Hedging: Yen gegen Euro

Hallo,

durch Zufall bin ich auf dieses Forum gestossen und möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Raimund und ich bin Geschäftsführer einer mittelständigen Maschinenbauunternehmung.

Ich habe folgendes Problem:

Vor einigen Jahren betrieb mein kleines Unternehmen Handelsgeschäfte mit japanischen Endverbrauchermärkten. Aus dieser Zeit stammt noch eine Verpflichtung ( für die ich leider im Zweifelsfall persönlich haften muss ), die uns dazu verdonnert eine Fertigungs- bzw. z.Z. Lagerhalle im Jahr 2015 abreissen zu lassen und zusätzlich noch Abbraum zu beseitigen. Die Kosten belaufen sich auf etwa 135000 € nach heutigem Wechselkurs, die wir 2015 aufbringen müssen. Um unnötige Risiken zu vermeiden habe ich mir gedacht, dass es vielleicht eine gute Gelegenheit ist für eine Hedging Strategie. Aus meiner Studienzeit habe ich dabei noch Forwards in Erinnerung.

Folgende Frage:

Wie sichere ich diese Verpflichtung ab, so dass mir keine Aufwendungen aufgrund von Wechselkursexplosionen die GuV um die Ohren fliegen lassen ( oder besser: wie tausche ich am 31.06.2015 135000€ gegen den Yenbetrag nach heutigem Wechselkurs ).
Würde sich ein solcher Hedge überhaupt lohnen ( wahrscheinlich nicht... )?

Ich wäre furchtbar dankbar für Informationen welche Derivate dafür am besten geeignet sind, und wo diese gehandelt werden ( bes. Forwards )

Ich lasse mich nächste Woche kompetent beraten und will nicht ganz ahnungslos vor einem Unternehmensberater Platz nehmen. Die professionelle Lösung werde ich dann hier kurz vorstellen, sollte dies erwünscht sein.

Geschrieben von Gast (nicht überprüft) am
Osten
Mitglied seit
11 Jahre 11 Monate

..."oder besser: wie tausche ich am 31.06.2015 135000€ gegen den Yenbetrag nach heutigem Wechselkurs"...

Wenn die Rücklagedeckung heute zur Verfügung steht und die Forderung 2015 in YEN fällig wird, warum nicht heute in YEN wechseln und die Rücklage mit Erträgen etwas oberhalb der japanischen Durchschnittsinflation anlegen. Derivate werden bei dem simplen Ziel & Risikoprofil kaum in Bertacht kommen müssen.
Wenn der Betrag heute noch nicht zur Verfügung steht, bietet sich ein periodischer Ansparplan auch direkt in YEN an. Hier müsste immer nur der Zeitraum bis zu nächsten Zahlung (z.B. 6/12Monate) abgesichert werden. Dies ist aber mit den üblichen Derivatelaufzeiten unter Anwendung des kleinstmöglichen Hebel möglich.

Nur nichts kompliziertes wenn es nicht sein muss. Die 2000EUR für den Betrater könnte man fast sammeln um eine Spielgeldkasse zu füllen. Damit kann dann per Derivaten versucht werden, etwas Zusatzertrag zu erwirtschaften, oder man hatte seinen Spass und freut sich der Erfahrung.

O

ladowa

Hallo Osten,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Das Geld steht bereits heute zur Verfügung, aber

- es ist leider nicht möglich das Geld heute in Yen zu tauschen, da wir diesen Posten auf jeden Fall in der Bilanz ausweisen müssen. Aufgrund des Imparitätsprinzips sind wir somit gezwungen, wenn Wechselkursverluste auftreten, diese als Aufwand ( also: Verlust ) auszuweisen. Sollten hingegen Wechselkursgewinne entstehen, darf man diese nach dem Realisationsprinzip nicht ausweisen => Pech gehabt ! Durch die anstehenden Ratings ( Basel II ) und die Hausbanken im Rücken ist dies leider keine Option, wenn man zukünftig vernünftige Konditionen für Fremdkapital aushandeln will.

- für den Ansparplan gilt das selbe.

Ein Forward wäre wahrscheinlich optimal, weil ich durch eine Einmalzahlung die bestehende Yen-Verbindlichkeit auf € festsetzen kann. Das bedeutet zwar keinen Aufwand und keinen Ertrag in der GuV, aber dafür auch keine Probleme mit den Bilanzanalytikern.

Die Frage ist nur wie teuer ein solches Geschäft ist....

ladowa

Wenn Sie mit dem derzeitigen Wechselkurs leben können und dem Yen keine weitere Abschwächung zutrauen, sehe ich die Angelegenheit so wie Osten.

Die anfallenden Zinserträge sind zwar minimal, aber die dafür an das FA abzurfühjrenden Zinseinkünfte wären dies ebenfalls.

Die Kosten einer Absicherung belaufen sich genau auf die Zinsdifferenz zwischen Euro und Yen. Oder anders ausgedrückt, sie verlieren die Zinserträge in Euro, welche durch die Konvertierung in Yen wegfallen bzw. sich auf ein Minimum reduzieren.

