NZZ Artikel: Aktuelle Situation an den internationalen Warenmärkten
Hallo zusammen,
anbei möchte ich Euch gerne den folgenden Artikel in das Forum stellen.
Viel Spass beim Lesen und ein schönes Wochenende wünscht Euch
Euer
Franjo
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(Quelle: Neue Zürcher Zeitung / Ausgabe 07. Februar 2003)
Die internationalen Rohwarenmärkte im Januar
Kriegsprämien bei Erdöl und Gold
Basismetalle mit spekulativen Avancen
Die Kurse an den internationalen Rohwarenmärkten haben seit Jahresbeginn kräftig zugelegt. Ob diese Kursgewinne als Kriegsbefürchtungen oder als Signale eines Konjunkturaufschwungs zu deuten sind, ist schwierig zu beurteilen. Sicher ist, dass die Notierungen im Energiesektor und jene für Gold eine Kriegsprämie reflektieren.
Fdr. Vancouver, 6. Februar
Die internationalen Rohwaren haben gleich zu Beginn des Jahres vergleichsweise kräftig zugelegt, stieg der Reuters-Index im Monatsverlauf doch um 4,2% auf 1431,68 Punkte, wobei er seinen Höhenflug auch im Februar fortsetzte. Die Kennzahl des Commodity Research Bureau (CRB), die im letzten Jahr um nicht weniger als 28% zugelegt hat, verbesserte sich im Januar erneut um 4,3%, während sich der mehr energielastige Index von Goldman Sachs (GSCI) um 5,2% verbesserte. In welchem Ausmass diese Verbesserungen auf Kriegsbefürchtungen zurückzuführen sind und weniger als eigentliche Signale für einen bevorstehenden Konjunkturaufschwung zu interpretieren sind, ist im Einzelfall schwierig zu beurteilen. Indessen kann kein Zweifel daran bestehen, dass vorab die Preise im Energiesektor eine eigentliche Kriegsprämie reflektieren; auch bei den Notierungen für Gold dürften geopolitische Unsicherheiten teilweise eine Rolle spielen, während die Avance bei Platin, das seit Anfang Januar kontinuierlich zugelegt hat, eher auf eine Verknappung des Angebots zurückzuführen ist.
Weniger Opec-Erdöl im Frühling?
Im Energiesektor spielt nicht nur ein möglicher Krieg gegen den Irak bzw. die Befürchtungen um einen Unterbruch der Erdöllieferungen aus dem Nahen Osten mit eine Rolle, sondern auch der Umstand, dass in Venezuela, einem wichtigen Opec-Produzenten und Lieferanten für die USA, zurzeit - rund zwei Monate nach Beginn des Generalstreiks - immer noch nur etwa ein Drittel der vorher geförderten Menge produziert wird. Der damit entstandene Ausfall hat in jüngster Zeit namhaft zum Preisanstieg - Brent-Qualität beispielsweise erreichte Anfang Februar den höchsten Preis der letzten zwei Jahre - beigetragen, zusammen mit der Tatsache, dass die Erdölvorräte vorab in den USA kleiner sind als in Vergleichsperioden. Der frühere Opec-Chef Ali Rodriguez, der dieser Tage als Chef des venezolanischen Erdölförderers PDVSA zeichnet, glaubt zwar, dass der venezolanische Gesamtausstoss bis Ende Februar wieder auf das Normalmass gestiegen sein wird - im November produzierte Venezuela noch 3,2 Mio. Fass pro Tag -, doch stösst diese Angabe in Marktkreisen auf allerhand Skepsis. Dennoch verlautet aus dem Umfeld der Opec, dass die Organisation für den Zeitpunkt, zu dem Venezuela wieder voll produzieren wird, bzw. für das 2. Quartal eine Reduktion der Ausstossmenge ins Auge fasst. Das hat indessen vorab damit zu tun, dass die Globalnachfrage im zweiten Vierteljahr aus saisonalen Gründen zumeist um bis zu 2 Mio. Fass pro Tag abnimmt. Die Opec-Förderquote beträgt zurzeit bzw. seit Februar 24,5 Mio. Fass pro Tag; das nächste Opec-Treffen findet im März statt. So oder so ist die Opec bereits jetzt darum besorgt, den Erdölpreis nicht in den Keller fallen zu lassen; einzelne Beobachter sind nämlich der Auffassung, im Laufe des Sommers könnte der Fasspreis um bis zu 10 $ nachgeben.
