Futures, Optionen oder Hebelzertifikate handeln ?
Futures, Options, Spreads: Ihre häufigsten Fragen!
von Sebastian Hell
Emfis.com (23.11.06) - Da in den U.S.A. die Börsen aufgrund eines Feiertags (Thanksgiving) heute geschlossen sind, bleibt mir etwas Zeit die häufigsten Leserfragen der letzten Wochen abzuarbeiten. Oft tauchte die Bitte auf, ob ich nicht auch Zertifikate oder Optionsscheine in meiner täglichen Kolumne oder meinem kostenlosen Trading Letter veröffentlichen könnte.
Dieser Schritt wäre möglich und ich werde ihn auch gelegentlich in Betracht ziehen, allerdings halte ich Hebelzertifikate für absolut ungeeignet um an den Rohstoffmärkten zu handeln. Beispielsweise hat man bei vielen Hebelprodukten nicht die Wahlfreiheit welchen Kontraktmonat man handeln möchte.
Ein aktuelles Beispiel ist Live Cattle. Laut dem letzten Cattle on Feed Report wurden 13% weniger Tiere in der Mast platziert als im Vorjahr. Konkret bedeutet dies, dass in etwa sechs Monaten (April) mit einer geringeren Anzahl an Tieren zu rechnen ist. Wenn ich nun ein Zertifikat kaufe, wird sich dieses in den meisten Fällen auf den front month beziehen (hier Dezember) dessen Aussichten momentan alles anderes als positiv sind.
Des weiteren bieten mir Zertifikate nicht die Möglichkeit Spreads zu handeln. Heute habe ich beispielsweise den Kauf eines Juni Live Cattle Futures und gleichzeitigen Verkauf des Februar Futures empfohlen. In Anbetracht des CoF Reports sieht dieser Trade sehr aussichtsreich aus.
Weiterführend würde mich als Investor stören, dass man bei Zertifikaten potentiellen Störungen des Emittenten bei der Kursstellung ausgeliefert ist. Aufgrund technischer Probleme kann es passieren, dass temporär keine Kurse mehr gestellt werden. An den Futuresmärkten ist dieses Phänomen sehr sehr selten.
Hervorzuheben als Vorteil von Zertifikaten ist jedoch, dass man das Risiko von Overnight oder Weekend Gaps bzw. Limit UP oder Down Tagen nicht tragen muss. Dieses trägt der Emittent, nimmt hierfür aber oft einen stattlichen Spread. Wer sich jedoch auskennt, kann anstatt eines simplen Stop Loss auch mit Optionen die Positionen absichern bzw. versuchen bei Limit Tagen mittels eines Spreads das Risiko zu verringern.
Des weiteren lese ich oft in Foren, dass viele gerne Futures handeln würden jedoch nicht über das nötige Kapital verfügen. Dies mag ein Grund sein, allerdings braucht man eigentlich beim Handel mit Zertifikaten auch ausreichendes Kapital wenn man ordentliches Risikomanagement betreiben will, denn alles andere wäre nur sinnloses Zocken in den Märkten.
Interessant fand ich auch die kürzlich gestellte Frage ob der Leerverkauf von aus dem Geld liegenden Optionen nicht zu riskant sei, da der Gewinn auf die Prämie begrenzt sei, das Risiko jedoch unbegrenzt ist. Das stimmt in der Tat, weswegen es auch wichtig ist, ein kompromissloses Risikomanagement zu betreiben, welches bedrohliche Verluste verhindert. Wie bereits in meiner gestrigen Kolumne erwähnt, hat es sich bewährt leerverkaufte Optionen dann zurückzukaufen, wenn diese den doppelten Wert erreicht haben.
Der Grund weswegen ich gerne Optionen verkaufe, vor allem solche die sehr weit aus dem Geld liegen, liegt daran, dass ich eine sehr große Gewinnzone habe. Wenn ich beispielsweise Puts in einen starken Aufwärtstrend verkaufe, wie kürzlich beim S&P 500 die zudem über zehn Prozent aus dem Geld liegen mit einer Laufzeit von zwei bis drei Monaten, dann ist die Wahrscheinlichkeit auf meiner Seite, dass ich die komplette Prämie einstecken kann.
