* Lothar Spät über Arbeit in der Freizeitgesellschaft
Die Freizeitgesellschaft muss mehr arbeiten
Von Lothar Späth
Es kommt einem vor, als sei die Aussicht auf geringere Steuern eine Art Urlaubsgeld für die deutsche Bevölkerung: Jetzt gehen alle beruhigt in die Ferien, und wir können weitermachen wie bisher. Bundesweit ist die Feriensession auf 14 Wochen gestreckt, damit wir die alljährliche Völkerwanderung in den Süden geregelt bekommen. Wenn der eine Teil aus dem Urlaub zurückkehrt, fährt der nächste los. Ist dann das letzte Bundesland mit den Sommerferien durch, beginnt bereits eine Woche später das erste mit den Herbstferien. Damit die Zeit zwischen den Ferien aber nicht zu lange wird, haben wir den Kalender noch mit allerlei Feiertagen bestückt.
(Quelle und ausführlich weiter lesen: HANDELSBLATT, 09. Juli 2003 / http://www.Handelsblatt.com)
Der Lothar Späth hält uns alle für Blödmanner oder was? Die Bundesrepublik ist nicht das einzige Land mit vielen Feiertagen und Urlaubstagen. Solche Märchen kann er den unbedarften Bild Zeitung Lesern erzählen um bei ihnen die Schuldgefühle zu wecken. Der gemeine Deutsche, ich meine hier nicht die verehrten Leser dieses Threads, sondern die dumpfbackigen Bild Zeitung Leser und Neue Revue Leserinnen, ist bekannterweise zu blöd um die Wahrheitsinhalte von solchen Beiträgen von vermeintlichen "Leistungsträgern" und "Autoritäten" wie Lothar Späth überprüfen zu können.
Herr Späth schreibt, dass in der Zeiten der wirtschaflichen Not mehr und länger zu arbeiten ganz angemessen wäre. Herr Späth gehört zu den Leuten, die durch ihre politsche und wirtschaftliche Tätigkeit die Krise verursacht haben. Welche Anstrengungen unternahm Herr Späth, als er noch Ministerpräsident war um die Bundesrepublik zu reformieren? Sorgte sich Herr Späth damals nicht lieber um sein privates Vergnügen, was zu seinen Stürz führte?
Und als Zeiss Jena Manager hat Herr Späth seine Beziehungen nicht dazu genutzt um so viel wie möglich Subventionen für seinen Konzern zu bekommen? Hat Herr Späth vielleicht erwähnt wie teuer jeder neugeschaffene Arbeitsplatz in seinem Konzern ist? Kein normaler Mittelständler würde sich ohne Subventionen leisten können so teure Arbeitsplätze zu schaffen. Führte der Wildwuchs von Subventionen nicht zu wirtschaftlicher Krise? Es gibt kein Geld für Bildung, dafür gab es genung Geld für subventionierte Arbeitsplätze bei Carl Zeiss Jena Werken.
Solche Leute wie Herr Späth sind mitverantwortlich dafür, dass sich die Bundesrepublik in der tiefsten Krise der Nachkriegszeit befindet, und er hat trotzdem die Frechheit von anderen zu verlangen für seine Fehler gerade zu stehen.
Ich finde das es ist kaum zu überbietende Dreistigkeit, wenn die Politiker und Manager, die die Krise mitverantworten haben, jetzt verlangen, das die Arbeitnehmer länger arbeiten sollen um die Fehler der Politikern und Managern zu bezahlen. Welche Konsequenz ziehen Herren Späth und seine Nieten Kollegen? Verzichten sie auf ihr Gehalt? Oder werden sich vor dem Gerincht verantworten müssen? Nein, sie haben keine Konsequenzen zu befürchten. So wie Berlusconi im Bezug auf seine Person zu sagen pflegte, in Anlehnung an Orwell´s "Animal Farm", alle Leute sind gleich, aber manche sind doch gleicher.
Ich kann auch Herrn Späth fragen: Ist bei unserer Wirtschaftslage nicht selbstverständlich, dass diejenigen die diese Wirtschaftslage mitverursacht haben, zur Verantwortung gezogen werden sollen? Und zwar als ein abschreckendes Beispiel für die ganze Reihe "der Nieten in den Nadelstreifen".
