Richard Ebert
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° Über die Hausse von Staatsanleihen und das 'Smart Money'

Über die Hausse der Staatsanleihen und das "Smart Money"

(13.05.2003) Wir wollen es, wenn irgend möglich, vermeiden, im Nebel zu stochern, und bemühen uns, das große Bild nicht aus den Augen zu verlieren. Dies ist nicht nur für die Beurteilung der Finanzmärkte, sondern auch der Rohstoffmärkte von existenzieller Bedeutung.

Es sticht ins Auge, dass die Märkte für Staatsanleihen aus dem Euroraum und den USA ihren scharfen Kurseinbruch vom März nicht nur rasch beendet, sondern auch einen geradezu phänomenalen Wiederanstieg hingelegt haben. Europäische Anleihen stehen inzwischen dicht vor ihren im März verzeichneten zyklischen Hochs, amerikanische Papiere haben ihre Hochs von damals bereits überschritten.

Natürlich kann aus rein technischen Gründen jederzeit ein Rückschlag eintreten. Das wäre auch nur gesund, denn es würde das Entstehen einer stets möglichen spekulativen Blase verhindern oder wenigstens hinauszögern. Doch dass die Hausse der Staatsanleihen in absehbarer Zeit vorüber sein könnte, halten wir für höchst unwahrscheinlich.

Was macht uns so sicher? Die Weltkonjunktur verfällt, vorangetrieben zuletzt von SARS weiter. Die amerikanische Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben zuletzt angedeutet, dass sie bereit sind, ihre Leitzinsen weiter zu senken. Ob sie es nun unumwunden zugeben oder nicht, sie haben dabei die schwache Konjunktur und ihre Konsequenzen im Auge.

Die Fed hat ihre Grundhaltung, noch verklausuliert, mit einem weiteren "unwillkommenen" Rückgang der bereits geringen Inflation begründet. Der Klartext hätten lauten müssen: "Wenn die Inflation weiter sinkt, droht die Horrorvision wahr zu werden, nämlich Deflation".

Die EZB scheint diese Gefahr noch nicht einmal in weiter Ferne zu sehen. Sie bekämpft noch immer die Inflation. Wenn die Geschichte nicht so bitterernst wäre, könnte man von einer Lachnummer sprechen. Jedenfalls lässt Don Quichotte grüßen.

Selbst Politiker wie der frühere niedersächsische Ministerpräsident Gabriel nehmen inzwischen öffentlich das Wort Deflation in den Mund. Er kann es sich leisten, denn er trägt derzeit keine Verantwortung. Für die Verantwortlichen ist das Wort offenkundig tabu.

Doch sie und auch die EZB müssen sich unter anderem fragen, was geschieht, wenn die Erweiterung der Europäischen Union (EU) durch die vielen osteuropäischen Länder in Kraft tritt. Dieses willkommene Ereignis hat unter anderem die Folge, dass der bereits horrenden Überkapazität an teuren Arbeitskräften in bedeutenden Ländern der EU weiteres Angebot hinzugefügt wird. Zwangsläufig werden damit auch die Löhne und Gehälter bei vielen "Alt-Mitgliedern" der EU sinken, was schwindenden Konsum bedeutet, denn die betroffenen Staaten sind klamm und können die Einkommensausfälle nicht ersetzen.

Dies alles läuft darauf hinaus, dass die Inflation im Euroraum wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt erst richtig zu sinken beginnt, wenn sie sich bereits auf einem selbst der EZB "unwillkommen" niedrigen Niveau bewegt. Und dies bedeutet dann spätestens den Eintritt in die Deflation.

Doch zurück zu den Märkten für Staatsanleihen. Mit ihrer erwiesenen Sensibilität spüren sie wohl heute schon, wohin die Reise geht, nämlich in Richtung "japanische Verhältnisse". Hinter dieser Sensibilität verbirgt sich nicht Mystisches, sondern der Realitätssinn des "Smart Money". Es denkt über den Tellerrand hinaus und blickt auf die nächsten zwei oder drei Jahre. Es sieht die deflationären Gefahren sehr klar.

Die einzige Anlageperspektive, die sich dem "Smart Money" noch bietet, sind die vergleichsweise sehr sicheren Staatsanleihen, die noch über ein enormes Kurspotential verfügen, wenn die Alpträume wahr werden. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit für alle, die mit Märkten zu tun haben, von eingefahrenen Gedankengängen und liebgewonnenen Vorstellungen Abschied zu nehmen. Die Regeln von gestern gelten heute nur noch unter veränderten Vorzeichen.

(Quelle: Arnd Hildebrandt / Taurosweb)

Geschrieben von Richard Ebert am
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