Ich habe die Spreads jetzt leider nicht parat. Aber angenommen die Differenz würde sich auf knapp 2,5 % belaufen, so haben Sie ein jährliches Aufwertungspotential im Yen von 2,5%.
Bei 10 Jahren wären dies mehr als 25%.

Oder anders ausgedrückt. Konvertieren Sie nicht und legen das Geld verzinslich im Euroraum an, kann sich durch den dadurch ergebenden Zinsvorteil der Yen um 2,5% pro Jahr aufwerten, ohne das Sie finanzielle Nachteile erleiden.

Das ganze setzt natürlich voraus, das der Zins bezogen auf die Laufzeit gleich bleibt.

Sollten die Mittel parat liegen, um diese Rückstellungen zu bilden, würde ich dem Vorschlag von Osten nachkommen. Konvertieren Sie jetzt bereits in den Yen. Legen Sie das Geld kurzfristig an. Die Wahrscheinlichkeit das die Zinsen in Japan steigen liegen höher als das Sie fallen oder gleich bleiben. Man vergisst schnell. 1990 waren in Japan die Zinsen bei 8%.

gruss

ladowa

Der aufsummierte Zinsspread wirkt sich gewaltig aus. Eine Lösung ist demnach schwieriger als ich gedacht habe. Trotzdem: Hauptzweck ist die Risikodiversifizierung. Eine professionelle Beratung scheint da wirklich unumgänglich.

Trotzdem vielen Dank. Sollte noch jemand eine mögliche Lösung parat haben; ich bin immer dankbar für mögliche Vorschläge.

he96
Mitglied seit
11 Jahre 11 Monate

@ Raimund,

nah das ist aber ein tolles Ei ins Nest gelegt worden. Wer hat das Geschäft denn gemacht - ist der wenigstens schon entlassen ?

ALSO: 135.000€ zu heutigen Kursen: (EUR/JPY ca 135) sind also ca. 18.225.000 JPY die Du im Jahre 2015 brauchst. Du musst nicht 135.000 Euro konvertieren - da hättest Du ein Problem, da ja der JPY Betrag fest steht und nicht der EUR Betrag.

Kursicherung: Einfach ein Devisentermingeschäft machen mit Laufzeit von 11 Jahren. Zinsdifferenz berücksichtig ergibt das einen handelbaren Abschlag im Markt von -34,35 zu -32,71. D.H. der Terminkurs für 11 Jahre ist ziemlich genau bei EUR/JPY 100,00.

Dies bedeutet Du musst HEUTE € 182.250 gegen JPY auf Termin kaufen und hast damit eine Kurssicherung für den ganzen Zeitraum. Der "Verlust" von ca. 25% sind die Kurssicherungskosten durch den Zinsabschlag. Diesen Betrag müsste über Kreditlinie "hinterlegt" sein oder als "Bargeld" zu ca. 65-70%. Hierauf gäbe es dann natürlich noch ein paar kümmerliche Zinsen.

In den letzten Jahren war EUR/JPY zwischen 90 (schlecht für Dich) und 160 (gut für Dich). Wie sowas sich weiterentwickeln kann, kann Dir niemand sagen. Das kann ALLES werden. Über 11 Jahre schliesse ich Kurse von 20 und von 300 nicht aus. D.h. Du bist ein böser Spekulant :-)

Übrigens sollte Dir das obige jeder Firmenkundenbetreuer Deiner Bank erzählen und vorrechnen können. Dafür brauchst Du keinen consultant. Der kann eh nicht zaubern. Wenns zur Absicherung kommt, würde ich mind. noch 2 Vergleichsangebote von anderen Banken einholen, damit sich DEIN Banker nicht versehentlich zuviel Marge bei diesem -etwas ungewöhnlichem- Geschäft abschneidet :-)

gruss hans

PS: historische Kursentwicklung der letzten 3,4 Jahre ging (geht?) zu Deinen Gunsten

marber
Mitglied seit
12 Jahre

Hallo,

wie wäre es mit folgendem ?
Anstatt EUR/JPY auf 2015 zum Kurs von 100 zu verkaufen (=JPY kaufen), die andere Seite machen: EUR/JPY zu 100 kaufen.
Unlogisch ?
Nicht ganz.
Aber die Ausführung ist auf die lange Laufzeit und für den kleinen Betrag genauso schwierig, führt aber zu einer anderen Rechnung.

Zur Durchführung dieser Idee einen JPY-Kredit auf 6-Moants Libor Basis aufnehmen.
Den JPY-Kreditbetrag in der Kasse gegen EUR verkaufen. Der erhaltene EUR-Betrag kann zur Reduzierung von EUR-Schulden verwandt werden (best) oder in einen
6-Monats EUR Floater angelegt werden.
Beide Seiten alle 6 Monate rollen bis zum Jahre 2015
Dadurch wir ein synthetischer Swap erzeugt der sich anfänglich auf der aktuellen 6-Monats-Zinsdifferenz errechnet.
Risiko: die Zinsdifferenz veringert sich über die Geamtlaufzeit oder schlägt sogar um (JPY-Zinsen höher als EUR-Zinsen).

