Richard Ebert
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° Nebel über den Märkten für Industriemetalle

Nebel über den Märkten für Industriemetalle – Irritationen unter den Verarbeitern

(29.08.2003) Ausgesprochen gemischt geht es an den Märkten für Industriemetalle her. Dabei müssten die Preise wegen der allenthalben zu vernehmenden Hoffnung auf eine nachhaltige Belebung der Weltkonjunktur, die ein deutliches Wachstum der Metallnachfrage nach sich ziehen würde, eigentlich durch die Decke gehen.

Dass dies nicht geschehen ist und wohl auch nicht geschieht, hat einige Gründe. Zum einen handelt es sich noch immer um Konjunktur-Hoffnungen, nicht um begründete Erwartungen in einen dauerhaften Aufschwung. Zum anderen haben sich die Metallpreise über die Jahrzehnte hinweg als ein lausiger konjunktureller Frühindikator erwiesen. Die Aktien der Metallproduzenten sind da aller Erfahrung nach schon wesentlich besser.

Nicht zuletzt aber scheinen die spekulativen Fonds, die über viele Monate hinweg die Preisbildung an den Metallmärkten entscheidend bestimmt haben, zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass hier wenigstens in überschaubarer Zukunft kein Staat mehr zu machen ist. Das Hin und Her und Rein und Raus hat die meisten dieser Fonds viel Geld gekostet. Sie haben erfahren müssen, dass die Produzenten letztlich jede sich entfaltende Hausse durch Sicherungs- und Vorausverkäufe (Hedges) abblocken.

Damit ist wieder einmal bewiesen, dass die Terminmärkte und auch die Großspekulanten ihre Funktion perfekt erfüllen. Erstere bieten den Produzenten die Plattform, um sich zu ihnen günstig erscheinenden Bedingungen zu "hedgen" und damit auch zu finanzieren. Letztere nehmen den Produzenten die Preisrisiken in der Hoffnung auf hochprozentige Gewinne ab.

Die andere Seite, nämlich Sicherungskäufe der Verarbeiter und des Handels, ist nahezu tot. Nur in Ausnahmefällen waren in der jüngeren Vergangenheit solche Operationen zu bemerken, so zum Beispiel bei Nickel, als sich der nun endende Streik bei Inco in Sudbury abzeichnete. Ingesamt zeigen sich die Verarbeiter nach Darstellung von Händlern stark irritiert von den Vorgängen an den sie interessierenden Märkten.

Die so gut wie nicht vorhandene Nachfrage der traditionellen Hedger lässt sich damit erklären, dass sie ihren Bedarf über langfristige Lieferverträge mit den Produzenten gedeckt haben. Es besteht in den meisten Fällen derzeit daher keine Notwendigkeit, an die Kassa- oder die Terminmärkte heranzutreten und zu kaufen. Und dort, wo es erforderlich ist, sorgen die Irritationen häufig für völlig falsche Entscheidungen.

Wann und wo immer in letzter Zeit in nennenswerten Volumina gekauft wurde, waren es, von den Fonds abgesehen, die Produzenten. Sie haben immer dann zugegriffen, wenn ihnen die Preise zu weit abzurutschen schienen. Konzertierte Stützungskäufe der Produzenten, wie sie in früheren Jahren vor allem bei Blei und Zink immer wieder zu beobachten waren, scheinen aber aus der Mode gekommen zu sein.

Immer wieder taucht in Ausblicken unverbesserlicher Haussiers die Behauptung auf, die Bestände in den von den Metallbörsen (LME und Comex) lizensierten Lagerhäusern gingen auf ein bedenklich niedriges Niveau zurück. Doch der Blick der Autoren solcher Ausblicke reicht offenbar nicht weit genug, um erkennen zu können, dass sich die Vorräte bei langjähriger Betrachtung noch immer auf einem überdurchschnittlich hohen Stand bewegen. Oder sie verkürzen ihr Blickfeld bewusst und nehmen nur Maß an den zurückliegenden zyklischen Höchstständen, die in einigen Fällen Rekordstände darstellten.

Darüber hinaus darf nie vergessen werden, dass nicht nur die sichtbaren Bestände, also die täglich veröffentlichten Börsenvorräte, zählen. Mitunter sind die unsichtbaren Bestände von sehr viel größerer Bedeutung. Sie werden von den Produzenten, vom Handel, von Großanlegern und von den Verarbeitern kontrolliert.

Wie rasch aus unsichtbaren, also statistisch nicht oder nur schwer erfassbaren Vorräten sichtbare werden können, hat sich jüngst erst bei Aluminium in London gezeigt. Dort hatte sich ein Aufpreis der Kassaware gegenüber Terminware (backwardation) herausgebildet. Damit begann das physische Aluminium aus unsichtbaren oder wenig sichtbaren Positionen in die Lagerhäuser der LME zu fließen.

Bei den Industriemetallen sind Mechanismen am Werk, die in Unkenntnis der besonderen Hintergründe nicht ohne weiteres erkannt und verstanden werden können. Und man darf nie vergessen, dass hier die Interessen außerordentlich wichtiger, sehr kapitalintensiver Industriezweige aufeinanderprallen und daher das wahre Bild von Angebot und Nachfrage immer wieder verfälschen können.

Dazu bedarf es der spekulativen Fonds erst gar nicht. Doch wenn auch sie noch mitmischen, kann es an dem einen oder dem anderen Markt zu Kesseltreiben kommen, in deren Verlauf arglose Verarbeiter unter die Räder geraten. Gerade sie müssten sich in diesen schwierigen Zeiten an den alten Kaufmannsspruch "Im Einkauf liegt der größte Gewinn" erinnern.

(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)

Geschrieben von Richard Ebert am
Richard Ebert
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