° Platin: Rasant wachsender Bedarf bei unzureichendem Angebot
Bei Platin steckt die Hausse noch in den Kinderschuhen – Rasant wachsendem Bedarf steht unzureichendes Angebot gegenüber
(25.08.2003) Auch mit Blick auf Platin besteht kein Zweifel: Die Schlagzeilen, die das Edelmetall mit seinem jüngsten Anstieg geliefert hat, waren auch das Machwerk der spekulativen Fonds. Sie sind wieder einmal massiv auf der Kaufseite eingestiegen und haben seinen Preis zuletzt auf das höchste Niveau seit Anfang März getrieben. Die offenen Kaufengagements der Fonds in New York und wohl auch an der Tocom in Tokio sind so umfangreich, dass akute Liquidationsgefahr herrscht. Verkäufe der Spekulation könnten die Notierungen in diesem sehr engen Markt beachtlich unter Druck setzen.
Doch das ist nur die eine Seite der Geschichte, nämlich die des Terminmarktes. Die andere spielt am physischen Markt. Platin ist knapp. Die Produktion reicht bereits seit 1999 nicht aus, um den Bedarf zu decken. Seither haben sich ununterbrochen Produktionsdefizite eingestellt, die, zusammengenommen, etwa 40 Prozent der gegenwärtigen Bergwerksgewinnung eines Jahres ausmachen.
Dass Angebot und Nachfrage dennoch, wenn auch zu erheblich gestiegenen Preisen, ausgeglichen werden könnten, ist privaten Hortern zu verdanken. Sie sorgen nach der Definition der Statistiker in guten wie in schlechten Zeiten dafür, dass der Markt im Gleichgewicht bleibt. Das Erreichen dieses Zustands ist nur eine Frage des Preises.
Der außerordentlich geordnete Verlauf der beiden großen Aufwärtsbewegungen dieses Jahres spricht für eine beharrliche, im trüben Licht des Tagesgeschehens nicht wahrgenommene physische Nachfrage. Als sich der Aufschwung vom Winter seiner Endphase näherte, waren beschleunigte, eindeutig auf die Spekulation zurückzuführende Preissteigerungen zu beobachten. Dann kam der Brechpunkt.
Die laufende, Ende April/Anfang Mai entstandene und noch nicht gebrochene Aufwärtsbewegung deckt sich in ihrem Muster über weite Strecken hinweg auffallend mit der vorausgegangenen. In der letzten Woche sind die Notierungen bei etwa 708 Dollar je Feinunze exakt auf dem Stand abgeblockt worden, der sie bereits Ende Februar an einem weiteren Anstieg hinderte.
Wie bereits erwähnt, könnten die exzessiv hohen Kaufengagements der Spekulation jetzt für einen Rückschlag sorgen. Doch es spricht vieles dafür, dass die physische Nachfrage diesmal keinen Raum für einen Abschwung lässt, wie er im März und April zu beobachten war.
Platin bleibt noch auf Jahre hinaus knapp. Die Produktion wächst nur langsam, während der Bedarf trotz aller mittelfristiger konjunktureller Bedenken besonders wegen der stark steigenden Herstellung abgasentgiftender Katalysatoren überproportional zunehmen dürfte. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass der Bedarf an Platin zur Herstellung von Brennstoffzellen in den kommenden Jahren rasant wachsen kann.
Experten hatten zunächst erwartet, dass die Produktion in Südafrika wegen der Erschließung neuer Vorkommen von 2005 an spürbar zunehmen würde. Jetzt sind sie sich einig darin, dass die makroökonomischen Bedingungen dort die ursprünglich geplante zügige Erschließung behindern und somit hinauszögern. Es sei denn, der Platinpreis würde bald erheblich weiter steigen. Bis die neuen südafrikanischen Projekte ausreichend Platin liefern, um die Defizite zu verringern und schließlich Überschüsse entstehen zu lassen, kann die laufende Dekade ihr Ende erreichen.
Je teurer Platin wird, desto attraktiver dürfte das zumindest optisch sehr billig erscheinende Palladium werden. In nicht zu ferner Zukunft werden die Hersteller von Katalysatoren wieder auf eine verstärkte Verwendung von Palladium umstellen. Konkrete Hinweise darauf gibt es bereits. Doch wie man es dreht und wendet, selbst dann dürfte das Angebot an Platinmetallen insgesamt nicht ausreichen, um den Bedarf zu insgesamt stabilen Preisen zu decken. Palladium würde in diesem Fall gewiss deutlich teurer, und die Verteuerung des Platins würde nicht so drastisch voranschreiten. Doch insgesamt führt auf Sicht von einigen Jahren nichts an wesentlich höheren Platinpreisen vorbei.
(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)