° Die EZB spielt mit dem Feuer - Rezession in Deutschland nun offiziell
(15.05.2003) Deutschland befindet sich technisch in einer Rezession. Das steht jetzt fest, denn sein Bruttoinlandsprodukt ist nun zwei Quartale hintereinander gesunken. Damit liegt ein weiterer, gewichtiger Grund für eine neuerliche Zinssenkung im Euroraum vor. Die Zinsmärkte, allen voran die einschlägigen Terminmärkte, nehmen einen solchen Schritt bereits in den Kursen beziehungsweise Renditen vorweg.
Wenn eine Rezession wie diese wesentlich von Konsumzurückhaltung geprägt wird, sinken die Preise vor allem für Verbrauchsgüter auf breiter Front. Da bereits deflationäre Tendenzen bestehen, verstärkt eine Rezession diese noch.
Wir wissen nicht, was die Europäische Zentralbank (EZB) und Wim Duisenberg, ihr Präsident, wissen. Bekannt ist nur, dass Duisenberg in der vergangenen Woche erklärt hat, die Inflationsrate im Euroraum werde erst ganz spät in diesem Jahr unter die Marke von 2 Prozent sinken.
Am Dienstag haben zwei andere hohe Vertreter der EZB, darunter Vizepräsident Papademos, mitgeteilt, die Inflation im Euroraum werde 2003 im Durchschnitt wahrscheinlich bei 1,7 Prozent liegen. Vielleicht wussten diese beiden mehr, als Duisenberg am vergangenen Donnerstag wissen konnte, doch sticht ins Auge, dass die Aussagen krass divergieren. Denn um einen Durchschnitt von 1,7 Prozent zustande zu bringen, müsste die Teuerung in den noch verbleibenden Monaten stark zurückgehen.
Wenn sich die EZB angesichts der an allen Ecken und Enden drückenden Zahlen nicht dazu bewegen lässt, ihren Leitzins am 5. Juni gleich um 50 Basispunkte zu senken, könnte das Feuer, mit dem sie zweifellos spielt, leicht außer Kontrolle geraten.
(Quelle: Arnd Hildebrandt / Taurosweb)