° Kaffee: Frostgefahr bei Vollmond treibt die Preise
(08.05.2003) Rohkaffee haussiert, und dafür gibt es nur einen wirklichen Grund: Die abstrakte Gefahr von Frost in den brasilianischen Erzeugergebieten, wo jetzt der Winter beginnt. Sonst ist weit und breit kein Aspekt zu erkennen, der die seit etwa Mitte April zu verzeichnenden Preissteigerungen überzeugend erklären könnte. Berichte über eine Kaltfront, die sich den brasilianische Kaffeeregionen nähere, reichen nach dem Urteil von Experten nicht aus, um zu diesem Zeitpunkt aus der abstrakten Gefahr eine konkrete werden zu lassen. Folglich bildet der Markt derzeit nur eine Risikoprämie.
Die Produzenten, die Händler und die Röster wissen natürlich sehr genau um die Frostgefahr. Folglich haben sie als große kommerzielle Gruppe frühzeitig alle Engagements aufgegeben, die ihnen im Fall steigender Preise zuwiderlaufen würden. Dies scheint diesmal ausgereicht zu haben, um die Aufwärtsbewegung in Gang zu setzen. Natürlich haben sich die Terminfonds rasch angeschlossen und die Preissteigerungen weiter vorangetrieben. Das Muster des Aufschwungs zeigt jedoch, dass den Fonds erhebliche Kräfte entgegenstehen. Händler bestätigen dies, indem sie über umfangreiche Sicherungsverkäufe von Produzenten berichten.
Zu Frost in Brasilien bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die Gefahr zwar von Jahr zu Jahr neu entsteht, jedoch sehr selten wirklich konkret wird und zu Ernteausfällen führt. Das Risiko stark sinkender Temperaturen ist gewöhnlich im Juli bei Vollmond am größten, um dann bis etwa Mitte August wieder zu schwinden. Wenn aber tatsächlich Frost eintritt, gerät der Kaffeemarkt außer Rand und Band. Doch auch dann werden die Schäden zunächst meist weit überschätzt, so dass die Notierungen bald wieder in sich zusammenfallen.
Ohne Frost ist die fundamentale Lage unter Berücksichtigung des inzwischen erreichten Preisniveaus stark baisseträchtig. 2002/03 entsteht ein beachtlicher Produktionsüberschuss, der einen wirksamen Puffer gegen den 2003/04 erwarteten Rückgang der Erzeugung bilden dürfte. Wesentlicher Grund dafür ist ein starker Fall der Ernte in Brasilien. Doch schon in der neuen Saison droht ein kräftiger Wiederanstieg der Produktion dort. Auch in Vietnam, dem führenden Produzenten von Robustas, scheint die Erzeugung nach einem Rückschlag erneut zu wachsen. Die Kaffeeschwemme ist also nicht gebrochen. Es sei denn, es käme ein Frost in Brasilien.
(Quelle: Arnd Hildebrandt / Taurosweb)