Richard Ebert
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° Der Kaffeemarkt bleibt auch 2003/04 gut versorgt

(16.06.2003) Die Kaffeepreise scheinen sich nach der im Mai ausgebrochenen Schwächephase nun selbst in London zu stabilisieren. Ob daraus eine weiterreichende Aufwärtsbewegung wird, hängt entscheidend von der Wetterentwicklung in Brasilien ab. Doch selbst wenn dort keine Frostgefahr aufziehen sollte, besteht noch immer eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass die spekulativen Fonds in Erwartung von Frost in Brasilien und abnehmenden Angebots ihre Netto-Baissepositionen abdecken und auf die Kaufseite überwechseln.

Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass die Versorgung mit Kaffee weiterhin gut bis reichlich erscheint. Sollten unvorhersehbare Ereignisse wie Frost in Brasilien ausbleiben, dürfte sich an diesem Zustand nichts ändern.

Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) hat in der vergangenen Woche neue Zahlen zu Kaffee vorgelegt und dabei auch einen Blick auf die kommende Saison geworfen. Es schätzt die Weltproduktion 2002/03 (Oktober/September) auf den Rekord von 122,8 Millionen Sack (je 60 Kilogramm). Die Erzeugung in Brasilien dürfte bei 51,6 Millionen Sack gelegen haben. Hier handelt es sich um die 2002 eingebrachte Ernte, die in der Weltstatistik der Saison 2003/03 zugerechnet wird, wie denn auch die jetzt hereinkommende neue Ernte dort, die das USDA mit 33,6 Millionen Sack ausweist, zur Saison 2003/04 zählt.

Der starke Rückgang der brasilianischen Ernte, der teils zyklische Gründe hat und teils auf ungünstigen Witterungsbedingungen im Spätsommer und Herbst 2002 beruht, ist der ausschlaggebende Grund dafür, dass das USDA die Weltproduktion in der kommenden Saison auf nur 107,1 Millionen Sack schätzt.

Das USDA erwartet, dass der Weltvorrat an Rohkaffee 2002/03 vor allem wegen der hohen Ernte in Brasilien von 20,3 Millionen Sack auf 27,7 Millionen Sack wächst. Die geringere Produktion in Brasilien in diesem Jahr ist denn auch der Grund dafür, dass das USDA für die kommende Saison einen Rückgang des Weltbestands von 27,7 Millionen Sack auf 20,7 Millionen Sack voraussagt.

Die Frostgefahr in Brasilien, die seit Mitte Mai die Aufmerksamkeit des Marktes immer wieder für sich beansprucht und bis Mitte August weiter beanspruchen wird, betrifft erst die Ernte 2004/05. Rein zyklische Aspekte lassen viele Experten vermuten, dass die brasilianische Produktion 2004/05 wieder im Bereich von 50 Millionen Sack liegen könnte. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Kaffeesträucher keinen Schaden durch Frost nehmen und dass von August bis November ausreichend Niederschlag fällt, um die Sträucher zufriedenstellend blühen und dann Früchte ansetzen zu lassen.

Über Brasilien hinaus wird von großer Bedeutung sein, was in Vietnam geschieht. Das Land leckt sich die Wunden, nachdem es seine Produktion in den neunziger Jahren explosionsartig gesteigert und sich damit zum führenden Erzeuger von Robustas emporkatapultiert hat. In der laufenden Saison ist die Produktion wegen unzureichender Pflege der Plantagen und ungünstiger Wuchsbedingungen von 12,25 Millionen Sack auf 10,25 Millionen Sack gefallen. 2003/04 sollen nach den Erkenntnissen des USDA aber wieder 10,75 Millionen Sack erzeugt werden. 2000/01 wurden noch 15,3 Millionen Sack eingebracht. Am Rande sei noch vermerkt, dass sich in Vietnam die Hinweise auf eine starke Ausweitung der Kakaoproduktion zu Lasten der Erzeugung von Kaffee mehren.

Kaffee ist wie kein anderes tropisches Erzeugnis zu einem Politikum geworden. Die "Dritte-Welt-Bewegung" wird seit Jahren nicht müde, auf die verfallenden Erlöse der Erzeuger und die Folgen für Produktion vor allem hochwertiger Kaffeesorten hinzuweisen. Besonders in den kleineren Erzeugerländern selbst sind Bewegungen entstanden, die dieses Thema geschickt in die Öffentlichkeit bringen.

Immer wieder wird berichtet, es würde Kaffee vernichtet, weil sich die Vermarktung nicht mehr lohne. Dies erinnert uns daran, dass während der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre in Brasilien Lokomotiven mit Kaffeebohnen geheizt wurden, weil sie anderweitig nicht abgesetzt werden konnten.

Wir erinnern uns auch an eine Phase in den siebziger Jahren, als das Rinderangebot in den USA den Bedarf weit überstieg und die Preise massiv unter Druck setzte. Um zu demonstrieren, dass sie auf den Ruin zusteuerten, ließen Rinderzüchter –natürlich vor laufenden Fernsehkameras- Gruben ausheben. Sie trieben Kälber zu diesen Gruben und erschossen sie. Dies hat die Welt in ihrer Tierliebe tief berührt und sollte die Politiker zu finanziellen Hilfen für die Rinderzüchter bewegen.

Dies sind Demonstrationen, die die Gesetze des Marktes aushebeln sollen. Alle Versuche, den Kaffeemarkt auf diese Weise zu beeinflussen, haben bisher nichts gefruchtet. Daher gilt auch hier die Regel: Niedrige Preise sind die beste Kur für niedrige Preise. Denn irgendwann sinkt die Produktion, und die Preise steigen, bis der nächste Überschusszyklus einsetzt.

(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)

Geschrieben von Richard Ebert am
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