Schönes WE
Joram
@ Joram
Habe ihren Beitrag mit einem lächeln gelesen. Besser hätte ich es kaum ausdrücken können. Ursprünglich wollte ich nachdem Herr Ebert diesen Artikel eingestellt hat, sofort meinen Senf dazu geben.
Aber dann dachte ich mir, was solls, alle die mich kennen wissen ich wie ich die Dinge einschätze und übrigens kann es ganz schnell passieren das es heißt "jetzt schreibt der A. schon wieder". Nun, die Arbeit haben sie mir dankeshalber abgenommen. Dennoch, das Thema berührt mich zu sehr, um es ganz kommentarlos an mir vorüber gehen zu lassen.
Da sieht man auf N-tv einen gewissen Herrn Edzard Reuter, welcher mit dem Versuch aus Daimler ein Konglomerat zu gestalten in seiner aktiven Zeit als Vorstandsvorsitzender Milliarden in den Sand gesetzt hat und damit vielen damaligen Aktionären einige Magengeschwüre bereitet haben dürfte.
Dieser Herr Reuter, welcher außerdem aufgrund seiner genialen wirtschafltichen Kompetenz auch noch zum Ehrenbürger von Berlin ernannt wurde, erklärt warum es wirtschaftlich nicht mit uns nicht aufwärts geht und wie man das ändern könnte.
Ebenso erklärt ein Herr Esser, welcher Mannesmann zu Grabe getragen hat, natürlich gegen entsprechende Abfindung von 40 Mio DM!m wie man Deutschland wirtschaftlich nach vorne bringen kann.
Ich würde ja noch die Einladungen zu den Diskussionsrunden verstehen, wenn diese unter dem Motto stünden, "Wie man es nicht machen sollte", aber leider tun Sie das nicht. In unserer Gesellschaft heißt es immer mehr, lasst die Unfähigen nach vorne und lasset uns ihren Visionen huldigen. Für viele scheint der ökonomische Dünnschiss mancher Politker auch noch ein Quell der Inspriation zu sein.
Lange Rede kurzer Sinn, worauf ich hinaus will, ist die Tatsache, das Sie und ich und viele Forumsteilnehmner in der Lage sind solche Blender zu selektieren und einzuordnen. Wir sind in der Lage die Dinge so zu sehen wie sie sind und so hoffe ich sind wir in der Lage die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Es macht keinen Sinn sich aufzuregen, denn irgendwo brauchen wir auch die Leser der Bild, denn die sind es letzendlich, welche unsere Profite ermöglichen. Hätten wir alle den gleichen Kenntnisstand gäbe es keine konträren Meinungen und somit keine Börse.
gruß Walter
Ich habe die obigen Kommentare zu Herrn Späths Ergüssen mit Freude gelesen. Offensichtlich kann die Zielgruppe der Herren Politiker, das Volk, ab einer gewissen Intelligenzschwelle die Motive und Taktiken hinter den "weisen Worten" schon ganz gut durchschauen. Ist das der vielleicht gar Grund dafür, diese Schwelle möglichst niedrig halten zu wollen?
Die Rolle der Medien wird auch noch auszuleuchten sein, schließlich bekommen die Herren dicke Honorare für den von ihnen verzapften Schmus. Da gibt es offensichtlich brauchbare Synergien.
Die ach so deutschen "Brückentage" gibt es auch in Österreich, hier heißen sie "Fenstertage", auch diesbezüglich ist Herr Späth nicht voll im Bilde.
Viel Spaß am Arbeitsplatz
Hannes
Die Kritik an den Politikern/Managern ist berechtigt, gleichwohl hat Späth recht mit dem was er sagt.
Zur Zeit verpraßt die Erbengeneration und deren Nachfolger das von unseren Eltern und Großeltern nach dem Krieg mit viel Fleiß und Entbehrungen Aufgebaute und Erworbene. Vielleicht weiß es ja schon keiner mehr aber diese Leute haben tatsächlich 50 Wochenstunden (reguläre Arbeitszeit!) in der Fabrik gestanden.
Heute leben 20jährige gesunde Menschen von Sozialhilfe weil sie angeblich keinen Job finden, siehe ein Bericht in Focus TV vor einigen Wochen. Die Generation die sich heute im vergleichbaren Alter befindet ist zu einem großen Teil verwöhnt, höchst anspruchsvoll und verweichlicht.