EUR/JPY im Jahr 2015
Szenario 1: > aktueller Kurs: Kauf der JPY zur Bezahlung und Rückkauf des JPY-Kredites = Optimal, da keine Kurssicherungskosten angefallen und aus der Zinsdifferenz zwischen JPY-Kreditaufnahme und EUR-Geldanlage Gewinne entstanden sind.
Scenario 2: > 100 und aktuellem Kurs: Kauf der JPY zur Bezahlung und Rückkauf des JPY-Kredites = Teiloptiomal, da Kursgewinne auf den zurückgekauften Kredit anfallen, die aber mit Teile des teueren JPY-Kaufs für die Bezahlung der Rechnung verrechnet werden müsssen
Szenario 3: < 100: Kauf der JPY zur Bezahlung und Rückkauf des JPY-Kredites = Schlecht, da sowohl der Kredit teuerer zurückgekauft werden muss, als auch die JPY zur Bezahlung teuer gekauft werden müssen.
Unter 100 ist man doppelt negativ dabei - aber was ist die Alternative ?

Diese ganzen Betrachtungen können nur auf Annahmen gemacht werden, da es sich hier um 3 Variabeln handelt
6 Monats JPY Zinsen
6 Monats EUR Zinsen
EUR/JPY Wechselkurs alle 6 Moante zum Kauf von JPY-Zinsen und bei Fälligkeit 2015.
Außerdem sind in diesen Betrachtungen keine (Kunden-)Kreditmargen enthalten. Diese sind in der Annahme für JPY- und EUR- Kredite gleich hoch und über die gesamte Laufzeit konstant.

Osten
Mitglied seit
11 Jahre 11 Monate

..."es ist leider nicht möglich das Geld heute in Yen zu tauschen, da wir diesen Posten auf jeden Fall in der Bilanz ausweisen müssen. Aufgrund des Imparitätsprinzips sind wir somit gezwungen, wenn Wechselkursverluste auftreten, diese als Aufwand ( also: Verlust ) auszuweisen. Sollten hingegen Wechselkursgewinne entstehen, darf man diese nach dem Realisationsprinzip nicht ausweisen => Pech gehabt !"...

Sorry, entweder verlässt mich gerade meine Bilanzlogik oder es fehlt noch eine entscheidende "Kleinigkeit". Die Grundsätze der Einbuchung gemäß "Imparitätsprinzips" & "Realisationsprinzip" sind soweit OK, aber sie werden nominal neutralisiert durch die wohl hoffentlich auch schon eingebuchte zweckgebundene Rückstellung der YEN Forderung des Jahres 2015 (in Bilanzwährung=EURO!). Bei sofortiger Konvertierung der Forderung in YEN und Anlage dieser Summe, müssten nur die Zinsertäge dieser Anlage gemäß oben genannter Prinzipen behandelt werden ! Die Rückstellung ist und bleibt dabei völlig währungsneutral und steuerneutral, obwohl sich der jährlich EURO nominal Betrag durchaus ändern wird.

Denn:
1. fällt der YEN (Kursverluste) fällt exakt identisch relativ auch die nominale Forderung im EURO Bezug -> kein Problem
2. steigt der YEN (Kursgewinne) steigt exakt identisch relativ auch die nominale Forderung im EURO Bezug -> die "Buchgewinne" neutralisieren sich duch die Gegenbuchung der ebenfalls gestiegenen Forderung ohne jegilche Steuerlast !

Ob die Besteuerung der Kursgewinne/Kursverluste der Zinserträge ein Hedging rechtfertigen, wage ich in Anbetracht der Nebenkosten und des Aufwandes zu bezweifeln.

O

Osten
Mitglied seit
11 Jahre 11 Monate

Nachtrag:

..."wenn Wechselkursverluste auftreten, diese als Aufwand ( also: Verlust ) auszuweisen"...
-> Im Fall der Rückstellung OK und im Fall der Forderung ist der ist der Rückgang als Ertrag (also: Gewinn) in gleicher Höhe zu buchen. Diese Aufwands- und Ertragskontenbuchungen weden über die GuV abgeschlossen, sodass am Ende der GuV SALDO unverändert bleibt.

Bei Auflösung der Position 2015 müssten reale Kursgewinne zum heutigen YEN nur dann versteuert werden,wenn eine Rückwandlung in EUR (Realisierung) stattfinden würde. Buchseitige Kursverluste wären auch unwichtig, da der nominale YEN Betrag ja zur Verfügung steht und in YEN ausgegeben wird.

Wichtig ist nur, das Forderung und Rückstellung in gleicher YEN Währung geführt werden. Das Prinzip ist eigentlich in der IT Branche und im Im- / Exportgrosshandel üblich. Hier werden Teile der liquiden Mittel stets in USD Fremdwährungskonten gehalten und zum "Ausgleich" Teile des Warenlagers / einzelne Produkte auch komplett in USD gebucht.

O

marber
Mitglied seit
12 Jahre

Hier mal eine etwas längerfristige Perspektive (Kurse vor 1999 errechnet)

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