Metastock Plug-In: ICE 2.0 Handelssystem von John Slauson
Seit kurzem gibt es ein neues Metastock Plug-In von John Slauson (ex-Equis), welches auf den ersten Blick den Weg hin zum Heiligen Gral verheißt: Ein Plug-in, welches einem die komplizierte Entwicklung von Handelssystemen erleichtert, indem es die optimale Selektion von Indikatoren aus den vier Typen „Velocity“ (also Momentum), „Verticality“ (also Trend), „Volatility“ und „Volume“ durchführt und zu einem kompletten Handelssystem kombiniert.
Ich habe mir dieses Plug-in zugelegt und möchte meine ersten Erfahrungen damit in diesem Forum mitteilen und zur Diskussion stellen.
Zunächst das Positive:
Mit ICE 2.0 ist es tatsächlich möglich, für nahezu jedes Underlying ein sehr profitables Handelssystem zu entwickeln. Profitabel auf Basis der zu Grunde gelegten Eingabedaten. Durch Eingruppierung der Indikatoren in die vier „V´s“ (siehe oben) ist sichergestellt, dass die Bestandteile des Handelssystems unkorreliert sind. Viele Newcomer machen hier mächtige Fehler. Errechnet wird dieses Handelssystem durch Optimierung der Parameter aller beteiligten Sub-Handelssysteme auf die Eingabedaten. Curve-fitting lässt grüßen.
Da Negative lässt nicht lange auf sich warten:
Bevor man sich näher mit dem Softwarepaket auseinandersetzt möchte man naturgemäß testen, ob man mit diesem Tool Geld verdienen kann. Warum sonst hat man es denn gekauft. Also: Out-of-Sample Test. Ich testete das System für den DAX-Index, indem ich die Daten von 1998-2002 als Inputdaten für die Entwicklung des Handelsystems verwendete und den Zeitraum 2002 bis heute als Out-of-Sample Test vorsah. Die Ergebnisse waren aller andere als ermutigend: erstklassige Performance für den In-Sample Bereich und kontinuierlich fallende Equity-Kurve für den Out-of-Sample Bereich. Also völlig unbrauchbar für das persönliche Trading.
Man kennt das ja aus der Literatur: Curve-Fitting vermeiden, indem man Indikatoreinstellungen wählt, die in einem möglichst weiten Bereich profitabel sind, singuläre Profitmaxima ignorieren.
Hier liegt die große Enttäuschung für mich: ICE 2.0 erstellt völlig proprietäre Handelssysteme, von denen man lediglich weiß, aus welchen Indikatorkombinationen sich diese zusammensetzen. Kein Code, keine Parameter, nur ein fertiges Handelssystem, das man nun auf sein Underlying loslassen soll. Ein Black-Box System also.
ICE 2.0 erstellt also Handelssysteme aufgrund einer Optimierung vieler Parameter von vordefinierten Handelsstrategien, macht also Curve-Fitting par excellence. Jeder Out-of-Sample Test, den ich bisher durchgeführt habe (sorry, innerhalb der letzten 2 Wochen) führte zu inakzeptablen Ergebnissen in der Out-of-Sample Periode.
Ein möglicher Ausweg:
ICE 2.0 hat mich gelehrt, wie stark die Abweichungen zwischen einem getesteten Handelssystemansatz und der tatsächlichen Umsetzung sein können. Kein einziges der Handelssysteme, die ich mit ICE 2.0 entwickelt habe, könnte ich z.B. für den DAX einsetzen, jedenfalls nicht guten Gewissens. Trotzdem ist dieser Sachverhalt ja aus der Literatur hinlänglich bekannt.
Also lasst uns diskutieren, wie wir ein Parameter-optimierendes System so füttern können, dass wir am Ende trotzdem ein handelbares System erhalten. Wie geht ihr vor bzgl. In-Sample und Out-of-Sample Testperiode? Wie stellt ihr sicher, dass euer Handelssystem auch in der Zukunft profitabel sein kann?
