5. Warentermin-Forum der WTB Hannover AG
Warentermingeschäfte reduzieren unternehmerisches Risiko
Bestehenden unternehmerischen Planungsunsicherheiten könne mit Warentermingeschäften effizient entgegengetreten werden. Es bestehe noch erhebliches Potential in den Märkten für eine verstärkte Nutzung der Börse als Marktplatz der Risikosteuerung in Deutschland und Europa. Dieses Fazit zog Paul-Gerhard Kopatz, Vorstand der Warenterminbörse Hannover AG (WTB), während des 5. Warentermin-Forums am Donnerstag in Hannover. „Risikosteuerung und Finanzierungsmöglichkeiten gehen vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen in Produktion, Handel und Verarbeitung eine Synthese ein“, so Kopatz.
Die WTB sei ein geeignetes Instrument, Risiken zu steuern und die Solvabilität unter Basel II-Aspekten zu erhöhen. Strategische Vertriebsansätze mit Versicherungen und Finanzdienstleistern werden dazu beitragen, die Akzeptanz des Börseninstrumentariums verständlich zu kommunizieren und systemimmanente Hemmschwellen abzubauen.
Die inzwischen traditionelle Gemeinschaftsveranstaltung der Niedersächsischen Landesregierung, Warenterminbörse Hannover AG und der Clearing Bank Hannover AG zog rund 120 Gäste aus dem In- und Ausland an. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Uwe Bartels würdigte die Warenterminbörse als wichtige Einrichtung für die deutsche Ernährungswirtschaft. Im Hinblick auf eine weitere Liberalisierung des Weltagrarhandels sei davon auszugehen, daß die Preisschwankungen für Agrarprodukte weiter zunehmen werden. Die WTB schaffe die notwendige Markttransparenz und erhöhe die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, auch im Hinblick auf die EU-Osterweiterung.
Norbert Barfuss, Geschäftsführer der Westfälischen Fleischwarenfabrik Barfuss, äußerte den Wunsch nach kalkulierbaren Einkaufspreisen als Grundlage für längerfristige Abschlüsse mit dem Lebensmittel-Einzelhandel. Hier könne die WTB zukünftig eine wichtige Funktion übernehmen. Die Erhöhung der Markttransparenz sei eine wesentliche Aufgabe, die dieses neutrale System zu erfüllen habe.
Prof. Dr. Sonning Bredemeier, Chef-Volkswirt und Generalbevollmächtigter der Nord/LB, erörterte die Aufgaben, die dem Mittelstand durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz in Unternehmen (KonTraG) auferlegt werden. Das geforderte System zur Überwachung von unternehmerischen Risiken sei mit einer Preisabsicherung an der Warenterminbörse in idealer Weise abrundbar. In einer komplexer werdenden Welt müßten sich Unternehmen mit dem Thema Risiko vermehrt auseinandersetzen. Andernfalls seien sie zukünftig nicht überlebensfähig, so Bredemeier.
Dr. Reimer Mohr, Hanse Agro, stellte die praktische Umsetzung des Risikomanagements in der agrarischen Produktion unter Nutzung der WTB-Kontrakte auf Schweine und Ferkel dar. Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte, die die von der WTB angebotenen Futures nicht nutzen, seien Spekulanten, da sie auf hohe Verkaufspreise hoffen würden. Dies sei im Hinblick auf zunehmende Spezialisierungsgrade und sich verstärkende Preisschwankungen heute nicht mehr zu rechtfertigen.
Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Versicherungswirtschaft mit der WTB erläuterte Dr. Eckhardt Wilkens, Vorsitzender des Vorstandes der Vereinigten Tierversicherung Gesellschaft. Die Versicherungswirtschaft biete im Schweinesektor umfassenden Versicherungsschutz gegen Betriebsunterbrechung, Ertrags-, Elementar-, sowie Seuchenschäden. Die Versicherung gegen Preisrisiken in Zusammenarbeit mit der Börse sei hier eine sinnvolle Ergänzung, schließlich handele es sich bei beiden Bereichen um Dienstleistungen im Bereich Risikomanagement.
Aufgegriffen wurde dieser Gedanke auch von Dr. Dietrich Heine, Mitglied des Vorstandes der Vereinigten Hagelversicherung. Preisversicherungen auf Basis von Warenterminkontrakten seien ohne großen Aufwand in die bestehende Vertriebsstruktur der Versicherungen zu integrieren. Eine große Breitenwirkung und die Herabsetzung bestehender Zugangsbarrieren seien in einer solchen Kooperation erreichbar.
Zu den Referenten des 5. Warentermin-Forums gehörten auch Werner Hilse, Vizepräsident des Landvolk Niedersachsen, der über die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Warenterminkontrakten sprach, und Prof. Dr. Hans-Heinrich Peters, Vorstand der Börsen Aktiengesellschaft, Hannover/Hamburg. Er referierte über die Notwendigkeit, an liberalisierten Märkten Risikosteuerungsmechanismen im Unternehmen einzusetzen.
Kirsten Kemme, Relationship Management Rabobank, stellte derzeitige und zukünftige Möglichkeiten der Lagerbestandsfinanzierung für Getreide vor. Der heute genutzte Weg der Finanzierung auf Grundlage von Interventionspreisen sei in einem weiteren Schritt auch auf Basis von Futures durchführbar. Ein interessanter Aspekt, im Hinblick auf den sukkzessiven Abbau der Interventionen.
Die Umsetzung dieses Gedankens, marktpreisorientiert eine Off-Balance-Finanzierung durchzuführen, begrüßte Ralf Gebler, Leiter Finanz- und Rechnungswesen der Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord, und erörterte den Nutzen aus Sicht des Agrarhandels.
Am Beispiel der Energiewirtschaft erläuterte Dr. Werner Brinker, Vorsitzender des Vorstandes der Energieversorgung Weser-Ems, aktuelle Entwicklungen des jüngst liberalisierten Strommarktes. Er schilderte die Erfahrungen seines Unternehmens aus der mit der Öffnung der Märkte resultierenden Gratwanderung zwischen Wettbewerb und Versorgungssicherheit.