Diversifizierung Futures Portfolios / Einfluss auf die Wertentwicklung
Die Theorie sagt, man solle ein professionell gemanagtes Futures-Portfolio auf der Grundlage eines mechanischen Handelssystems mit Money Management möglichst weit diversifizieren, um zu einer stabilen Performance zu kommen. Die bekanntesten in Deutschland öffentlich angebotenen Futures-Fonds geben an, in 50 bis 100 Märkten gleichzeitig zu handeln.
Vergleicht man allerdings die Leistungscharakteristik (Rendite, maximaler Drawdown, Zeitbedarf für die Egalisierung der Drawdowns) solcher Portfolios mit denen von weniger oder gar nicht diversifizierten, so schneiden sie eher schlechter ab.
Ich selbst halte zwei Futures-Fonds, die extrem breit diversifiziert sind und deren Drawdowns regelmäßig die jährliche Rendite übertreffen. Daneben manage ich ein eigenes Futures-Portfolio mit nur fünf Märkten (Euro, S&P, T-Notes, Wheat, Palladium), das eine wesentlich höhere Rendite und wesentlich geringere Drawdowns aufweist als die vorgenannten Fonds. Außerdem analysiere ich derzeit ein DAX-Intraday-Handelssystem, das ohne jede Diversifizierung und ohne Money-Management seit 1997 ähnlich gut läuft wie mein eigenes Futures-Portfolio.
Da ich mir diesen erheblichen Widerspruch zur Theorie nicht erklären kann, möchte ich das Thema hier mal zur sachlichen Diskussion stellen. Mich interessieren insbesondere die Antworten auf die folgenden zwei Fragen:
1. Warum weicht die Praxis so stark von der Theorie ab ?
2. Welches Ausmaß an Diversifizierung ist ausreichend bzw. optimal ?
Hallo Ronin,
es gibt gerade in der Investment-Branche zu viele "Wahrheiten" und "Grundsätze" die unbesehen und ohne Verifikation als bare Münze herhalten müssen. Gerade für das Trading (im Gegensatz zur Investition) halte ich die Diversifikation nicht für optimal. Je genauer man mit dem jeweiligen Markt vertraut ist, um so grösser sind nach meiner Meinung die Erfolgschancen. Selbst Larry Williams bezweifelt den oft beschworenen Nutzen der Diversifikation.
Zur "notwendigen" Anzahl: Fünf Märkte sind sicher ok, mehr als 10 sollten es nicht sein. Je nach Tradingansatz (verschiedene Systeme auf den selben Markt etc.) sind sogar weniger als fünf möglich.
Ich denke dass zu diesem Thema sehr kontroverse Meinungen bestehen, am besten probiert wohl jeder selbst aus, wo er sich wohlfühlt und Geld verdient.
Gruss,
Martin
So ähnlich wie Praktikus sehe ich das auch. Ein Fonds mit an die 100 Märkte muss ja von einer zweistelligen Zahl von Managern getradet werden. Wieviele von denen ziehen den Average Profit des Fonds herunter, weil sie schlecht sind? Reine Statistik: +2 +2 -1 +3 -5 = nur +1 Durchschnitt bei einem Topgewinn von + 3 und einem Profit/Loss Ratio von 3:2. Ein Fonds, der nur Topmanager hätte würde durch seine Personalkosten aufgefressen werden. Ebenso kann man Manager durch mechanisches System ersetzen, kommt aufs Gleiche heraus.
Zu den erfolgreichsten Tradern gehören, mein Lieblingsthema, die Floortrader. Die meisten von denen handeln den ganzen Tag nichts weiter als ein Produkt, vielleicht noch ein paar verwandte dazu, möglichst während der ersten 60 Handelsminuten. Und ab in den "Feierabend", nicht wörtlich, aber fast so.
Im übrigen ist die "Theorie des optimalen Portfolios/Diversifikation" als Herrschaftswissen der Finanzbranche zu betrachten und folgt einem Zweck; dem des Machterhalts und der optimalen Gebührenstrukturierung. Der positive Beweis für die Richtigkeit dieser Theorie wird nur von denen geführt, die ein Interesse daran haben.
"Nichts geschieht, ohne das ein Interesse besteht." (G.F. Hegel)
Gruss,
Berliner
Hallo Praktikus, hallo Berliner,
danke für die Antworten, die mir einige nützliche Denkanstößte gegeben haben. Das Thema "unbewiesene Grundsätze" bzw. "Herrschaftswissen" der Finanzbranche sehe ich auch sehr kritisch.