Option - Selling ist eine Strategie die unter den meisten Händlern wenig Beachtung findet, aus Gründen die mir nicht erklärbar sind. Wahrscheinlich liegt es vorwiegend daran, dass der Gewinn be- und das Risiko unbegrenzt ist. Allerdings haben Studien mehrerer Börsen und Universitäten gezeigt, dass etwa 75% bis 80% aller Optionen wertlos verfallen und das Geld somit beim Stillhalter (Verkäufer) bleibt. Was jedoch auch gesagt werden muss ist, dass es zwischenzeitlich durchaus zu einer Verdopplung der Prämie kommen kann, noch bevor der Call oder Put ins Geld kommt. Mir persönlich macht so etwas nicht aus, da ich dann die Reißleine ziehe und den Trade schließe. Je nach persönlicher Einstellung kann man natürlich auch den Stop auf die drei-, vier oder zehnfache Prämie setzen.
@Sebastian Hell
...etwa 75% bis 80% aller Optionen wertlos verfallen
Können Sie zu diesen Studien genaue Quellen nennen bzw. Links?
Meiner Ansicht nach ist es äußerst gefährlich sich von der relativ hohen Trefferquote (75% bis 80% aller Optionen verfallen wertlos) verleiten zu lassen. Es sollte der Erwartungswert beachtet werden und dort wird sich zeigen, dass es sich um ein Nullsummenspiel handelt - auch bei Short Options.
MfG
@ kanada [#2]
70-80% aller Optionen.
Mag sein, kommt drauf an welche Optionen ich betrachte. Wie sie richtig geschrieben haben. Die Erwartungshaltung
Mathematisch zu erfassen mit der Kummulativen Wahrscheinlichkeitennormalverteilung. Mir noch so geläufig das Wort, weil ich vor 18 Jahren damals ein Programm dafür geschrieben habe. Auslöser war ein Beitrag im damaligen Commodity Report.
Kann mich auch noch gut an einen DOW-Put erinneren der mit einer Totalverlustwahrscheinlichkeit von 99,99% bewertet wurde. Er kostete damals 0.01 DM. 4 Wochen später lag er auf 0,84.
Einzelne Serien nach solchen Überlegungen zu schreiben, da gehört Mut dazu, oder eine Portion Dummheit. Kommt drauf an wie man es sehen will.
Kann lange gut gehen, aber eines Tages .......
gruss
Noch zur Ergänzung. Die Statistik mag vielleicht sogar stimmen, aber Sie bezieht sich auf alle geschriebenen Optionen in allen Serien, sowohl Put und auch Call.
Sogesehen hat die Statistik recht, dennoch in der Praxis ist das quatsch.
Das schreiben einzelner Serien auf eine solche Statistik zu begründen ist schon mehr als gewagt.
Da soll sich jeder mal seinen Teil über den Beitrag denken.
gruss
@ kanada [#2]
Wir hatten hier auf TWM schon mal eine sehr detaillierte Diskussion zu so einer Statistik. Es wurden sogar zwei ziemlich gegenteilige vorgestellt.
Mal gucken was die Forukssuche hergibt.... bis später.
Ich kannte bis dahin auch nur "80% aller Optionen verfallen wertlos" - aber genaue und KONKRETE Zahlen dazu kenn ich nicht.
gruss hans
@ kanada [#2]
Meine Aussage bezieht sich auf einen Artikel aus dem Futures Magazine aus dem Jahr 2003. Die Kernaussage war, dass 76,4% aller Optionen wertlos verfallen. Des weiteren gibt es Schätzungen der Liberty Trading Group wonach etwa 82% aller Options wertlos verfallen. Außerdem bestätigte ein Sprecher der CME gegenüber James Cordier von Liberty Trading, dass laut Schätzungen der CME 74% wertlos verfallen.
Gruss Sebastian
@ Sebastian [#6]
Ich denke, das kann man alles nicht isoliert betrachten.
Z.B. ROLLEN viele Leute auch Optionen oder man kauft puts als Absicherung für LONGS und diese verfallen, aber der Kunde hatte eigentlich dieses sogar gewollt
Hier ist der andere THREAD - der sicherlich lesenswert ist:
http://www.terminmarktwelt.de/cgi-bin/nforum.pl?ST=11268&full=1
gruss hans
@ Sebastian [#6]
@ he96 [#7]
Vielen Dank für die Antworten.
