Mein Handelssystem für 50.000 DM - was brachte es ?
Vor 6 Jahren lernte ich durch Vermittlung eines amerikanischen Investmenthauses einen Trendprognostiker kennen. Diesen Mann im Alter von 65 Jahren dürfen sie sich vom Aussehen wie Albert Einstein vorstellen. Seine Aussage war, das er den DOW mit einer Trefferquote von 90% vorhersagen konnte. Sein Zeitfenster ging von 1 Tag bis 2 Wochen. Seine Analysen hat er im Laufe von 40 Jahren verfeinert.
Da ich allem neuen Aufgeschlossen gegenüberstehe haber wir uns zum Meeting in München getroffen. Ich kam mit meinem Jaguar zum Treffen und er mit einer 10 Jahre alten Rostlaube. Nun dies allein hat sicherlich noch nichts zu sagen. Auch er wollte für seine Dienste den monaltichen Preis von DM 6000,00.
Auf die Frage, warum er denn nicht selbst handle, wurde damit beantwortet, das er all sein Geld und seine Zeit der letzten 40 Jahre in das System gesteckt hat. Fakt ist, das ich ihm eine Probezeit von 4 Wochen zu DM 1000 anbot. Zu meinem Erstaunen lag die Trefferquote tatsächlich bei 80%. Die monatliche Gebühr wurde auf DM 6.000 festgelegt. Trotz der horrenden Gebühr konnte über 8 Monate gutes Geld verdient werden. Das Ende vom Lied können Sie sich sicherlich denken. Nach 8 Monaten war es aus mit der tollen Trefferquote. Es dauerte 3 Monate und die gute Performance lag gegen Null.
Am Ende der Geschichte war der Guru mit monatlich 300 DM zufrieden. Auf das Angebot das Handelssystem für DM 50000 zu erwerben habe ich dankend verzichtet.
Die Märkte lassen sich eben nicht berrechnen. Die Preisbewegungen sind zwar statistisch zu erfassen, jedoch keinesfalls zu kalkulieren.
gruß
Die Geschichte zeigt aber auch noch etwas anderes, nämlich dass zuviel Wert auf die Trefferquote gelegt wird. Entscheidend ist diese eben nicht, sondern der Erwartungswert, d.h. die erzielte Performance in Geld ausgedrückt.
Dazu gibt es eine kleine Untersuchung von REFCO, die haben mal das Verhalten ihrer Trader untersucht. Ergebnis: die Leute mit 80% Trefferquote waren diejenigen, die unter dem Strich Miese machten, und die mit einer Trefferquote von 40% waren diejenigen, die profitabel waren. D.h. die Verlierer haben kleine Profits schnell mitgenommen und sind an einigen Verlusten, die sie haben laufen lassen, "gestorben". Die Gewinner haben halt immer wieder Einstiege versucht, mit striktem Stop-Loss, und wenn es lief, die Gewinne laufen lassen.
Nun kann man dass Ergebnis dieser Untersuchung nicht unbedingt auf langfristige Investments übertragen, wegen der geringeren Anzahl Trades muss hier vermutlich eine höhere Trefferquote herausschauen, aber Verluste begrenzen gilt eben auch hier. Und nicht im Vertrauen auf die Prognose laufen lassen. Allerdings: Paul Tudor Jones soll von sich behauptet haben, dass er nur eine Trefferquote von 20% habe.
Es ist natürlich schwierig, so zu handeln (ich weiss es...) und es geht gegen unsere Erziehung und Sozialisation. Deswegen schaffen es auch nur die wenigsten. Man muss nur mal in den einschlägigen Magazine, wie etwa dem TASC, sich die Anzeigen anschauen; da werden reihenweise abstrus hohe Trefferquoten versprochen (und hohe Gewinne). Das kommt halt den menschlichen Bedürfnissen entgegen.
Ich möchte damit nicht hohe Trefferquoten diskreditieren. Wer das hinbekommt und Geld macht, umso besser.
Viel Erfolg
Bernd Kürbs