Kleiner Hinweis meinerseits: Ein Futures-Fonds, der in 100 Märkten handelt, braucht nur einen Manager, jedoch vielleicht eine zweistellige Zahl an Buchhaltern. Das Management eines solchen Fonds erfolgt ja im Tagesgeschäft durch das automatische Handelssystem, das alle Märkte nach den gleichen Regeln handelt. Allerdings kenne ich auch einen Futures-Fonds, der eigentlich ein Dachfonds ist, er hat zwar nicht eine zweistellige Zahl von Managern, aber immerhin vier, und die Ergebnisse sind in etwa so erbärmlich, wie Berliner vorgerechnet hat.
Der Hinweis auf die spezialisierten Floortrader ist sicher richtig, allerdings betreiben die das Geschäft doch auf eine Art und Weise, die weder uns noch Fonds-Managern möglich ist, insbesondere profitieren sie von einem sehr exklusiven und konkurrenzlos zeitnahen "Herrschaftswissen".
Ich möchte noch einen eigenen Erklärungsversuch zur Diskussion stellen, auf den ich durch längere Analysen gekommen bin:
Die Theorie geht davon aus, daß die einzelnen Futures-Märkte bzw. Waren nicht oder nur ganz wenig korrelieren. Demgemäß würde eine Diversifizierung proportional zu ihrem Ausmaß eine Glättung der Performance-Kurve bringen. In der Praxis ist aber festzustellen, daß relativ häufig ziemlich viel Korrelation besteht. Wer beispielsweise einen großen Aktienindex, einen großen Zinskontrakt, eine Hauptwährung, Gold, Rohöl und Kupfer handelt, kann feststellen, daß diese scheinbar unabhängigen Commodities ziemlich stark zusammenhängen und daß er nicht selten bei allen oder fast allen gleichzeitig richtig oder falsch liegt, was dann zu sehr heftigen Schwankungen der Performance-Kurve führt.
Eine echte Diversifizierung brächten agrarische Commodities, die aber teilweise wieder untereinander ziemlich korreliert sind und im übrigen wegen der geringeren Liquidität (außer Weizen und Sojaprodukte) von den großen Fonds tendenziell gemieden werden. Ein großer Fonds kann also durchaus 100 Märkte handeln und doch faktisch nicht mehr diversifiziert sein als ein Portfolio mit einem Aktienindex, einer Nebenwährung, einem wenig konjunkturabhängigen Industriemetall und zwei weitgehend voneinander unabhängigen agrarischen Commodities (z.B. Weizen und Zucker).
Habe ich etwas übersehen? Über fachkundige Kommentare hierzu würde ich mich freuen.
Hallo!
Ich wäre mal vorsichtig mit so einer Pauschalkritik an den Finanzmarkt-Theorien, das worum es hier geht ist mathematisch bewiesen, falls ich das Thema richtig verstanden habe ;-)
Worum es hier geht ist doch wohl allgemein das Thema Portfolio-Management und Portfolio-Optimierung nach Markowitz, oder ? Ich verstehe nicht, warum Sie hier im speziellen über Future-Märkte sprechen, die Portfolio-Theorie läßt sich ja auf alle Gebiete der Finanzmärkte anwenden ? Die Kernaussage der Markowitz-Theorie (Nobelpreis 1990 für Wirtschaftswissenschaften) ist, daß es in JEDEM Portfolio eine optimale Gewichtung aller darin enthaltener Instrumente gibt, so daß das Risiko bei gleichem Ertrag minimal und somit die Performance stabiler sein wird! Um eine möglichst effizientie Risiko-Struktur in ein Portfolio zu bringen, sollte man Instrumente mit möglichst geringer Korrelation zusammenbringen.
Ich denke nicht daß es sinnvoll ist bei einer realen Umsetzung mit 100 Instrumenten anzufangen! Das wäre sogar ziemlich ungünstig, weil ja die Portfolio-Gewichtung regelmäßig neu optimiert (d.h. berechnet) werden muß und der Rechenaufwand erheblich ist! Für einen privaten Investor, der in der Lage ist das umzusetzen, sollte man vielleicht maximal 5 bis 10 Instrumente empfehlen!
Zudem ist folgendes zu beachten: Die Markowitz-Theorie stützt sich auf eine Korrelations-Analyse, d.h. auf statistische Instrumente! Diese Methode arbeitet somit vor allem mit "langen" Zeitreihen. Futures sind aber gerade für kurzfristige Investments geeignet und es existieren im Allgemeinen gar nicht genug historische Daten um eine zuverlässige Analyse vorzunehmen, es sei denn man würde entweder einen Continuous-Kontrakt erstellen oder eine Komposition aus IntraDay-Daten, was sich beides etwas schwierig gestalten würde. Zudem ist auch die Grundlage, nämlich das statistische Verhalten der Finanzmärkte, heutzutage keine "unangreifbare" Grundlage mehr, weshalb die Theorie womöglich zukünftig modifiziert werden muß.
