wuelle
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate
Geringe Risikoprämien am Anleihemarkt
Diese Grafiken hat die FAZ veröffentlicht.
Man könnte auf die Idee kommen, bei hoher Risikoprämie strategische Longpositionen am Aktienmarkt aufzubauen.
Geschrieben von wuelle
am
Kennt jemand eine Quelle, ausser Bloomberg oder Reuters, für diese Zeitreihen im Internet?
Man könnte die These für langfristige Marktdispositionen:
kaufe Dax wenn Renditeaufschlage > 1.60 % mal testen.
Danke für Eure Hilfe.
Liquiditätsschwemme - Renditehunger treibt Anleger in gefährliche Investments
29. Januar 2004 Die Liquiditätsschwemme im internationalen Finanzsystem treibt renditehungrige Anleger mehr und mehr in riskante Investments. Dies birgt das Risiko von Übertreibungen, die eine Kurskorrektur und erhebliche Schwankungen an den Finanzmärkten nach sich ziehen können. Davor warnt der Leiter der Abteilung "Internationale Kapitalmärkte" beim Internationalen Währungsfonds (IWF), Gerd Häusler.
"Ich gewinne den Eindruck, daß internationale Anleger auf der Suche nach attraktiven Renditen zunehmend die Risiken ausblenden", sagt Häusler im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zur Begründung führt das ehemalige Vorstandsmitglied der Dresdner Bank die vielfach nur noch geringen Renditeaufschläge von Anleihen aufstrebender Länder gegenüber den erstklassigen Staatspapieren von Industrieländern an.
"Die Qualität einer Reihe von Emerging-Markets-Anleihen hat sich in den vergangenen Jahren zwar erhöht, weil sich die Fundamentaldaten dieser Länder dank einer vernünftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik verbessert haben. Verbesserte Ratings bestätigen das. Beim Blick auf die aktuellen Zinsunterschiede zwischen den einzelnen Schuldnern stellt sich aber schon die Frage, ob die hohe Bewertung in jedem Fall gerechtfertigt ist", sagt Häusler. Sollte es, was nicht auszuschließen sei, zu einem kräftigen Renditesprung an den Kapitalmärkten der Industrieländer kommen, sei mit Korrekturen an den Märkten für Emerging-Markets-Anleihen zu rechnen, die sich auch negativ auf die Realwirtschaftlich auswirken könnten.
Auswirkungen der Käufe asiatischer Notenbanken
Als einen wichtigen, wenngleich nicht ausschließlichen Grund dafür, daß die Kapitalmarktzinsen in Amerika trotz des Konjunkturaufschwungs und der steigenden Haushaltsdefizite weitgehend stabil geblieben seien, nennt der IWF-Fachmann die Käufe amerikanischer Staatsanleihen durch ausländische Notenbanken, vor allem aus Asien, in einem "bisher nicht gekannten Ausmaß".
Allein seit Beginn des Jahres seien insgesamt rund 40 Milliarden Dollar von ausländischen Zentralbanken gekauft worden. Mit einem schnellen Ende dieser Käufe, die das Ergebnis der Devisenmarktinterventionen zur Stärkung des Dollar seien, rechnet Häusler nicht. Diese Anlagepolitik sei aber schwierig zu beurteilen, da hinter den Zentralbankkäufen kaum kommerzielle Interessen steckten, "die sich allein mit Renditeerwägungen begründen lassen".
Vielfach „Carry Trades“
Die große Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen sei aber auch eine Folge der recht steilen Renditestruktur in Amerika. Der verhältnismäßig große Unterschied zwischen den kurz- und den langfristigen Zinsen und die damit einhergehende hohe Liquidität führten zu vielen sogenannter "Carry Trades", bei denen die Investoren die Zinsdifferenz ausnützten, indem sie sich kurzfristig verschuldeten und mit dem aufgenommenen Kapital langfristigere Papiere mit höherer Rendite kauften.
"Die amerikanische Notenbank hat die kurzfristigen Zinsen sozusagen festgenagelt", erklärt Häusler mit Blick auf die Zusage der Federal Reserve, die Zinsen für "beträchtliche" Zeit nicht zu erhöhen. Irgendwann aber, sagt er, müsse es zu einer Leitzinserhöhung und somit zu einer Normalisierung der Liquiditätsversorgung kommen.
"Ginge es allein um die Verfassung der Finanzmärkte, dann sollte dies eher früher als später geschehen." Andernfalls drohten Übertreibungen, die im Falle einer plötzlichen Umkehr der Zinsentwicklung nicht nur den Industrienationen, sondern auch den Emerging Markets Schwierigkeiten bereiten könnten.
Sorgfältige Risikoeinschätzung wichtig
Eine sorgfältigere Risikoeinschätzung und eine etwas straffere Liquiditätsversorgung seien nicht zuletzt deshalb wichtig, um bei einigen Schuldnern einer gewissen Selbstzufriedenheit vorzubeugen. "Wir sollten nicht der Illusion erliegen, der große Zuspruch der Investoren sei ein uneingeschränktes Gütesiegel für die Wirtschaftspolitik. Der Reformeifer in den Emerging Markets darf nicht nachlassen", fordert Häusler.
Angesichts der Dollar-Schwäche an den Devisenmärkten, insbesondere im Verhältnis zum Euro, besteht seiner Einschätzung nach "kein Grund zur Hysterie". Auch in der Vergangenheit seien zwischen Dollar und D-Mark schon Kurse auf dem aktuellen Niveau verzeichnet worden. "Wir sehen jetzt etwas vorschnell die alten Reflexe in Europa", sagt Häusler mit Blick auf Forderungen in Europa, aus Sorge um den Export und die Konjunkturentwicklung solle die Europäische Zentralbank die Zinsen senken oder am Markt intervenieren. "Interventionen können bestenfalls Zeit kaufen, sie sind aber kein Ersatz für notwendige Änderungen in der Wirtschaftspolitik." Europa und Japan seien aufgefordert, "den Wachstumsgraben zu Amerika zu verringern".
Die Vereinigten Staaten müßten ihre Finanzpolitik wieder in den Griff bekommen und die Defizite zurückführen. In den neunziger Jahren habe sich Amerika dank hohen Wachstums und hoher Produktivitätsfortschritte des Zustroms riesiger Mengen privaten Kapitals erfreut. Sie hätten in wesentlichem Maße das Defizit in der Leistungsbilanz ausgeglichen. Inzwischen wiesen die privaten Kapitalströme aber erhebliche Schwankungen auf. Andererseits sei es nur "schwer vorstellbar, daß dies auf Dauer durch Dollar-Käufe der Notenbanken ausgeglichen werden kann", sagt Häusler.
Kurzfristig mache es zwar keinen Unterschied, ob Private oder Notenbanken die amerikanischen Defizite in Leistungsbilanz und Budget finanzierten. "Langfristig aber sind die privaten Kapitalbewegungen ein besserer Indikator für einen angemessenen Wechselkurs", sagt das einstige Zentralbankratsmitglied der Deutschen Bundesbank.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.01.2004, Nr. 25 / Seite 23 , ctg.