Mit dem Bildungsniveau geht es ebenfalls rapide bergab, meine Kinder werden schon von Junglehrern unterrichtet die nicht einmal richtig ihrer Muttersprache mächtig sind geschweige denn ihres Unterrichtsfaches.
Wenn die letzten Standortvorteile verfrühstückt sind hilft uns das Meckern über unfähige Politiker/Manager auch nicht mehr.
In diesem Sinne allen einen schönen Tag, besonders Joram!
Ich sehe das völlig anders und sag's auch unverblümt. In meinem Betrieb, Fernsehproduktion, der angewiesen ist auf die Flexibilität der Mitarbeiter, wären schon längst die Lichter ausgegangen, wenn wir, Chefs und Mitarbeiter, uns nach den Regeln der Deutschland/Freizeit AG verhielten. Oder noch direkter gesagt: nach einer Probephase werden nur solche Mitarbeiter übernommen und entsprechend honoriert, die dies erkannt haben. Das ist nicht brutal, sondern der individuelle und korporative Tribut an die Faktizität unserer Zeit und brancheninterner Notwendigkeiten.
Im übrigen ist meine Beobachtung, dass andere Branchen, die bisher weniger auf Flexibilität angewiesen waren, diese Einstellung zunehmend adaptieren. Ein Tribut an die VERÄNDERTE FAKTIZITÄT DIESER BRANCHEN.
Offenbar trägt keiner der werten Threadteilnehmer hier genug unternehmerische Verantwortung, um die Auswirkung von Feiertagen/Brückentagen auf die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens beurteilen zu können. Überlebt ein Unternehmen, überleben die Mitarbeiter.
Zu den anderen etwas seltsamen Hasstiraden möchte ich keine Bemerkungen machen.
Mit freundlichen Grüssen,
Berliner
Mein Posting hat sich mit dem von Rock überschnitten.
Ich kann Rock's Einschätzung nur applaudieren.
Gruss.
Dieser Thread hat mich doch einigermassen erregt, und ich kann's nicht lassen. Hier mein letztes Posting für heute, aus der FTD (Hervorhebungen von mir):
Wohlstand der Deutschen fällt gegenüber den USA ab
Von Cordula Tutt, Frankfurt
15.07.2003
Geburtenstarke Jahrgänge sind die Verlierer
Andere Länder werden ihren Wohlstand künftig schneller mehren können als die Deutschen. Das zeigen Studien der Deutschen Bank, die die Folgen der sinkenden Kinderzahl und höheren Lebenserwartung untersuchen. „Deutschland muss sich auf weniger Wohlstandswachstum einstellen – egal, was passiert“, sagte Bernhard Gräf von der Deutsche Bank Research, der die Studien gestern in Frankfurt vorstellte. Die USA und Länder in Asien würden insgesamt und pro Kopf stärker wachsen, hieß es.
Verlierer könnten die geburtenstarken Jahrgänge sein, die heute Anfang 30 bis Ende 40 sind. Gewinnen könnten teils die Frauen.
Die Volkswirte beklagen, dass die Politiker das Problem noch nicht erkennen. Es werde nur über Sozialausgaben diskutiert, sagte Stefan Schneider. „Aber das ist nur Vorgeplänkel für das, was kommt.“ Das Wachstum werde sinken, Arbeitskräfte fehlen. Ändert sich weder an den Geburten noch der Einwanderung etwas, wächst die Wirtschaft nur noch bis ein Prozent jährlich. „Es wird eher weniger sein“, sagte Chefvolkswirt Norbert Walter. „Auch Firmen haben nicht erkannt, was auf sie zukommt.“ Bei Banken werde die Nachfrage nach Krediten sinken und Vermögensverwaltung wichtiger. Noch könne die Politik gegensteuern: „Sonst können wir nur noch pathologisch lernen, wie das im Mezzogiorno und in Ostdeutschland schon ist. Erst schwindet die Bevölkerung, dann kommt die Erkenntnis, dass es nicht funktioniert“, so Walter.
Die Lebens- und Wochenarbeitszeit müsse steigen, um ab 2015 den Arbeitskräftemangel abzufedern. Auch müssten mehr Frauen berufstätig sein. Arbeitnehmer würden künftig wohl nicht mehr besser bezahlt, nur weil sie älter würden. Um die Zahl der Arbeitskräfte zu halten, seien netto etwa eine halbe Million Einwanderer im Jahr nötig. „So eine Zahl ist wenig realistisch“, sagte Gräf. Zuwanderung sei aber die einzige Chance, dauerhaft gegenzuwirken.
