Neuer Markt: Wir waren alle Täter, Opfer und Getriebene zugleich
„Wir waren alle Täter, Opfer und Getriebene zugleich“
Interview von Hanno Beck mit Karl Fickel von Lupus Alpha
Frankfurter Allgemeine Zeitung (05.08.06) - Die fulminanten Kursgewinne der Nebenwerte in den vergangenen Jahren haben auch den Fonds, die ehemals auf den Neuen Markt ausgerichtet waren, Gewinne beschert - wenn auch von niedrigem Niveau aus.
Mancher Anleger, der trotz Einbußen von zum Teil mehr als 90 Prozent ausgeharrt hat, hat nun wenigstens einen Teil der Verluste aufgeholt. Der Neue Markt war das in der Hausse gefeierte Wachstumssegment der Deutschen Börse. Es wurde nach dem Zusammenbruch der Kurse vor einigen Jahren eingestellt.
(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.faz.net/s/RubBB54EA6E094A4553B3590FBCF445E2D5/Doc~E8C3C5FB656314114BB85DF7A5EBA036E~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
Gedenktag 10. März 1997
Vor 10 Jahren startete Neuer Markt - Wer ,Internet’ richtig schreiben konnte, wurde an die Börse gebracht
München (10.03.07) - Viele Aktionäre denken mit Grausen an ihn zurück: Der Neue Markt startete vor zehn Jahren mit großen Erwartungen und Goldgräberstimmung und endete wenig später als „Kapitalvernichtungsmaschine”. Die New Economy wurde zum Sinnbild für die Sprunghaftigkeit der Börsen und schreckt bis heute viele Anleger vor erneutem Aktienkauf ab.
Am 10. März 1997 knallten auf dem Frankfurter Parkett die Korken: Der Mobilfunkanbieter Mobilcom wagte sich als Erster an den Neuen Markt. Das Ziel des Börsensegments: Rasch wachsende Mittelständler - besonders aus den Branchen Umwelttechnik, Telekommunikation, Biotechnologie und Multimedia - sollten sich besser mit Risikokapital versorgen können.
„Durch den Börsengang konnten wir erst die Story Mobilcom schreiben. Ich würde ein solches Wachstumsunternehmen jederzeit wieder an die Börse bringen”, sagt Ex-Mobilcom-Chef Gerhard Schmid rückblickend. Mobilcom steigerte den Unternehmenswert im ersten Börsenjahr um 2800 Prozent. In der New-Economy-Euphorie hielten Banker, Aktionäre und Journalisten den Neuen Markt lange für eine unerschöpfliche Goldgrube; wer nicht mindestens einen Titel in seinem Depot hatte, galt unter Anlegern als hoffnungsloser Fall.
Doch nie gesehene Kursrallyes brachten den Neuen Markt schon bald nach seiner Gründung als „Zockermarkt” in Verruf.
Aufgeblasene Bilanzen, Insiderhandel und Kursbetrug gaben ihm den Rest. So hatte der Münchner Telematik-Spezialist Comroad fast seine gesamten Umsätze erfunden, die Brüder Haffa - einst als Millionärsmacher gefeiert - mussten eingestehen, dass die Bilanzen ihrer Medienfirma EM.TV nicht stimmten, und landeten vor Gericht.
Im März 2002 räumte sogar der damalige Börsenchef Werner Seifert ein, es habe am Neuen Markt „kriminelle Machenschaften” gegeben. Börsenmanager Rainer Riess bekräftigt: „In einigen Fällen verhielten sich Manager gesetzeswidrig und unethisch.” Immer länger wurde die Liste der geschassten Börsenstarter - mit so kunstvollen Namen wie „FortuneCity.com”, „InfoGenie”, „e.multi” und „LetsBuyIt.com”. Der Auswahlindex der Wachstumsbörse, der Nemax 50, brach von Rekordständen von fast 10 000 Punkten zwischenzeitlich auf nur noch einige hundert Punkte ein. Die Spekulationsblase platzte, binnen weniger Monate stürzte das Börsenbarometer 2000/2001 ab.
„Wir haben immer auf die höheren Risiken des Neuen Marktes für Privatanleger hingewiesen”, betont der Chef des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen. Der Bonner Finanzwirtschaftler Erik Theissen ist überzeugt: „An den Regeln hat es nicht gelegen, die waren strenger als in anderen Segmenten.” Doch der Neue Markt sei in eine Zeit geraten, „in der die Aktienbewertung insgesamt etwas aus den Fugen geraten war”. Manches andere auch, wie Mobilcom-Gründer Schmid meint: „Die Banken haben doch damals jeden an die Börse gebracht, der einen ambitionierten Geschäftsplan vorgelegt und dabei das Wort ,Internet’ richtig geschrieben hat.”
Trotz aller Kritik gibt es auch fast vier Jahre nach dem Aus für das Börsensegment noch immer Rufe nach seiner Wiederbelebung. Viele Experten meinen, die Idee des Neuen Marktes, jungen Unternehmen an der Börse Geld zu verschaffen, habe eine zweite Chance verdient.
Bei vielen Anlegern jedoch hat der Börsencrash das Vertrauen in Aktien nachhaltig erschüttert: Seit 2000 sank die Zahl der Aktionäre in Deutschland um 2,5 Millionen auf zehn Millionen. Zehn Jahre nach seiner Gründung erinnert auf der Internet-Seite der Deutschen Börse heute nur noch ein nüchterner Eintrag an die Boomzeiten: "Das privatrechtliche Segment Neuer Markt wurde von der Deutschen Börse am 5. Juni 2003 geschlossen." / Jörn Bender
Quellen:
http://www.merkur-online.de/nachrichten/wirtschaft/aktuell/art279%2C771902.html?fCMS=6a8398dc341af589677192c58ec7bce6
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?cnt=1091507
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Ich sag es dir: ein Kerl, der spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,
Und rings umher liegt schöne grüne Weide.
(Mephistopheles in Goethes Faust)