Ich kann an dieser Stelle gerne die Ergebnisse von ICE 2.0 für das jeweils gewünschte Underlying als Grafik ins Forum stellen.
Hallo jazzman,
ich hatte mit verschiedenen EOD-Systemen ähnliche Probleme. Es ist wohl kaum möglich die verschiedenen Volatilitäten und Handelsspannen von 97 bis jetzt sinnvoll unter einen Hut zu bringen, wenn die Out of Sample-Daten das letzte Jahr umfassen.
Wie man es am besten umgeht, kann ich auch nicht sagen. Für mich hat dies bedeutet, dass ich auf intraday 120 bis 60 Minuten statt Tagesdaten heruntergegangen bin.
Was ich mich frage ist, wie zeitstabil optimierte Systeme sein können. Kann es nicht sinnvoll sein, auf Out of Sample-Test komplett zu verzichten und die optimierten Systeme einfach eine Woche zu handeln, dann neu in einem gewissen Rahmen zu optimieren und die neuen Optimierungsvariablen zu handeln?
Wenn es von der Anzahl der Signale möglich ist und nicht zu viel Arbeit macht, könntest du mal das System von März bis Oktober optimieren und dann schauen, was passiert wäre, wenn man mit den optmierten Variablen nur den November gehandelt hätte, dann von April bis November optimieren und damit den Dezember gehandelt hätte und so weiter?
Gruß
Hallo Hektor,
die Handelssysteme von ICE sind allesamt für einen mittelfristigen Zeithorizont ausgelegt. Ich würde sagen, die durchschnittliche Halteperiode eines Trades liegt so bei zwei bis drei Wochen. Damit ist der von Dir vorgeschlagene Weg - Verschiebung der Optimierungsperiode um jeweils einen Monat nach vorn - nicht gangbar.
Aber ich nehme Deinen Hinweis auf, daß die von mir gewählte Out-of-Sample Periode viel zu lang ist.
Was ich mache ist folgendes: ich lasse ICE ein Handelssystem für den DAX von 2.1.2001 bis 30.9.2003 erstellen. Die Out-of-Sample Periode läuft dann eben von Okt. 2003 bis Ende März 2004. Da der DAX-Index nicht handelbar ist, werde ich das ganze dann noch für den DAX Future durchziehen.
Am Wochenende werde ich die Charts hier ins Forum stellen.
Hier wie angekündigt die Ergebnisse eines Handelssystems entwickelt für den DAX Future mit Hilfe des Metastock Plug-ins ICE 2.0:
Underlying: DAX-Future für den Zeitraum 2.1.2000 bis 30.9.2003
Das zu entwickelnde Handelssystem muß sich aus Subsystemen der vier "V"-Indikatoren Verticality (=Trend), Velocity (=Momentum), Volatility und Volumen zusammensetzen. Denn nur diese Gruppen von Indikatoren sind nicht "collinear". Diese Vorgehensweise ist für mich der wichtigste Ansatz des neuen Metastock Plug-ins. Nur eine Kombination von nicht collinearen Indikatoren kann einem die Sicherheit geben, voneinander unabhängige Kursinformationen in einem Handelssystem zu verarbeiten.
Ein Optimierungslauf über die 74 Indikatoren dieser vier "V"-Gruppen ergab für den DAX Future im untersuchten Zeitraum die folgenden optimalen Handelssystembausteine:
Verticality: Moving Average (time series)
Velocity: Ultimate Oscillator
Volatility: Projection Oscillator
Volume: Money Flow Index
Der Optimierungslauf ermittelte auch die jeweils optimalen Parameter für die einzelnen Indikatorensystem.
