Algo Trading: High Tech an der Börse - Computer im Aktienhandel
High Tech an der Börse - Computer im Aktienhandel
Von Rolf Benders
Handelsblatt Frankfurt (26.08.06) - Erst hat der Einsatz von Computern an der Börse den Parketthandel nahezu verdrängt, nun droht er den Händlern bei den Banken den Arbeitsplatz streitig zu machen. Doch die internationalen Börsen profitieren vom wachsenden Einsatz von Computern im Aktienhandel.
Allein im elektronischen Handelssystem Xetra der Deutschen Börse stieg der Anteil der Orders, die autonom von Rechnern generiert wurden, zuletzt auf 30 Prozent. 2003 waren es nur knapp 15 Prozent.
(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200039&_t=ft&_b=1126677)
"„Mittlerweile befinden sich bestimmte Kundengruppen in einem High-Tech-Rennen um die besten Algorithmen, die schnellsten Leitungen und die besten Rechner“"
Hätte ich in Frankfurt eine schnellere Datenleitung als in München?
Denke mal schon, aber hätte gerne eine kompetentere Antwort, als die, die meinem Vermutungsdenken entspricht :)
Ist bei kurzfristigstem Trading ein Umzug also notwendig bzw. ratsam?
Natürlich müsste der Computer auch nicht gerade ein PIII Notebook sein, also darf den Zeitvorteil nciht durch zu langsame Berechnungen zunichte machen.
Oder ist es für unsereins Blödsinn, weil nur eine direkte Anbindung an die Börsencomputer genug Speed hat und die Unterschiede beim Wohnort eine untergeordnete Rolle spielen?
Ist reines theoretisches Interesse. Ich plane nichts in der Richtung. Warnungen also überflüssig :)
Gruß
Hallo Gautama,
da ich mich von der technischen Seite nicht gut genug auskenne bringe ich nur ein Stichwort ein :
Co-Location Server / EUREX Proximity Services
Da es im Millisekunden Bereich wirklich Unterschiede in der Schnelligkeit macht ob Du in Frankfurt oder München bist, bietet die Börse an einen Server sozusagen "in der Börse" zu mieten. Heisst also, Deine Algos sind auf dem Server direkt neben oder möglicherweise im Matchingzentrum der EUREX....die Frage die sich dann aber stellt ist wie Du Deine Codes gegenüber neugierigen Mitmenschen sicherst :-)
Wie gesagt, ich weiss von der technischen Seite her zu wenig darüber und wollte es nur als Stichwort einbringen.
Gruss
http://www.eurexchange.com/download/documents/publications/Eurex_Technology_Roadmap.pdf
@ Phantom of the Pits [#3]
Danke.
Da es für ganz kurzfristiges Trading ja eine Rolle spielt, in welcher Reihenfolge die Ticks zur Berechnung herein schneien (der Backtest fand ja schließlich vorher auf den geordneten Daten, wie sie korrekt hätten reinkommen sollen statt), muss man also zum Einen eine kurze Leitung für die hereinkommenden Daten und eine weitere kurze Leitung für die Orderübermittlung haben. Natürlich dazwischen einen schnellen Computer für die Orderberechnung.
Das Problem mit der Codesicherung werden ja dann auch "die Großen" haben. Die deutsche Börse dürfte sich jedoch selber ins Bein schießen, wenn sie eine Sicherung der Codes nicht gewährleisten würde.
Habe mit dem Stichwort EUREX Proximity Services gegoogelt und sehe, dass es große Anstrengungen gibt, den Algotradern den Weg zu ebnen. Sowohl was die Hardware, als auch den Datenstrom betrifft.
Also der Aufwand steigt wohl exponentiell mit der Verkleinerung der Zeitfenster an. Das ist eindeutig eine ganz andere Liga, als ich sie jemals spielen werde.
Gruß
@ gautama2 [#4]
Ist zwar auch nicht direkt meine Liga, aber "der Markt" für solche Ordersysteme ist nicht nur ein Wettlauf um die schnellsten Bit's zu "einer" Börse.
Letztendlich steht sicher in den Rechenzentren der einzelnen Börsen jeweils ein eigener Rechner als schnellstmöglich Daten- & Orderschnittstelle, aber kaum ein System kommt ohne globale News/Intermarket Bewertung aus. Da nicht jeder sein eigenes Seekabel hat, kommt der Suche nach dem Optimalen Serverstandort für das Maching der verschiedenen lokalen Informationen aktuell die größte Bedeutung zu.
