Baumwolle: Knappheit droht historische Dimensionen anzunehmen !
Bei Baumwolle führt kein Weg an wesentlich höheren Preisen vorbei – Die Knappheit droht historische Dimensionen anzunehmen
(14.11.2003) Baumwolle in New York befindet sich in einer Korrekturphase. Sie ist angesichts der vorausgegangenen, stark spekulativ geprägten Hausse bisher recht gering ausgefallen. Nächstes Ziel könnte es sein, die Mitte Oktober auf den Charts entstandene Lücke (gap) zu füllen. Zudem müssen den spekulativen Fonds ihre noch immer oder schon wieder hohen Kaufengagements verleidet werden. Hinzu kommt die am 20. November beginnende Liquidation des Dezember-Kontrakts. In deren Vorfeld kann sich der Verkaufsdruck fortsetzen.
Bei allem bleibt zu bedenken, dass der Terminmarkt für Baumwolle in New York sehr eng ist und traditionell stark von kommerziellen Kräften beherrscht wird. Interessen spielen daher beim Geschehen dort eine weitaus größere Rolle als an den breiteren Märkten. Folglich kann es phasenweise lange dauern, bis sich offenkundige fundamentale Gegebenheiten angemessen durchzusetzen vermögen.
Letztlich wird kein Weg an sehr viel höheren Preisen vorbeiführen. Versuchen wir einmal historische Maßstäbe anzulegen, so können wir uns einen Anstieg auf deutlich mehr als 1 Dollar je Pound durchaus vorstellen. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass die spekulativen Fonds wieder Morgenluft wittern dürften und die Notierungen wenigstens für kurze Zeit exzessiv weit nach oben treiben könnten.
Die fundamentale Situation ist zu diesem Zeitpunkt recht klar. Baumwolle wird knapp; wahrscheinlich sogar knapper, als es sich viele heute vorstellen. Das hat der am Mittwoch erschienene neue „Erntebericht“ des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) gezeigt. Die Faser wird 2003/04 (August/Juli), gemessen am absoluten Überhang zur kommenden Saison hin, so knapp wie seit 1994/95 nicht mehr. Doch das Entscheidende ist der Überhang im Verhältnis zum geschätzten Verbrauch. Hier dürfte ein so niedriger Wert erreicht werden, wie er in der moderneren Geschichte des Baumwollmarktes kein Beispiel findet.
Vor diesem Hintergrund sind wir davon überzeugt, dass die Preise wieder anziehen und letztlich auf ein wesentlich höheres Niveau steigen müssen, um den Bedarf zu dämpfen und starke Anreize zu höherer Produktion zu geben. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Getreide und Ölsaaten (Baumwolle nimmt eine Zwitterstellung zwischen Ölsaaten und Fasern ein) ebenfalls sehr knapp werden. 2004/05 wird daher in einer Reihe von Ländern ein Wettbewerb um die verfügbare Anbaufläche eintreten, bei dem Baumwolle durchaus den kürzeren ziehen kann.
Das USDA hat seine Schätzung der Weltproduktion 2003/04 an der Faser gegenüber Oktober von 94,5 Millionen Ballen (je 480 Pound) auf 92,14 Millionen Ballen gesenkt. 2002/03 wurden 87,99 Millionen Ballen erzeugt. Der Weltverbrauch soll 2003/04 gegenüber der vergangenen Saison von 98,22 Millionen Ballen auf 97,69 Millionen Ballen sinken. Daraus errechnet das USDA einen Rückgang des Weltbestands in der laufenden Saison von 36,76 Millionen Ballen auf 31,66 Millionen Ballen.
Die rein amerikanische Bilanz des USDA weist für 2003/04 einen Rückgang des Bestands von 5,38 Millionen Ballen auf 4,25 Millionen Ballen aus. Der Export soll gegenüber der vergangenen Saison von 11,9 Millionen Ballen auf 13,2 Millionen Ballen wachsen.
Wir vermuten, dass das USDA seine Exportprognose mit 13,2 Millionen Ballen um mindestens 1 Millionen Ballen zu gering angesetzt hat. Es scheint den chinesischen Bedarf amerikanischer Qualitätsware viel zu konservativ angesetzt zu haben. Daher ist es höchst zweifelhaft, ob der Baumwollbestand in den USA 2003/04 wirklich nur auf 4,25 Millionen Ballen sinkt. Doch schon mit dieser Menge wäre er extrem gering.
(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)