Mit diesen Angaben wurde nun ein resultierendes Gesamtsystem (proprietär) zusammengestellt und wiederum optimiert am DAX Future. Das Ergebnis zeigt die nachfolgende Grafik:
Schaut nicht einmal schlecht aus, was ICE 2.0 da erzeugt. Die Systemparameter sind ebenfalls im Rahmen der Erwartungen:
Wie erwartet folgt jedoch die Enttäuschung, wenn Out-of-Sample Tests durchgeführt werden.
Hier die Ergebnisse für den Zeitraum Sept 2003 (Ende des In-Sample Testzeitraums) und Mitte März 2004:
Und eine Out-of-Sample Periode vor dem Optimierungszeitraum (in diesem Fall 2.1.1998 bis 15.3.2004) sieht ebenfalls allenfalls entmutigend aus:
Hier macht sich tatsächlich Enttäuschung breit. Wer kennt nicht die schönen Equitykurven, die wir von diversen Autoren in diversen Publikationen vorgestellt bekommen, die uns neidisch machen und uns zu immer neuen Optimierungen bestehender Systeme führen. ICE 2.0 erstellt mit Leichtigkeit "schöne" Equitykurven. Und es gibt noch weitaus schönere als ich sie hier als Beispiel abgebildet habe. Nur: all diese Systeme versagen, wenn sie auf eine Out-of-Sample Periode angewendet werden. Also reines Curve-Fitting.
Nach den enttäuschenden Resultaten meiner bisherigen Experimente mit ICE 2.0 bleiben für mich nur zwei halbwegs positive Eigenschaften dieses Plug-ins:
1.) Die Charakterisierung der verschiedenen Indikatoren in die vier "V"-Gruppen. Damit fällt es mir leichter, eigene Handelssysteme zu entwickeln, die keine collinearen Indikatoren beinhalten.
2.) Für jedes Underlying läßt sich mit einem Simulationslauf die optimale Kombination von Indikatoren für eben diese Equity bestimmen. Darauf kann dann eigenes Research angewandt werden.
Eine Warnung muß ich aber abschließend schon noch aussprechen: in keinem Wort erwähnt John Slauson die Fallstricke der Handelssystem-Optimierung. Und es wird sicher viele User geben, die angesichts gut aussehender Equitykurven des optimierten Systems glauben, den Heiligen Gral gefunden zu haben. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Leider wird sie Geld kosten. Vermutlich mehr, als das Plug-in gekostet hat.
Abschließend meine Frage, die ich ursprünglich gestellt hatte:
Wie kann die Entwicklung von Handelssystemen so gestaltet werden, daß man nicht dem Fluch des Curve-Fittings zum Opfer fällt?
Und - nach den Erfahrungen mit ICE muß ich sogar noch weiter gehen: ist es überhaupt möglich, allein durch angemessene Parametereinstellungen handelsüblicher Indikatoren zu einem robusten Handelssystem zu kommen? Oder sind es nicht vielmehr die anderen Ansätze wir Patterns, Resistance- und Support, Candlesticks etc. die einzig und allein dieses Ziel erreichen können?
Wer von Euch hat es geschafft, mit einem Indikator-Handelssystem auf längere Zeit erfolgreich zu handeln?
Auf Eure Hinweise freut sich
Johnny B Goode
Ich hatte Johny Slauson gefragt, warum in ICE 2.0 alle System passwortgeschützt seien, wo doch in der Version 1.0 zumindest die Grundsysteme im Klartext (also im Metastock-Code) verfügbar waren. Ich hatte ihn gefragt, welchen Sinn es für einen Systementwickler habe, im Endeffekt ein "Black-Box" System entwickelt zu haben, dessen Regeln der Entwickler selbst nicht nachvollziehen kann. Hier John´s Antwort:
Dear Gerhard,
Version 2.0 is not more "open" than 1.0. The 72 system tests are password protected in both versions. Version 2.0 is actually a bit more "open" since most of the Step 1 and Step 2 installed components are not password protected.
