Dax: Das große Geld wird an nur wenigen Tagen verdient
Nachfolgend einige Statistiken, die in den Vertriebsabteilungen der Investmentgesellschaften zu den Klassikern zählen.
Fazit: Buy and hold. Aber vor allem aber: BUY :-)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt / hbe (02.08.06) - Eine hektische Anlagestrategie mit häufigem Verkauf und späterem Wiedereinstieg kann an der Börse kostspielig werden. Versäumt man nur den besten Tag eines Börsenjahres, kann das die Gesamtrendite eines Portfolios um mehr als 5 Prozentpunkte schmälern, wie eine Studie der Fondsgesellschaft Fidelity zeigt. Wer beispielsweise in den vergangenen zehn Jahren voll im Deutschen Aktienindex Dax investiert war, erzielte im Schnitt eine Rendite von 9,4 Prozent jährlich. Wenn man allerdings in diesen zehn Jahren an zehn Tagen, an denen der Dax am stärksten gestiegen ist, nicht investiert war, reduziert sich die jährliche Rendite auf 4,6 Prozent. Mit anderen Worten: Wer in den vergangenen zehn Jahren diese zehn Tage verpaßt hat, hat seine jährliche Portfolio-Rendite um fast 5 Prozentpunkte reduziert.
Auch für andere Aktienindizes bestätigt sich dieses Muster, wie die Fidelity-Zahlen zeigen: Wer beispielsweise in den vergangenen zehn Jahren die zehn besten Tage im Standard & Poor's500 verpaßte, dessen Rendite sank von 11,5 auf 8,1 Prozent; im Hang-Seng-Index kostete das zehntägige Fernbleiben von der Börse fast sieben Prozentpunkte. Noch dramatischer wird das Bild, wenn man statt der besten zehn die besten 20 oder 30 Tage verpaßt hat: Die Dax-Rendite schmälert sich in diesem Fall auf ein beziehungsweise sogar minus 1,9 Prozent. Auch für andere Märkte lassen sich diese Ergebnisse beobachten: So fiel der Dollar gegenüber dem Yen von 1986 bis 2003 - aber fast die Hälfte dieses Kursverlustes erfolgte an zehn der insgesamt 4695 Handelstage.
Kurssturz wie 1987 nur alle 7.000 Jahre
Dieser Befund widerspricht der gängigen Vorstellung, daß die Schwankungen von Aktienkursen mehr oder weniger normal verteilt sind. Ereignisse, welche die Aktienkurse antreiben, sind in der Vorstellung vieler Kapitalmarktmodelle zufällig verteilt und folgen einer sogenannten Normalverteilung: Es gibt sehr viele Ereignisse, die geringe Kursschwankungen zur Folge haben, und sehr wenige Ereignisse, die sehr große Kursschwankungen auslösen. Die Kursgewinne oder -verluste verteilen sich also in einer solchen Börsenwelt gleichmäßig. Besonders große Kursverluste oder Kursgewinne sind in einer normalverteilten Welt sehr selten. Damit wäre es für Anleger nicht so dramatisch, einzelne Tage an der Börse zu verpassen.
Das von den Fidelity-Daten aufgezeigten Muster hingegen deutet darauf hin, daß sich Volatilität, also Kursschwankungen, oft auf wenige Tage konzentrieren - damit werden Kapitalmärkte wesentlich unberechenbarer und unfreundlicher als in einer Modellwelt, in der sich diese Schwankungen gesitteter benehmen. Ein Paradebeispiel für solche Ereignisse waren die Anschläge des 11. September: Ein großes Ereignis mit drastischen Kursverlusten, die somit nicht die Folge vieler einzelner, kleiner Ereignisse waren - also eine massive Ballung von Volatilität. Untersuchungen zu den Schwankungen an Kapitalmärkten kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Große Kursveränderungen im Dow-Jones-Index beispielsweise kommen 2.000 Mal häufiger vor, als man es bei normalverteilten Kursbewegungen erwarten dürfte - Ereignisse wie der Kurssturz des Dow Jones im Jahr 1987 dürften sich nur alle 7.000 Jahre ereignen, wenn die Veränderungen der Aktienkurse normalverteilt wären.
