Richard Ebert
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° Kakao: Die Überschussprognosen beginnen zu wanken

(26.06.2003) Die Kakaopreise stabilisieren sich am Weltmarkt nicht nur, sondern sie versuchen auch langsam anzuziehen. In New York ist dies deutlicher zu erkennen als in London. Abgesehen davon, dass das Wechselkursverhältnis zwischen dem Dollar und dem britischen Pfund immer wieder auf das Preisgeschehen einwirkt, ist Kakao von andienbarer Qualität jenseits des Atlantik schon seit geraumer Zeit latent knapp. Dies beweist die langsam chronisch werdende inverse und damit atypische Preisstruktur des Terminmarktes dort. Die in New York bereits laufende Liquidation des Juli-Kontrakts verfestigt die Situation anscheinend weiter.

Die Stabilisierung der Kakaopreise kommt zu rechten Zeit. Unter saisonalen Aspekten beginnt jetzt nämlich die Phase, in der sich die Aufmerksamkeit auf den Ertrag der neuen Haupternten in Westafrika konzentriert. In Zeiten akuter oder relativer Knappheit neigen die Notierungen in dieser Periode zum Steigen, begleitet oder sogar gefördert von mitunter windigen Nachrichten und Mutmaßungen. Und in der Tat geschieht dies auch jetzt wieder. Die neue Ernte in der Elfenbeinküste werde wohl hinter den Erwartungen zurückbleiben, heißt es in diesen Tagen mit Hinweis auf ungünstige Wuchsbedingungen. Andere Berichte sprechen von idealem Wetter und einer verheißungsvollen Blüte der Kakaobäume.

Die „silly season“ oder Gerüchte-Saison, wie diese Periode genannt wird, dürfte bis in den August hinein wohl noch so manche Nachricht bescheren, von der nur ihre Urheber wissen, ob sie Substanz hat oder der Desinformation gilt.

Das tatsächliche Marktgeschehen ist da schon aufschlussreicher. Den spekulativen Fonds mit ihren noch immer recht hohen Baissepositionen scheint der Boden langsam zu heiß zu werden. Hier liegt ein beträchtliches Auftriebspotential, falls diese Engagements abgedeckt und sogar in umfangreichere Kaufpositionen gedreht werden sollten. Zugleich mehren sich die Hinweise darauf, dass die verarbeitende Industrie zwar noch recht zaghaft, aber immerhin doch zum Kaufen geneigt ist. Bis jetzt haben die Produzenten als Gruppe in anziehende Preise hineinverkauft, doch das kann sich rasch ändern, wenn erkennbar werden sollte, dass die Kaufbereitschaft stabilere Formen annimmt.

Auch die Schätzungen zur Weltbilanz für Kakao in der laufenden Saison 2002/03 (Oktober/September) bedürfen wohl noch einer ausgiebigeren Korrektur. Hier stehen die Mittelernte in der Elfenbeinküste und die gesamte Produktion in Indonesien im Vordergrund. Berichte aus der Elfenbeinküste lassen vermuten, dass die Mittelernte mit bis zu 200 000 Tonnen deutlich zu hoch angesetzt sein und eher bei 150 000 Tonnen liegen könnte. Noch gewichtiger erscheint, dass die Indonesian Cocoa Association die Produktion 2002/03 dieser Tage auf nur 400 000 Tonnen schätzte, verglichen mit 450 000 Tonnen in der vergangenen Saison. Das Londoner Handelshaus E.D. & F. Man hatte die laufende Ernte zuletzt mit 485 000 Tonnen und die zurückliegende mit 443 000 Tonnen angegeben.

Wenn die Indonesier wirklich richtig liegen sollten, müssten jene, die für 2002/03 weltweit noch einen Überschuss voraussagen, den Rückzug antreten. Wir jedenfalls bleiben bei unserer These, dass der Kakaomarkt in einem noch Jahre fortbestehenden strukturellen Defizit verharren wird. Dies schließt aber nicht aus, dass die eine oder die andere Saison einen mäßigen Überschuss hervorbringt.

(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)

Geschrieben von Richard Ebert am
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