° Rohöl: Scharfe Korrektur in einer ungebrochenen Hausse
Scharfe Korrektur am Markt für Rohöl – Nur ein überfälliges Zwischenspiel im Rahmen einer ungebrochenen Hausse
(10.09.2003) Es kam, wie es kommen musste: Der Ölpreis ist scharf eingebrochen und hat damit alle seit April entstandenen kurz- und mittelfristigen Aufwärtstrendlinien gebrochen. Doch das ist nicht der Beginn einer Baisse. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass sich schon wieder ein Exzess nach unten hin herausbildet, der letztlich durch erneut stark anziehende Preise ausgebügelt wird.
Die Ursache für den bereits in der vergangenen Woche entstandenen scharfen Einbruch ist offenkundig: Die Haussiers hatten sich zuletzt übernommen. Vor allem die spekulativen Fonds waren in einem Maße engagiert, das nicht weiter ausgedehnt werden konnte. Ihnen stellten sich am Brechpunkt zu viele Verkäufer auch aus den eigenen Reihen entgegen, als dass sie die Notierungen weiter nach oben treiben konnten.
Inzwischen sind die Kaufengagements der Spekulation nach dem Urteil von Händlern wieder auf ein erträgliches Maß zurückgestutzt worden. Und es sind auch wieder Baissiers im Markt, die ihre Positionen sehr schnell aufgeben werden, wenn sie kein Fortkommen mehr spüren. Diese Konstellation trägt bereits den Keim des nächsten Aufschwungs in sich.
Auf der fundamentalen Seite sind neue Erkenntnisse, die den Preis nachhaltig prägen könnten, sehr rar geworden. Im Wesentlichen geht es jetzt um die Frage, wie sich die Opec verhält, wenn sie am 24. September über ihre Förderpolitik im vierten Quartal berät.
Aus dem Kartell verlautet, es gebe keinen Grund für eine Veränderung der Fördermenge. Solche Erklärungen stehen offenkundig unter dem Eindruck der laufenden Korrektur. Da sich am Preisgefüge jederzeit etwas ändern kann, haben diese Äußerungen kaum über den Tag hinaus Bedeutung.
Die staatliche amerikanische Energy Information Agency (EIA) hat die Opec jetzt aufgefordert, ihre Produktion zu steigern, um den Ölmarkt für die zunehmende Winternachfrage besser zu versorgen. Die Vorräte an Rohöl und Benzin in den USA seien nach wie vor sehr gering. Auch der Bestand an Heizöl könne sich mit Beginn verstärkter Winternachfrage als zu niedrig erweisen.
Interessant ist vor allem, dass die EIA auf Sicht von sechs Monaten jetzt Preisprognosen für Spot-Öl stellt, die sich deutlich über den derzeit herrschenden Terminnotierungen bewegen. Öl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) soll im Durchschnitt des vierten Quartals bei 29,67 Dollar und im Mittel des ersten Quartals 2004 bei 28,27 Dollar je Barrel liegen.
Die Notierungen könnten nach Ansicht der EIA auf 26 $ zurückfallen, sobald der Irak wieder in dem Umfang exportiert, der vor dem Beginn der Militäraktion üblich war. Das erscheint uns aus heutiger Sicht zwar zweifelhaft, denn die Saudis werden ihre Förderung anpassen, wenn mehr irakisches Öl fließt. Doch bis dahin wird noch viel Zeit vergehen.
Die großen Unbekannten des Ölmarktes sind unverändert die innenpolitischen Verhältnisse in Venezuela und die immer wieder aufflackernde Streikgefahr in Nigeria. Dies wird in den gängigen Marktbetrachtungen kaum erwähnt, weil die Risiken nicht greifbar erscheinen. Doch wenn sie konkret werden sollten, wäre dies eine wahre Preisexplosion wert.
(Quelle: Arnd Hildebrandt, Taurosweb)