Deutschland hat mit 1,4 Kindern pro Frau eine der niedrigsten Geburtenraten der Industrieländer. In Frankreich sind es 1,7, in den USA zwei Kinder. Schneider sagte deshalb voraus, dass die staatlichen Rentenleistungen weiter reduziert würden. Das könnte vor allem die Generation der Babyboomer treffen: „Die müssen die vorherige Generation finanzieren und für die eigene Vorsorge sparen.“
Es sei denn, sie haben selbst keine Kinder: „Ältere Frauen werden in einigen Jahren vielleicht Gewinner sein.“ Sie hätten anders als Frauen zuvor oft geerbt, eigenes Einkommen und Erspartes. „Das wird eine interessante Zielgruppe.“
@ alle
Es geht doch darum, das die gleichen Leute, die Aufgrund Ihrer vermeintlichen Kompetenz den Karren in den Dreck gefahren haben, sich heute hinstellen und kluge Ratschläge erteilen wie es besser wird.
Es geht hier nicht um die Flexibilität der arbeitenden Bevölkerung und um einen oder zwei Arbeitstage im Jahr. Es geht darum, das keine Arbeitsplätze vorhanden sind. Es geht darum, das unsere Führungsregie den Standort Deutschland in den letzten Jahren abgewirtschaftet hat.
Ein normalter Arbeiter verliert seinen Job, wenn er elementare Fehler macht und erhält wahrscheinlich auch keinen gleichwertigen Posten mehr. In unserer Wirtschafts- und Politriege findet ein reger Karussellwechsel statt. Herr Pieschetsrieder vernichtet mit Rover Geld ohne Ende und wird entlassen. Ein paar Monate später regiert er in Wolfsburg.
Was ich mir wünsche, sind Leute aus der Wirtschaft, welche ihre fachliche Kompetenz im täglichen Konkurrenzkampf unter Beweis gestellt haben. Leider haben diese Leute nicht die Lust oder Kraft oder Nerven sich mit einer Regie von eingefleischten Männer Freundschaften auseinanderzusetzen.
Zum Beispiel fällt mir hier ein Herr Grupp ein, welcher seit Jahren sehr erfolgreich die Firma Trigema leitet. Keine Entlassungen, keine produktionsverlagerungen in den Osten usw. und das in einer mehr als nur problematischen Textilbranche. Hier zählt noch der Begriff "Made in Germany" . Dieser klasse Manager beweist unternehmerischen Weitblick und Verantwortung für sein Unternehmen und seine Mitarbeiter. Sein Horizont erstreckt sich nicht auf eine Legislaturperiode oder ein bestimmtes Amt.
Wir übernehmen wirklich jeden Scheiß aus den USA, aber das es auch anders und erfolgreich geht, beweist dieses Unternehmen. Leider sieht man diese Leute kaum im Fernsehen und auf der öffentlichen Bühne. Sie haben nämlich etwas anderes zu tun. Sie kümmern sich um ihr Unternehmen.
gruß
Ich wollte ja eigentlich heute nicht mehr posten. Aber:
1. Der Thread heisst "Lothar Späth über Arbeit in der Freizeitgesellschaft" und nicht "Nieten in Nadelstreifen".
2. Selbst wenn er "Nieten in Nadelstreifen" hiesse, ist das kein Grund pauschale Urteile abzugeben, die vielleicht die Handvoll "Nieten" meinen, aber den Mittelstand (Trigema, u.a.) mittreffen in der Pauschalisierung. Dass die Deutschland AG, die unseelige Lobby-Gemeinschaft von Vorständen, Gewerkschaften und Parteien abgewirtschaft hat, ist ja nichts neues. Aber dieses Land wird vom Mittelstand getragen, also von Leuten wie mir.
3. Als Medienunternehmer habe ich gelernt, zwischen denen, die mir von den Medien als "herausragende Leistungsträger" präsentiert werden und denen, die es vor allem sind, die Stillen, die mit einer handvoll bis ein paar Dutzend Mitarbeitern; die ohne Konzern- oder Vorstandssprecher, zu unterscheiden. Deshalb projiziere ich nicht meinen Unmut auf die, die mir als Sündenböcke bereitwillig vorgelegt werden. Es sind Menschen, die das System sehr bereitwillig nutzen, nur ein Heiliger würde das nicht tun. Wer von uns ist ein Heiliger?