We may post the contents of the table that was included in the 1.0 manual on our web site in the near future. I do understand your concerns. I don't believe that the ICE systems should be classified as "black box". Perhaps "light-gray" box would be a bit more accurate. The resulting systems that a trader creates with ICE are comprised of indicators the trader discovered through his own testing. The composition of final system is described quite well within the Expert Commentary.
Keep an eye out for our posting of the document that describes the rules.
Ist für mich nicht gerade zufriedenstellend. Wir sollen also warten, bis John die Regeln irgendwann auf seiner Website genauer erläutert. Das Plug-in kaufen sollen wir aber schon jetzt.
Wie steht´s: gibt es immer noch keine Kommentare aus der großen Forum-Gemeinde?
Oder ist dieses Thema komplett uninteressant?
In der Tat, für mich als Daytrader ist es total uninteressant. Aber es berührt mich, weil ich meine Energie durchaus in pleasure durch straightforward moneymaking investieren will.
Zum Daytrading habe ich mich entschlossen, weil in den mir zugänglichen Büchern über Handelssysteme das Ergebnis immer den oben geposteten entspricht. Der Lektüre und vielen Beiträgen hier im Forum ist auch immer zu entnehmen, dass das Geheimis (if any) des dauerhaften Geldverdienens beim Traden in der weisen Beschränkung auf simple Strukturen jedes HS liegt (kiss = keep it simple stupid!) und stattdessen in einem raffinierten Money Management. Und schliesslich noch die mentale Komponente.
Wenn all die Bücher stimmen und man den obigen Beiträgen -sowie allen anderen über Handelssystem- folgen will, dann bleibt als Ergebnis, dass das Entwickeln und Testen von HS eine Beschäftigung sui generis ist, eigener Art in dem Sinn, dass sie um ihrer selbst willen ausgeführt wird. Denn wenn alle Welt weiss, es führt letztlich zu keinem mehr verbesserbaren Tradingergebnis, wer wollte dann behaupten, es täte es doch? Eines der umfassendsten Exposés in diesem Sinn hat einmal Metatrader geschrieben, leider fehlt mir der link dorthin.
HS-Entwickler sind häufig geschulte Fachleute, z.B. Informatiker, Programmierer, Mathematiker. Was treibt sie an, suchen sie vielleicht doch den Heiligen Gral, den es bekanntlich nicht gibt? Naturwissenschaftler doch eher nicht. Bleibt mir wieder nur der Rückschluss, dass es eine Herausforderung eigener Art ist, die manchem zum Hobby geworden sein mag.
Allen viele Grüsse zum Wochenende
N.
Nächste Woche wird für die Nutzer von ICE die Version 2.01 zur Verfügung stehen. Darin sind diverse Mankos behoben, unter anderem sind nun sämtliche System-Tests als PDF-File dokumentiert. Weitere Änderungen siehe unten.
ICE 2.01 changes:
- A PDF file is now included that discloses all of the 72 Buy/Sell/Short/Cover MetaStock system test code. The code itself remains “locked” within MetaStock. This is to prevent manipulation and the resulting technical support hazards. Disclosing the formulas has been a common request and we’ve debated back and forth as to the merits of releasing it. Ultimately, we felt that it is in the best interest of the product’s evolution and success among traders to have full disclosure. The caveat is that we will not be able to provide support for the formula code.
After installation, locate and open the file named "ICE System Test Rules.pdf" located in your "c:\program files\adaptick\ice 2.01" folder. Of course, you’ll need to have Adobe Acrobat Reader installed to view this file (http://www.adoble.com/reader). Most systems already have Adobe Reader installed.
- Fixed a bug in the following ICE system tests: Random Walk Index, Parabolic SAR. If you have created any systems that use these indicators, we recommend that you recreate them anew.
- Changed the Positive Volume Index system to exactly match the Negative Volume Index. If you have created any systems that use the Positive Volume Index, we recommend that you recreate them anew.
Gruss,
Martin