Die lokalen "Orderserver" sammeln "nur" fleißig ihre Daten und managen die lokalen Orders nach hier meist festen Regelwerk. Die Gewichtung und die Umschaltung von Regelsätzen erfolgt zumindest bei ein paar der "großen" über ein zentrale Hintergrundsysteme. Hier geht es dann schon wieder mehr um Ausfallsicherheit und Hochverfügbarkeit als um reinen Speed, da ja hier z.B. keine 500 L2-Orderbücher des S&P mehr übertragen werden müssen, sondern nur noch eine endliche Zahl von erkannten Marktzuständen, was dann eventuell wiederum nur durch kurze Steuersequenzen bestimmte Ordervarianten aktiviert.
AlgoTrading ist nicht nur Speed, es geht um optimal verteilte Rechnersysteme.
Die Codesicherheit ist meist irrelevant, da läuft kein offener TradeStation-Script. Diese Systeme sind hart programmiert und laufen als ausführbare Anwendung. losgelöst vom Gesamtsystem fast nutzlos, da selbst Rückübersetzen wenig bringt. Und niemand fremdes wird in diesen Rechenzentren jemals in die Nähe eines ihm nicht gehörenden Rechnersystems kommen, das versteht sich anbieterseitig von selbst.
Der Aufwand in immer kürzeren Zeiteinheiten steigt zwar exponentiell, aber nicht unendlich. Die Kunst ist es, die jeweils aktuellen Grenzen der Clearingsysteme der Börsen genauso zu kennen, wie die aktuellen Möglichkeiten der "Gegner". AlgoTrading läuft meist immer so langsam wie möglich.
Bestimmte Systeme sind alleine schon deshalb auf etwas langsameren dafür aber konstanten Handel ausgelegt, weil sonst aus der Ordergeschwindigkeit im zeitlichen Verlauf durch Fremdsysteme Rückschlüsse auf die jeweils eingesetzte Handelsregel gezogen werden könnten. Das Verfahren der konstanten Antwortzeiten ist auch in der Cryptoanalyse bekannt, damit dort nicht aus den Zeiten der Keyabweisung nicht herausbekommt, wie viele "Stellen" eines Keys "noch falsch" sind(bzw. wieviele schon richtig).
Gute Datenanalyse und Systemtests auf diesem Level sind meist genau so wichtig wie die Handelslogik die dann ein paar Orders erzeugt und ausführt.
Codesicherung bedeutet hier nicht immer das physische "wegschließen" und abschotten der IT-Technik. Das worauf es ankommt, steht einfach manchmal einfach nur zwischen den Zeilen.
Wer Lust hat, da mal genauer einzusteigen, der kaufe sich für 20.000€/Jahr/Marktsegment von der Eurex die historischen Orderbuchdaten und versuche da mal verschiedene Sachen zu erkennen. Wer da was "gutes" findet, der findet auch jemanden, der ihm das abkauft und es dann als EUREX-Member irgendwo direkt ausführen läßt.
Ein interessanter Artikel in der FTD
Norweger schlagen Algotrader
http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:bewaehrtes-marktverhalten-norweger-schlagen-algotrader/70031230.html
Larsen und Veiby hatten 2007 entdeckt, dass sie mithilfe der Online-Handelsplattform Timber Hill Einfluss auf die Kurse bestimmter Aktien an der Börse in Oslo nehmen konnten. Es handelte sich um Anteilsscheine von drei norwegischen Unternehmen, die relativ wenig gehandelt wurden.
Online Plattform Timber Hill? Die meinen wohl die TWS. Bemerkenswert finde ich, das die beiden ursprünglich Bewährungsstrafen dafür bekommen haben. Wahrscheinlich deshalb weil ein kleiner privater Händler sich nicht so einfach wehren kann. Jeder Bankmitarbeiter wäre bei gleichem Vorgehen von seinem Vorgesetzen gelobt und mit höheren Boni belohnt worden.
@ xforce [#6]
aus dem von Dir angegebenen Artikel:
"...Erst letzten Monat hat die UBS vergessen, bei einem Algorithmus eine Preisuntergrenze zu setzen." Dadurch habe er die von der Schweizer Bank verkauften Aktien sehr billig bekommen. "Anschließend haben sie mich angerufen und mich aufgefordert, das Geschäft rückgängig zu machen." Das lehnte Larsen jedoch ab..."
Da sieht man mal, wieweit diese Algo-Jungs/Maedels der Realitaet entwichen sind - oder ist einem von Euch mal in den Sinn gekommen bei "selbst verschuldeter" vergessener Limitsetzung, den Broker aufzufordern die Transaktion rueckgaengig zu machen ?
ciao,
zentrader