4. Insbesondere zu Späth habe ich eine andere Meinung. Vielleicht lohnt es sich ja einen diesbezüglichen Thread aufzumachen.
6. Letztlich glaube ich, dass wir alle ein bisschen mit den Nerven blank liegen. Wir haben jeder auf seine Weise das Ohr am Puls der Zeit (Finanzmärkte) und sind besonders sensibel für Veränderungen.
Nichts für Ungut,
Berliner
Das Thema vorhandene oder nicht vorhandene Arbeitsplätze sehe ich zwiespältig. Manche Handwerks-Branchen bekämen allein aus der deutschen Bevölkerung keinen AzuBi Nachwuchs mehr und warum soll jemand eine "einfache" Tätigkeit verrichten wenn er mehr Arbeitslosegeld oder Sozialhilfe bekommen kann?
Problem ist m.E. das entartete Wertesystem, der Abneigung gegen "niedrige" Tätigkeiten. Wir können nun mal nicht die gesamte deutsche Bevölkerung mit gutbezahlten Büro- oder Behördenjobs versorgen, da schließt sich wieder der Kreis zum überhöhten Anspruchsdenken.
Bemerkung am Rande: Die amerikanischen Kollegen (Ingeniere, Softwareentwickler) die ich kenne, haben 10 Tage Jahresurlaub. Ich sage nicht daß das gut ist, ehrlich gesagt wäre es mir zu wenig. Aber die Minderarbeit müssen wir durch erhöhte Produktivität ausgleichen und da habe ich langsam Zweifel ob wir das noch können.
Gruß Rock
Meine Meinung zur Arbeitszeit: ich trage auch unternehmerische Verantwortung und mir sind Mitarbeiter, die 30 Stunden in der Woche arbeiten und dabei effektiv sind, d.h. unternehmerisch mitdenken, Aufgaben selbst erkennen und erledigen, Qualität als "Frage der Ehre" auffassen usw. viel lieber, als leere "Stundenfresser", die am Ende der Woche auf 50 Stunden kommen. Ich möchte Mitarbeiter, denen es Freude macht, etwas geleistet zu haben. Der von selbst aus auch Samstags einen Job erledigt, weil er ihn für wichtig hält.
Wenn nun Politiker diesbezüglich ihre Meinung kund tun, dann hört man immer von den Opfern, die sie für die Allgemeinheit bringen. Über Spitzenmanager wird oft berichtet, dass sie mit nur 3 bis 4 Stunden Schlaf auskommen müssen. Wer das muss, der hat kein Talent für diesen Job oder er nimmt sich zu wichtig. Das Aufblasen der eigenen Person und Leistung ist offenbar für das Selbstbewußtsein dieser Leute sehr wichtig.
Wer wirklich etwas leisten will muss:
1) Freude am Job haben
2) genug innere Balance um andere (Mitarbeiter) damit "anzustecken"
3) seine Zeit so einteilen, dass er keinen Raubbau an seinen körperlichen und geistigen Ressourcen treibt, weil sonst Punkt 1 und 2 darunter leiden.
Dass viele sogenannte Spitzenleute in wirklichkeit Psychopathen sind, meistens analfixiert = besessen nach Kontrolle, wäre eine Untersuchung wert.
Gruß Hannes
Nicht nur in diesem thread, auch im täglichen Leben ist bisher die ältere Generation ab ca. Jahrgang 1940 und älter zu kurz gekommen. Deren Entbehrungen, Fleiß und Sparsamkeit verdanken wir doch unseren Wohlstand. Daran teilhaben können Sie leider nicht. Die Gruppe der einfachen Leute belastet die Sozialsysteme und sie ist angeblich nicht mehr produktiv.
Was wäre denn unser Gesundheitssystem, das ist nicht zynisch gemeint, ohne diese Leute? Wenn sie alle sozialverträglich entsorgt sind, gibt es Hunderttausende neue Arbeitslose im Gesundheitswesen und jede Woche müßte zwei Feiertage mehr haben, damit das alles nicht so auffällt. Viele Nutznießer, die nie einen Beitrag für die Allgemeinheit eingebracht haben, belasten das System, deshalb wird einfach der Generationenvertrag außer Kraft gesetzt.
