Schleimfäule: Nun droht ein Importbann für ägyptische Kartoffeln
Preissprung bei französischer Lagerware
Die Nachricht, dass nach einem Schleimfäule-Befund in Großbritannien nun weitere vier Fälle in Griechenland offengelegt wurden, berührt auch den deutschen Kartoffelmarkt. Vereinbarungen zwischen der EU und Ägypten regeln, dass bei fünf Funden sofort alle Lieferungen aus Ägypten gestoppt werden. Da die Verladungen aus Ägypten noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht haben, erwarten Experten, dass eine marktbedeutende Menge ausfällt.
Am Verladekai in Alexandria herrscht große Hektik. Mit Kartoffeln beladene Container stehen für die Verladung nach Europa bereit. Diverse Schiffe sind in der Beladung oder liegen dafür auf Reede. Für die Akteure ist es ein Wettlauf mit der Zeit: Erstens gilt es bis 31.März das sogenannte Zollfrei-Kontingent zu verladen, zu dem Ägypten ohne Zoll zu zahlen, in die EU liefern darf. In diesem Jahr sind es mit 190.000 Tonnen sogar mehr als je zuvor – 100.000 Tonnen davon sind für Deutschland bestimmt. Darüber hinaus darf im Zeitraum April bis Mitte Mai zu einem reduzierten Zollsatz von 6 % eine beliebige Menge zusätzlich eingeführt werden. Über all dem schwebt aber das Damokles-Schwert: Die Schleimfäule.
Diese als Quarantäne-Krankheit geächtete Seuche will man in der EU ausrotten, weshalb die Phyto-Dienste bei der Einfuhr ein besonderes Augenmerk darauf richten. Da die Krankheit sich gerade in heißem Klima gut verbreitet, ist Griechenland äußerst sensibel und sieht ihre eigene Kartoffelproduktion durch diese Krankheit in Gefahr. Man importiert dort bevorzugt die Sorte Spunta, die in Ägypten im Streuanbau erzeugt wird und deshalb weniger gut kontrolliert werden kann. Aber nicht nur der griechische Kartoffelhandel, auch deutsche, holländische, britische und französische Kartoffelverbände erwarten von den EU-Behörden eine konsequente Anwendung der Sanktionen.
Man fragt sich nicht erst jetzt, ob es angesichts einer mehr als bedarfsdeckenden Eigenproduktion überhaupt noch nötig ist, aus Drittländern derart große Importmengen in die EU hereinzulassen. Das mit der Eigenversorgung war aber nicht immer so, denn im Frühjahr lässt die Qualität der Lagerware nach. Um in der EU jedoch eine qualifizierte Versorgungsgrundslage zu erreichen, bedarf es zumindest in Deutschland noch größerer Anstrengungen bei Produzenten und Handel. In Frankreich und Holland wurde in den letzten Jahren sehr stark in Lagertechnik investiert, was sich möglicherweise jetzt auszahlen könnte. Denn sofort nach bekannt werden des möglichen Importbanns gegen Ägypten richtet sich das Kaufinteresse der Packstationen in aller erster Linie auf französische Lagerkartoffeln, die bekanntlich in bester Optik und Beschaffenheit und außerdem in großen Mengen noch zur Verfügung stehen. Logische Folge: die Preise dafür steigen.
Schon in den Vorjahren packten einige Unternehmen französische Knollen und zeichneten diese als ägyptische aus, was wegen dem Etikettenschwindel zu saftigen Strafen führte, was aber auch zeigte, dass Fachleute in französischer Ware einen vollwertigen Ersatz sehen, allerdings mit dem Unterschied, dass die heimische Produktion nur einen Bruchteil kostet. Die Forderungen für beste französische Ware lieg mittlerweile bei 20 €/dt, deutlich teurer als zuvor, aber nur halb so teuer, wie für ägyptische Nicola. Nicht nur die europäischen Kartoffelbauern, sondern auch Verbraucher und die Umwelt könnten aus einem Importbann Ägyptens sogar profitieren. Die Verbraucher, weil sie ohne Nachteil preiswerter einkaufen können, die Umwelt, weil Lebensmittel nicht durch ganz Europa transportiert werden müssen, wenn sie doch quasi vor der Haustür zu haben sind. Ein „win-win“ Geschäft also.
Ob aber auch deutsche Lagerhalter mit ihren oft bemängelten Kartoffeln von dieser Entwicklung profitieren, muss sich noch herausstellen. Es ist zwar bekannt, dass höhere Preise zu einer völlig anderen Bewertung der Ware führen können, die Erwartungen sollten diesbezüglich aber nicht zu hoch gesteckt werden, denn erstens ist das heimische Angebot qualitativ äußerst unterschiedlich und immer noch viel zu groß und zweitens ist der mögliche Ausfall ägyptischer Knollen für Deutschland mit 30 bis 50.000 Tonnen überschaubar und schnell durch französische Importe kompensierbar.
Einen Nutzen kann nur ziehen, wer zum richtigen Zeitpunkt mit überzeugender Qualität aufwarten kann. Sollte auch uns Deutschen das gelingen, könnten auch wir mittelfristig sogar auf Drittlandsimporte verzichten. Den Beweis müssen wir antreten und die Chance ist jetzt da.
Ihr Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH