Euribor: Die Zinsen im Euro-Raum werden klettern
Die Zinsen im Euro-Raum werden klettern
Frankfurt/Main (01.08.06) - Wer als Verbraucher von günstigen Krediten und Immobiliendarlehen profitieren möchte, der sollte sich beeilen. Die Zinsen im Euro-Raum werden weiter klettern. Die Europäische Zentralbank (EZB) will mit steigenden Leitzinsen die hohe Inflation bekämpfen, die von den Rekordölpreisen angeheizt wird und im Euro-Land auf dem für die EZB inakzeptablen Niveau von 2,5 Prozent verharrt.
Die Währungshüter machen sich Sorgen, dass die Märkte und die Bürger das Vertrauen in ihr Versprechen verlieren könnten, die Teuerung unter zwei Prozent zu halten. Deshalb wird die EZB nach gängiger Einschätzung an diesem Donnerstag (3.7.) den Leitzins von 2,75 auf 3,00 Prozent anheben. Dafür wird der EZB-Rat zu einer Sondersitzung zusammenkommen - statt wie sonst im Sommer per Telefonkonferenz zu beraten.
"Die EZB nimmt den Fuß vom Gas, aber sie macht noch keine Vollbremsung", sagt Volkswirt David Milleker von der Dresdner Bank/Allianzgruppe. Sehr vorsichtig hat die EZB in den vergangenen Wochen ihren Kurs verschärft und die Märkte auf eine langsam straffer werdende Geldpolitik eingestellt. Die Notenbank macht ernst: Zum ersten Mal seit Beginn der Zinserhöhungen im Dezember 2005 wird die EZB ihren Rhythmus beschleunigen und am Donnerstag bereits nach zwei Monaten - und nicht nach drei Monaten wie bisher - die Zinsen um 25 Basispunkte anheben.
"Die Notenbank hat zu lange an dem historisch niedrigen Satz von 2,00 Prozent festgehalten, obwohl sich die Konjunktur bereits beschleunigte", sagt Christoph Balz von der Commerzbank. "Weil sie zu spät mit der Straffung begonnen hat, muss sie jetzt zu kürzeren Zyklen übergehen."
Argumente dafür gibt es genug: Die Inflation bleibt hoch und könnte sich weiter beschleunigen, wenn Anfang 2007 die Mehrwertsteuer in der größten europäischen Volkswirtschaft Deutschland angehoben wird und höhere Tarifabschlüsse drohen. Die umlaufende Geldmenge wächst wegen günstiger Kredite im Rekordtempo. Die Konjunktur läuft im Euro-Raum noch besser als erwartet, so dass die Wirtschaft keine niedrigen Zinsen als Stimulus mehr braucht.
Unumstritten ist, dass der Schlüsselzins zur Abwehr künftiger Inflationsgefahren weiter steigen muss. Die Ökonomen erwarten in diesem Jahr noch mindestens zwei, viele sogar drei Zinsschritte. Zum Jahresende sollte der Zins bei 3,25 oder 3,50 Prozent liegen. "Es dauert fast ein Jahr, bis sich die Geldpolitik auf die Realwirtschaft auswirkt", sagt Balz. "Die EZB sollte sich ranhalten." Bis heute ist die Geldpolitik im Euro-Raum nicht neutral, sondern immer noch wachstumsfördernd. Das "neutrale" Zinsniveau definieren Experten mit 3,50 Prozent.
Über den weiteren Zinskurs im nächsten Jahr sind sich die Ökonomen uneinig. Einige sehen bereits eine Vier vor dem Komma, andere erwarten Zinssenkungen. "Die EZB muss vorsichtig agieren, denn die Konjunktur könnte sich schon im nächsten Jahr eintrüben ", sagt der Chefvolkswirt der BHF-Bank, Uwe Angenendt - und das just zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zinserhöhungen voll wirksam werden. Es gibt beträchtliche Risiken für die Gesamtwirtschaft, die von der Krise im Nahen Osten, den hohen Ölpreisen und den Steuererhöhungen Anfang 2007 herrühren.
Die EZB hält sich jeglichen Handlungsspielraum offen. "Wir legen uns nicht im Vorhinein fest, sondern entscheiden auf Basis der aktuellen Daten", betont EZB-Präsident Jean-Claude Trichet immer wieder. Eine einmalige frühe Zinserhöhung bedeutet daher nicht zwingend, dass die EZB das Tempo der Normalisierung des Zinssatzes anzieht und den bisherigen Dreimonatsrhythmus verlässt./(dpa)
(Quelle: http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1154409918252.shtml)