. Durch eine Vielzahl von neu errichteten Biogasanlagen ergibt sich für einige Landwirte möglicherweise auch durch die energetische Verwertung ein weiteres Ventil, sich der lästigen Überproduktion zu entledigen. Insbesondere bei qualitätskritischen Partien oder Übergrößen fällt die Entscheidung nicht schwer, diesen Weg einzuschlagen, sofern sich eine solche Alternative ergibt. Trotzdem dürfte es schwer werden, allein in Niedersachsen die Mehrmenge von 1,1 Mio. Tonnen auf diese Weise zu verwerten. Allerdings dürfte die Ertragssteigerung auch in den anderen deutschen Bundesländern ähnlich hoch ausfallen, wobei dort die Erzeugerpreise höher liegen. Dadurch ergibt sich zur alternativen Verwendung eine höhere Hemmschwelle.
Am kommenden Mittwoch, auf der Kartoffelherbstbörse in Hannover, wird Christoph Hambloch von der ZMP in Bonn eine Markteinschätzung seiner Institution zum Besten geben. Am Ende wird eine ZMP-Schätzung für die deutsche Gesamternte stehen, die unter Berücksichtigung der schon bekannten Niedersachsen-Zahlen um die 12 Millionen Tonnen betragen dürfte. Das wären gut 2 Mio. Tonnen mehr als im Vorjahr. Sicherlich wird er mit ein wenig Genugtuung an seine Mahnung aus dem Vorjahr erinnern, die deutsche Kartoffelanbauflächen um 8 bis 10 % einzuschränken. Offensichtlich ist dieser Ruf ohne Resonanz geblieben; vielleicht weil sich niemand persönlich angesprochen fühlte. Doch nun, wo den Landwirten wieder einmal massive Verluste ins Haus stehen, äußern die niedersächsischen Statistiker die Hoffnung, dass sich der dringend erforderliche Strukturwandel mit einer Flächeneinschränkung beschleunigt und dass sich dadurch auch endlich eine entsprechende Mengenwirkung zeigt. Dabei prognostizieren sie, dass sich der Kartoffelanbau in den kommenden Jahren weiter in den dafür prädestinierten Regionen konzentrieren wird und dass „Grenzanbauer“ zur Aufgabe bereit sein werden.
Ideale Anbauregionen zeichnen sich durch eine hervorragende Infrastruktur aus, die durch Spezialisten in der Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Vermarktungskette aufgebaut wurde. Der breit gestreute Kartoffelanbau in ökologisch wünschenswerten Gemischtbetrieben wird unter diesen wirtschaftlichen Notwendigkeiten leiden, so die Prognose vom niedersächsischen Landesamt für Statistik.
Joachim Tietjen