„Richtiger“ Zeitpunkt spielt sehr große Rolle
Diese Unberechenbarkeit und Wildheit der Kurse versucht die sogenannte fraktale Geometrie einzufangen, deren Grundannahme darin besteht, daß die Kurse an den Kapitalmärkten nicht normalverteilt sind (siehe auch: „Finanzmarkt-Risiken sind größer, als wir annehmen“). Allerdings führen die Annahmen der fraktalen Geometrie dazu, daß große Teile der modernen Finanzmathematik - beispielsweise die Formeln von Markowitz, Sharpe, Black-Scholes - nicht mehr funktionieren. Ein weiteres Ergebnis der fraktalen Geometrie: Der „richtige“ Zeitpunkt an der Börse spielt eine sehr große Rolle, da Kursschwankungen nicht symmetrisch über die Zeit verteilt sind, sondern gehäuft vorkommen. Große Ereignisse - die öfter eintreten, als wir vermuten - haben große Kursbewegungen zur Folge, und diese Aktivitäten konzentrieren sich auf kleine Zeitabschnitte.
Aufgrund dieser Unberechenbarkeit der Kapitalmärkte raten Experten, langfristig investiert zu bleiben, anstatt in Kursturbulenzen hinein zu verkaufen: Wer nach einem Kursrutsch verkauft und anschließend nicht investiert ist, verpaßt eben aufgrund dieser Ballung von Kursschwankungen rasch die wichtigsten Tage an der Börse. Allerdings gilt dieses Argument auch in die andere Richtung: So zeigen die Fidelity-Zahlen, daß die Anleger, die in den vergangenen zehn Jahren die zehn schlechtesten Tage im Dax ausgelassen haben, ihre jährliche Rendite von neun auf fast 15 Prozent steigerten; wer die 40 schlechtesten Tage vermied, konnte sich sogar über eine jährliche Rendite von 26 Prozent freuen. Dennoch dürfte der Rat, langfristig investiert zu bleiben, die pragmatischste Lösung dieses Investment-Dilemmas sein, denn das Wissen darum, daß das ganz große Geld an der Börse nur an wenigen Tagen verdient wird, nützt wenig, solange man nicht weiß, um welche Tage es sich handelt.
Warum vergessen die Leute, welche solche Auswertungen erstellen, immer die Möglichkeit das man auch noch zusätzlich an fallenden Kursen verdienen könnte. Selbst ohne SHORTEN könnte man diese Auswertung mal über die Möglichkeit des jeweils erfolgreichen Wiedereinstiegs nach Auslassens der 10..40 Verlustreichsten Tage eines Marktes machen...
Da kommen dann so gute Ergebnisse raus, dass alle Leute diesen Vertrieben der Investmentgesellschaften die Bude einrennen, nur dann müssten die Verwalter ja auch ständig was tun ;)
Hi timetrade,
klar könnte man zusätzlich auch an fallenden Kursen verdienen, aber beim Versuch an fallenden Kursen zu verdienen könnte man leicht die besten Longtage verpassen oder ;-)?
Natürlich könnte man auch nach den 10-40 verlustreichsten Tagen wieder einsteigen, das setzt aber logisch voraus, dass man vorher ausgestiegen sein muss ;-) und wenn man draußen ist könnte wieder etwas passieren ... na du weißt schon *ggg*
liebe grüsse
tinky
Anleger, die seit dem 1.1.1999 im MSCI World Index investiert sind, haben gestern ihre Einstandkurse wieder gesehen. Nach neun Jahren Anlagedauer mit der Buy and Hold Strategie - in der Zwischenzeit hatte der MSCI-Index vom Höchststand knapp 60 Prozent zurückgesetzt - gilt: außer Spesen nix gewesen. :-)
@ wuelle [#4]
Das Ergebnis überrascht nicht. Deswegen nicht, weil in den neunzigern sowohl der US-Markt als auch Europa super gelaufen waren. Die in 2000 erreichte Situation ist ja bekannt: hohe Bewertungen nicht nur bei den damals in Mode befindlichen Internet-Aktien, sondern ebenso auch klassischen DAX- oder auch Technologie-Bluechips (z.B. Microsoft).
Was diverse der grossen Bluechips betrifft, mussten sie somit erstmal in ihre Bewertung hereinwachsen, die Kurse sind gemessen von den Hochpunkten aus 2000 (anstatt den Tiefpunkten 2003) daher nur seitwärts gelaufen.
Aber: Das alles ist Vergangenheitsbetrachtung. Die Erfahrung zeigt: Wenn etwas sehr lange seitwärts gelaufen ist, ist es oft ein super Kauf. Beispiel: Rohstoffaktien (BHP Billiton, Rio Tinto & Co). Jahrelang vernachlässigt und seitwärts gelaufen, in den letzten Jahren hingegen jedoch die absoluten Star Performer.
Fazit: Buy & Hold zahlt sich schon aus. Die Langweiler von gestern können die Starperformer von morgen sein (und umgekehrt). Die Frage ist daher stets, WAS man kauft und hält.