Richard Ebert
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° Rohöl: Kritische Fragen zur längerfristigen Versorgungslage

Am Ölmarkt sorgt der Irak nur für Unterhaltung – Die wirklich kritischen Fragen wirft die längerfristige Versorgungslage auf

(24.06.2003) Der Markt für Rohöl befindet sich in einer Art Schwebezustand. Doch das ist nur eine Momentaufnahme, denn die seit Anfang Mai laufende Aufwärtsbewegung besteht fort. Solange sie nicht eindeutig gebrochen werden kann, spricht eine Abwägung der fundamentalen Verhältnisse für einen Wiederanstieg der Notierungen.

Die aktuelle Nachrichtenlage konzentriert sich fast ausschließlich auf den Irak und auf die Frage, wann dieses Land wieder größere Mengen Öl aus seiner laufenden Förderung exportieren kann. Fest steht, dass sich alle früheren Prognosen über die Wiederaufnahme der Produktion in größeren Mengen als falsch erwiesen haben. Dies gilt besonders für die offiziellen Verlautbarungen aus Bagdad. Mehr und mehr wird erkennbar, dass es längere Zeit dauern wird, bis die zum Teil verrotteten Förderanlagen wieder funktionsfähig sind. Hinzu kommen neuerdings Anschläge auf Ölquellen und Pipelines. Nach Lage der Dinge wird mindestens der Sommer verstreichen, bis irakisches Öl in größeren Mengen auf den Markt gelangt.

Auch die Opec scheint ganz mit der Frage beschäftigt zu sein, wie sie reagieren soll, wenn der Irak wieder nennenswert exportiert. Es liegt auf der Hand, dass die aktiven Mitglieder des Kartells ihre Förderung einschränken müssen, wenn der Irak wieder als Anbieter von 2 Millionen Barrel am Tag oder mehr auftritt. Dabei ist gleichgültig, ob das Land seinen seit dem Einfall in Kuweit im Jahr 1990 bestehenden passiven Status beibehält, ganz aus der Opec ausscheidet oder wieder zum aktiven Mitglied wird. Letzteres ist sehr unwahrscheinlich, solange die Amerikaner in Bagdad das Sagen haben.

Die entscheidende Frage ist und bleibt, ob die Hauptverbraucherländer insgesamt mit Beständen in den nächsten Winter gehen, die zusammen mit der laufenden Förderung eine reibungslose Versorgung gewährleisten. Selbst wenn die ständige Wiederholung dieses Aspekts langweilig erscheinen mag, er ist der Faktor, der das große Bild des Ölmarktes bestimmt und auch weiterhin prägen wird.

Eine der großen Unbekannten ist hier, wie sich der Verbrauch entwickelt. Sollte sich die Weltkonjunktur wirklich zu erholen beginnen, wie es inzwischen vielerorts angekündigt wird, kann heute bereits vorausgesagt werden, dass das Angebot gegen Ende des dritten Quartals aus vorhandenen Beständen und der laufenden Förderung nicht ausreicht, um den nächsten Winter ohne deutlich höhere Preise zu überstehen.

Wächst der Verbrauch wegen anhaltender Wirtschaftsflaute nur mäßig oder stagniert er sogar, kann auch keine Entwarnung gegeben werden. Die Internationale Energie-Agentur, Paris, hat ihre Schätzung der Ölvorräte innerhalb der OECD in ihrem Monatsbericht vom 13. Juni zwar stark nach oben revidiert, doch stellte sie zugleich fest, dass sich die Gesamtvorräte Ende April noch immer um 157 Millionen Barrel unter dem 2002 verzeichneten Niveau bewegt haben. Ende April hätten die Bestände den Bedarf von 52 Tagen gedeckt. Der Deckungsgrad habe um 4 Tage unter dem im vergangenen Jahr verzeichneten gelegen.

Anzumerken bleibt, dass nichts, aber auch nichts, geschehen darf, was die geordnete Ölförderung in Frage stellen würde. Abgesehen von den Ungewissheiten, die den Irak umgeben, gilt die Sorge vor allem Venezuela und Nigeria. In beiden Ländern, die der Opec angehören, sind die innenpolitischen Verhältnisse so angespannt beziehungsweise labil, dass die Förderung und der Export über Nacht beeinträchtigt werden könnten.

Und da ist auch noch die Frage, was die Regierung Bush mit Iran vorhat. Aus klimatischen Gründen sind immerhin vorstellbare militärische Aktionen gegen dieses Opec-Mitglied nicht vor dem Herbst opportun. Doch wenn sich Bush für Gewalt entscheidet, dürfte auch dieses Land wenigstens für eine Weile als Anbieter ausscheiden. Die allgemeine Vorratslage würde eine Militäraktion gegen Iran zwar verbieten, doch Bush verfolgt offenbar „höhere Ziele“.

(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)

Geschrieben von Richard Ebert am
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