An den anderen Thread kann ich mich noch gut erinnern. In dem Thread spricht past-my-prime in #21 das Problem an, auf welches ich mit dem Posting in #2 hinweisen wollte:
Die durchschnittliche Gewinn-/Verlustwahrscheinlichkeit einer Spekulationstrategie ist für ihre Bewertung unzureichend. Entscheidend für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Staretgie ist ihr Erwartungswert und wie oft die Möglichkeit besteht, sie zu wiederholen.
mfg
@ Richard Ebert [#1]
@ Sebastian [#6]
Erstmal vielen Dank, dass du deinen Lesern mal die Nachteile der ganzen Zertis auf Rohstoffe erklärst.
Aber dein letzter Absatz.....
Ohne jetzt den Oberlehrer raushängen lassen zu wollen ist das absoluter Quatsch und dann merkt man, dass du das ganze noch nicht so lange machst.
Punkt 1. Naked selling von out of the money options mag einfach erscheinen und auch erfolgsversprechend. Aber,aber,aber Extrembewegung kommen immer wieder vor und killen den ganzen Gewinn vom vorherigen schreiben. Aktuellstes Beispiel Weizen, Mais usw.
Das Problem liegt doch ganz klar darin, dass der Großteil der Marktteilnehmer in der Normalverteilung denkt und auch agiert. Funzelt oft, aber dann kommt der Killer.
Aus meiner Vergangenheit als Market Maker kann ich Dir noch hunderte von anderen Situationen erzählen, die dazu geführt haben, dass solche Aktionen zu einem händlerischen Tod geführt haben.
Schuster bleib bei deinen Leisten und analysiere die Märkte, aber lass die Finger von Optionen, so lange du nicht weißt, wie gefährlich die pussierlichen Tierchen werden können. Nur so als Tipp....
Gruß
Henning
Gegen das OTM-Shorten (plain vanilla) spricht nicht nur die berechtigte Kritik an der Normalverteilung, sondern auch das besondere Delta-Verhalten von OTMs: Sofern Strike und Restlaufzeit passend gewählt sind, braucht sich das Underlying nur relativ wenig in Richtung ATM bewegen, damit die Option vergleichsweise stark gewinnt, und umgekehrt verliert die Option nur relativ wenig, wenn das Underlying in die 'falsche' Richtung läuft. Großer Gewinn, niedriger Verlust: Das sind ziemlich vorteilhafte Kriterien, die eher für den Kauf (anstelle des Verkaufs) einer OTM-Option sprechen.
Für den Verkäufer hingegen ist dieser Delta-Mechanismus entsprechend ungünstig, und daraus folgt "eigentlich zwingend", daß er den Verkauf von OTM-Optionen eingebettet in eine Gesamtstrategie betreiben wird, in der das Delta-Risiko der OTM-Shorts abgefangen wird. Innerhalb eines solchen Konzepts taugen die OTMs dann aber als formidable Zeitwertgeneratoren.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht warum man sich dem Risiko eines Short Angagements in Optionen überhaupt antuen soll.
Ist es nicht so, dass Shorts von solchen Marktteilnehmen eröffnet werden die keine genaue Meinung zum Markt haben. Hab ich ja auch öfter mal nicht. Aber dann handle ich halt nicht. Wenn ich eine konkrete Meinung habe kann ich doch Longpositionen aufbauen und mein Verlust ist auf die Einlage begrenzt.
Gruss
@ TraderLux [#9]
Danke für Deinen Hinweis. Könntest Du bitte "Extrembewegung" näher definieren? Meinst Du damit eine heftige Bewegung an einem Tag oder aber einen Aufwärtstrend wie wir ihn bei Mais und Weizen seit mehreren Wochen sehen?
Gruss Sebastian
@ Sebastian [#12]
Ich bin zwar nicht TraderLux, aber damit sollten doch eher folgende Bewegungen gemeint sein.
http://www.terminmarktwelt.de/cgi-bin/nforum.pl?ST=8870&CP=0&F=47
gruss
@ Livetour [#10]
"das besondere Delta-Verhalten von OTMs"
Du meinst wohl das gamma-Risiko
Gruß C.
PS: Ich habe hier schon irgendwo die langfristige Evaluierung von DAX Optionen posted. Das Ergebnis bestätigt, dass die systematischen Käufer und Verkäufer langfristig mehr oder minder pari ausgestiegen sind.
@ Cicolia [#14]
Du meinst wohl das gamma-Risiko
Ganz wie Du wünschst.