MfG
hw
@ hardworker
Absolut richtig. Genau!
@ Hannes
Die individualpsychologische Einschätzung des motivierten Mitarbeiters kann man natürlich unterstreichen. Nur fürchte ich geht's nicht darum, jemandem zu haben der motiviert dreissig Stunden arbeitet entgegen jemanden, der unmotiviert oder pathogen 60 Stunden abreisst. Sondern es muss doch einem Unternehmer darum gehen, jemanden zu haben, der bereit ist sich den Tag- und Nachtarbeiten, die die Arbeitsstruktur verlangt, zu stellen.
Was die "Analfixierung der psychopathischen sogenannten Spitzenleute" betrifft, unterstelle ich, dass mit "psychopathisch" eine "Abweichung von der Norm im weitesten Sinn gemeint ist". Im Übrigen wissen wir spätestens seit Sigmund Freud, dass alle grosse Kulturleistung auf einer Deviation der Libido beruht. Das kann also nicht die Hauptkritik sein, es war wahrscheinlich auch eher provozierend gemeint ;-)
Gruss,
Berliner
@ Berliner
Sie haben mich richtig verstanden ;-)
Allerdings muss ich schon hinzufügen, dass unfähige Vorgesetzte an der Motivation ihrer untergebenen Mitarbeiter verheerende Schäden anrichten können. Ein grosses Problem der europäischen Wirtschaft ist derzeit natürlich auch die Einstellung vieler, mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel Geld, Einfluß, Freizeit, usw. aus dem System heraus zu holen.
Damit meine ich nicht nur den beruflichen Alltag. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn die Geburtenzahlen rückläufig sind, wenn die Beschäftigung mit Kindern nur als unbezahlte Arbeit angesehen wird.
Hat irgend jemand schon einmal gemessen, wie sehr richtige Elternschaft den Charakter positiv verändert und weiter entwickelt? Verantwortung für andere, Liebe ohne Egoismus, echtes Mitgefühl für andere, Gemeinsamkeit etc. Wir werden bald einen hohen Prozentsatz an Mitmenschen haben, die außer Geld nichts haben, keine Verantwortung, keine Liebe, kein Mitgefühl, nur mehr Zynismus. Die Zukunft wird denen doch völlig egal sein.
Die Medien feiern jenen als Helden, der viel HAT auch wenn er sehr wenig IST. Das sind die Vorbilder, die zu allem und jedem ihren Senf geben dürfen und dann bedingungslos nachgeahmt werden.
Ich will jetzt nicht alle Kinderlosen in Mißkredit bringen, aber Politiker und Medien haben die Gesellschaft auf einen gefährlichen Weg gebracht. Wir leben derzeit auf Kosten der Zukunft.
Hannes
@ Berliner
Wie begründet Freud denn die Beschränkung der Abweichung auf die Libido, als alleinige Triebfeder grosser kultureller Errungenschaften?
Grüsse CK
@ Berliner wg. heute 11.42
Kant soll ein asexuelles Neutrum gewesen sein. Angeblich hätte man bei seiner Sektion Beweise dafür gefunden. Also gilt auf jeden Fall, weniger Libido ist mehr. In die andere Richtung der Deviation gilt das sicher nicht. Sie haben`s bestimmt auch anders gemeint. Natürlich ist auch weniger Libido noch keine Deviation.
MfG
hw
@ ck & hardworker
Danke für die Nachfrage und Korrektur meiner oberflächlichen Bemerkungen!
Natürlich haben Sie beide recht, so einfach hat das Freud nicht gesagt. Aus den drei "Abhandlungen über die Sexualtheorie", dem frühesten Werk Freuds geht schon hervor, dass Freud die Libido als energetisches Prinzip auffasst. Nicht ausgelebte Libido soll sich als vorhandene Energie einen anderen Weg bahnen, und dies geschieht nach post-freudianischer Aufasssung des letzten Jahrhunderts durch individuelle Leistungen (Arbeit, Kunst, Schaffenskraft, Kreativität etc.), also durch "Kulturleistungen". Allerdings hat man im Anschluss an Freuds Deutung kultureller Leistungen via Libido (Das Unbehagen in der Kultur, ersch. 1929) insgesamt die umgeleitete Kraft der Libido ("Deviation") in Arbeitsleistung mal positiv (bürgerliche Werte besser als ungehemmter Sex) und mal negativ (Unterdrückung der Libido = schädlich) gesehen.