Die Frage ist zudem, um welche "Art" des Trading es überhaupt geht, also wie lange der Zeithorizont pro Trade sein soll. Das muß man alles sensibel behandeln, so daß u.U. die Methode gar keinen nennenswerten Vorteil bringt. Und zuletzt: Manche Investoren/Trader wollen gar keine Risiko-Diversifikation, weil sie dadurch ihre Möglichkeiten beschnitten sehen! Man wird weniger flexibel! Das muß man sich natürlich alles überlegen!
Gruß!
Eine kleine Anmerkung noch zu den Korrelationen:
Entscheidend ist nicht die Korrelation der gehandelten Instrumente untereinander, sondern die Korrelation der Handelsergebnisse der Instrumente untereinander.
Diese korrelieren offenbar sehr hoch miteinander, sonst hätte doch ein "Fonds" wie der Quadriga, der "angeblich" 100 Märkte handelt, keine so hohen Schwankungen.
Wenn ich Ronin richtig verstanden habe, bezieht er sich auf die Futuresmärkte, und nicht auf Investments des längeren Zeitrahmens, auf welche sich Markowitz zuerst 1952 bezogen hat. Markowitz kannte noch nicht die Bedeutung des "Trading", und auch die späte reife Theorie, für die er 1992(?) den Nobelpreis bekam, bezog sich auf Asset Management, nicht auf Trading oder Hedge Fonds. Die Efficient Frontier Theory, ein wichtiger Baustein innerhalb der "Modern Portfolio Theory" Markowitz' besagt nämlich nichts anderes, als dass ein Aktien-Portfolio dann effizient zu nennen ist, wenn es als Benchmark von keinem anderen Portfolio übertroffen wird bei gleichem oder geringerem Risiko.
Nun wird die Gültigkeit der Markowitz'schen Portfolio Theorie für andere "investierende Tätigkeiten" des Menschen als Aktien "kaufen und halten" inzwischen angezweifelt (z.b. für den Ölsektor hier: http://www.sis.slb.com/media/software/valuerisk/SPE_62966.pdf).Die Gründe sind vielfältig (Stichworte: Slippage, Bewegung und Austausch des Portfolios, Anpassungszwänge durch schnelle Korrelationsveränderungen in z.B. den Futuresmärkten, Trading vs. Investieren, Leverage und Kreditfinanzierung als "Cash" etc).
Zweifellos hat Markowitz die Finanzwirtschaft revolutioniert. Und es ist immer gut, sich mit einem Nobelpreisträger zu schmücken, die eigenen Produkte mit ihm und seiner unanzweifelbaren Autorität auszustatten. Das hat schon Sinn, wenn man Kunden anwirbt. Aber die Realität der Forschung ist das meines Wissens nicht.
Soviel als Nachtrag zum Thema "Herrschaftswissen der Finanzbranche", zugegeben ein etwas polemisch zugespitzter Begriff. Aber wird man nicht polemisch angesichts der Performance der Hedgefonds, vgl. entspr. Thread hier im Forum?
Gruss,
Berliner
@ Berliner
Das ist ja genau mein Punkt! Die Markowitz-Methode eignet sich vom Ansatz her vor allem für langfristige Investments. Worum geht es dann also hier? Einfach nur darum ein "beliebiges" Portfolio verschiedener Futures zu managen? Wie werden die einzelnen Positionen gewichtet?
Zum Thema Nobelpreis: http://www.nobel.se/economics/laureates/index.html
Zum Thema Forschung sagen Mathematiker: Es ist gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie! ;-)
Gruß!
@ Ronin
Handelt es sich denn auch bei den Futures-Portfolios mit geringer Diversifizierung in allen Fällen wirklich um mechanische Handelssysteme? Oder werden diese zum Teil diskretionär gemanaged? Falls letzteres zutrifft, d.h. also auch diskretionäre Entscheidungen bei den gering diversifizierten Portfolios einfliessen, würde dadurch natürlich die Vergleichbarkeit mit den wirklich (voll-)mechanischen Handelssystemen geschmälert.
Ein Gedankengang dazu (etwas Logik):
Wenn wirklich bei allen verglichenen Futures-Portfolios (egal ob stark oder gering diversifiziert) der Handel (voll-)mechanisch stattfindet, könnten Unterschiede bei der Performance auf die Art der Handelssysteme zurückzuführen sein.
Wenn ein mechanisches Handelssystem für einen bestimmten Markt, z.B. Dax, besonders gut performed, kann man die Frage aufwerfen, warum man mit diesem gut performenden Handelssystem nicht auch erfolgreich andere Märkte handeln kann.
Ist das mechanische Handelssystem ohne weiteres auch auf andere Märkte anwendbar, sollte im allgemeinen nicht folgen, dass eine Ausweitung der Zahl der gehandelten Märkte (d.h. Erhöhung der Diversifikation) zwingend zu einer Performance-Verschlechterung führt (denn da vom Computer mechanisch gehandelt wird, ist die Ausweitung der gehandelten Märkte problemlos möglich).