Der Begriff Deviation wird, glaube ich in der psychologischen Literatur des frühen zwanzigsten Jahrhunderts eher mit "Homosexualität" bzw. "Perversion" (im damaligen Verständnis) benutzt. Meine hingeworfener Einwurf ist also sehr missverständlich, sollte aber nicht mehr als eine provokante Erwiderung auf eine provokante Äusserung ("Analfixierung") des betreffenden vorangehenden Postings sein.
Ich bin kein Fachmann und weiss auch nicht, wie die aktuelle Forschung zu Freud und den kulturellen Leistungen steht.
Besten Dank,
Berliner
Korrektur:
Sigmund Freud veröffentlichte seine "Abhandlungen über die Sexualtheorie" 1905,
die gemeinsam mit Otto Breuer verfassten "Studien über Hysterie" erschienen schon 1893/94.
Großes, sehr großes Mißverständnis:
Meine Bemerkung über die Analfixierung mancher "Spitzenmanager" bezieht sich nicht auf Sigmund Freud und haben aber schon überhaupt gar nichts mit Homosexualität zu tun, sondern sind in Zusammenhang mit den Charakterstudien von Erich Fromm zu sehen.
Erich Fromm war der Auffassung, und fast alle Psychologen teilen diese Auffassung auch heute noch, dass sich durch die zu frühe Erziehung des Kleinkinds zur Sauberkeit (Kontrolle der Darmentleerung bevor die muskulären Voraussetzungen da sind, also vor Erreichen eines Alters von ca. zwei, zweieinhalb Jahren) oft durch Bestrafung (Schläge bzw. stundeslanges Anbehaltung der vollen Windeln) die besagte manische Kontrollsucht entwickelt, die sich später auch in übertriebener Gier offenbart. Die "kreativen" Erfinder des Werbeslogans "Gier ist geil" hätten wahrscheinlich nur öfter in ihre Windeln scheißen sollen, dann wäre uns das erspart geblieben.
lg Hannes
Sorry, ich habe ganz verdrängt dass der Slogan "Geiz ist geil" lautet. Geiz und Gier sind ja auch enge Verwandte.
Die Auswirkungen von zwanghaftem Verhalten als Ausfluss eines deformierten Charakters auf die Handelspraxis und die Resultate müssen jedem klar sein.
lg Hannes
Hallo Hannes,
toll wohin uns eine Diskussion über Arbeit führen kann: Freud, Fromm etc.
Ich sag's ja: bei Tradern ist alles möglich! ;-)
LG,
Berliner
Clement hat gemeint der Fronleichnam muß weg, wir müßten da arbeiten.
Dort habe ich gearbeitet. Ich habe zu Hause mein VBA-Makro vorangetrieben. Die letzten Wochenenden ebenfalls teilweise. Algorithmus entwickelt und Makro vorangetrieben.
Ich will von den Politikern überhaupt nichts wissen. Sie sollen ebenfalls anpacken. Wir schaffen genug!
Etwas nicht in Ordnung Herr Späth und Herr Clement ?
Mr_Aegon
Hallo Hannes,
der Sparsame verwendet das Klopapier beidseitig, der Erfolg liegt klar auf der Hand!
Dies zum Thema Geiz ;-)
Ich bin ausgesprochen erstaunt über die Richtung der Diskussion, trotzdem muß ich gestehen, verzeih mein niedriges Niveau, ich erkenne aus Eurer Diskussion keine Inputs die mir als Trader neue Perspektiven an der Börse eröffnen.
Nichts für Ungut
have a nice Day
HT
Lieber HT,
selbstverständlich verzeihe ich dir das niedrige Niveau deines Beitrags ;-) Übrigens manche verwenden dazu - sic!- gebrauchte U-Bahn Fahrscheine um zu sparen.
Die Auswirkungen von zwangshaftem Verhalten auf das Traden sind sehr wohl belegbar, das beginnt beim verspätetem "Aufspringen auf fahrende Züge" und reicht bis zum nicht gesetzten bzw. nicht diszipliniert umgesetzten Stop Loss Level. Es muss ja nicht gleich eine Neurose sein, kleine Fehler tun's auch.
lg Hannes