Kommt es jedoch bei Verwendung des Dax-Handelssystems in anderen Märkten zu einer Performance-Verschlechterung, liegt dies vermutlich daran, dass das betrachtete Handelssystem wohl speziell auf die Besonderheiten des Dax-Handels zugeschnitten wurde.
Entsprechend könnte die Antwort auf die Eingangsfrage sein, dass mechanisch gehandelte Fonds mit geringer Diversifizierung deswegen besser performen, da ihre (mechanischen) Handelssysteme möglicherweise besser auf die Eigenschaften der einzelnen konkreten zugrundeliegenden Märkte zugeschnitten sind, während die Handelssysteme für Fonds mit starker Diversifizierung eher Generalistensysteme sind.
@ RSPhoenix
Dann haben wir uns missverstanden und beide das gleiche gemeint :-)
Danke für den Link nach Stockholm. Sehr interessant die Nobelpreisreden der Laureaten. Ich werde mir am Wochenende mal die von Hayek vornehmen. Libertarismus soll ja wieder en vogue sein, habe ich mir sagen lassen ;-)
Gruss,
Berliner
@Slowturtle
Genau, die Korrelation der Handelsergebnisse. Danke für den Hinweis. Aber die Portfoliotheorie meint die Korrelation der Assets. Deshalb ist Markowitz hier nicht anwendbar.
Gruss,
Berliner
Danke an alle für die vielen Anregungen.
Um es nochmals klar zu stellen:
Es geht um Portfolios, die ausschließlich aus Futures bestehen, in denen alle Märkte bzw. Commodities nach den genau gleichen Regeln von 100 % mechanischen Handelssystemen gehandelt werden und dies mit mittelfristigem Zeithorizont. Trends von mehreren Wochen bis zu mehreren Monaten Dauer sollen erfaßt werden.
Der Hinweis von slowturtle auf Quadriga ist m.E. goldrichtig. Deren Fonds hatte ich u.a. im Auge, als ich von enormen Schwankungen trotz maximaler Diversifizierung sprach, wobei ich nicht sicher weiß, ob dieser Fonds genau der o.a. Definition entspricht.
Für Portfolios nach der o.a. Definition müßte die Erklärung tatsächlich darin liegen, daß bedingt durch die versteckte Korrelation vieler Märkte nur ein bestimmtes maximales Ausmaß an tatsächlicher Diversifizierung möglich ist, das nicht erst bei 100 sondern vielleicht schon bei 10 verschiedenen Märkten eintritt und vielleicht von 5 geschickt ausgewählten Märkten auch schon zu 80 oder 90 % erreicht wird.
Hallo,
@ Ronin und alle: Wenn Sie persönlich 5 verschiedene Futures (täglich) traden, dann gehe ich einmal davon aus, daß Sie 5 Kontrakte pro Typ nicht überschreiten. Damit sind Sie viel flexibler als ein Fonds, der vermutlich (täglich) 100 und mehr Kontrakte pro Typ unterbringen muß.
Ich selber sehe das beim von mir bevorzugten Dax-Future; man sieht laufend, daß pro Order weit unter 10 Kontrakte gehandelt werden, und schon bei 2 Kontrakten bekommt man häufig 2 Ausführungen zu unterschiedlichen Preisen.
Je geringer die Kontraktanzahl pro Typ, desto flexibler und (hoffentlich) profitabler können Sie gegenüber dem Vergleichsfond sein.
Am profitabelsten müßten demnach Scalper sein, wenn man unterstellt, daß sie zwar 100+ mal am Tag rein- und rausgehen, aber das vermutlich nur mit ganz wenigen Stück und nur in einem einzigen Markt. Ich wüßte gern, mit wie vielen, aber ich kenne niemanden, den ich fragen könnte. Weiß das jemand hier im Forum?
Viele Grüße
U. Norden
Hallo Norden-Trader,
ich handle regelmäßig mehr als einen Kontrakt pro Markt, ohne Probleme mit der Marktliquidität. Selbst wenn meine Anfangsposition wegen der Größe des Kontrakts (S&P) und der hohen aktuellen Volatilität nur 1 Kontrakt beträgt, baue ich die Position mit den Gewinnen allmählich auf bis zu 5 Kontrakte aus. Bei kleinen Kontrakten wie Weizen oder Zucker starte ich mit 2 bis 3 Kontrakten und baue auf bis zu 10 bis 15 Kontrakte aus.
Der Hinweis, daß die Performance der großen Fonds unter dem großen Volumen wg. Marktliquidität leidet, ist sicher richtig. Allerdings geht es hier oft um mehrere tausend Kontrakte pro Markt.