Verteuerte Edelmetalle
Bei Gold, das im Vorfeld der Rede des amerikanischen Aussenministers Colin Powell vom Mittwoch auf beinahe 390 $ je Unze bzw. auf den höchsten Stand seit August 1996 gestiegen war, dürften die Kriegsängste ebenfalls ausschlaggebend sein. Der Terrainverlust des Dollars gegenüber dem Euro - und zwar nicht nur wegen der Irak-Krise, sondern z. B. auch wegen der negativen US-amerikanischen Leistungsbilanz - spielt ebenfalls eine Rolle. Immerhin hat die jüngste Entwicklung gezeigt, dass die Prognose von Gold Fields Minerals Services (GFMS) vom Vormonat (vgl. NZZ 17. 1. 03), wonach der Goldpreis im Durchschnitt des ersten Halbjahres sehr wohl die Marke von 370 $ je Unze erreichen könnte, keineswegs aus der Luft gegriffen scheint.
Die «Goldbugs» sind indessen ungleich GFMS der Meinung, die Goldnotierung sei auch ohne die «Irak-Unterstützung» in der Lage, auf dem zurzeit hohen Niveau, wenn nicht noch höher, bestehen zu können. Nebst Gold hat seit Jahresbeginn auch Platin deutlich zugelegt. Hatte der Unzenpreis noch am 2. Januar bei 610 $ gelegen, so stieg er bis zum Monatsende kontinuierlich auf 659 $ und erreichte in den ersten Februartagen 670 $. London meldete gar ein Fixing von 698 $ je Unze und aus dem europäischen Festland touchierte der Spotpreis die Marke von 701 $ je Unze. Das sind die höchsten Notierungen seit Oktober 1980, und sie sind weitgehend auf Lieferprobleme seitens des aus globaler Sicht zweitwichtigsten Produzenten, Russland, zurückzuführen. Norilsk Nickel, der grösste Einzelproduzent ausserhalb Südafrikas, hat nämlich dem Vernehmen nach mit Streikproblemen zu kämpfen, während südafrikanische Lieferanten - sie stellen rund 70% der globalen Produktion - zurzeit nicht in der Lage sind, den Ausfall wettzumachen. Gleichzeitig ist am Markt niemand anders zu Abgaben bereit. Die Leasingraten betragen momentan etwa das Dreifache des Normalstandes. UBS Warburg/Sempra hat schon in der Dezemberausgabe von «Metals Monthly» scharfe Aufwärtsbewegungen vorausgesagt. Beobachter sprechen nun bereits davon, die Marke von 1000 $ je Unze, die letztmals im März 1980 durchbrochen worden war, sei nicht unerreichbar. UBS Warburg erwartet einen Durchschnittspreis von 570 $ je Unze für 2003 und einen von 590 $ je Unze im Jahr darauf.
Korrektur bei Basismetallen erwartet
Die Basismetalle der London Metal Exchange (LME) konnten sich im Januar ebenfalls verbessern; der Preisindex der sechs Metalle stieg um rund 10%, wobei Nickel allein um 15% zulegen konnte. Kupfer übersprang die Marke von 1700 $ je Tonne und Aluminium jene von 1400 $ je Tonne. Dennoch sind die meisten Beobachter der Auffassung, der Aufwärtsbewegung fehle etwas Grundsätzliches, nämlich eine solide Endnachfrage. Die höheren Preise werden als Ergebnis spekulativer Nachfrage beurteilt. Man verweist darauf, dass die sogenannte «open interest»- Komponente an der LME im Januar um 9% geklettert ist, jene für Nickel allein gar um 35%. In der Tat haben Metallunternehmen wie Rio Tinto oder Inco unlängst darauf hingewiesen, dass sich eine ernst zu nehmende Konjunkturerholung globaler Art mit der Ausnahme von China nur langsam einstellen werde. Dies zeigt sich auch in der Aktienkursentwicklung der meisten Bergbauunternehmen, welche den Metallpreisen in keiner Weise gefolgt ist. Korrekturen werden deshalb bei Gelegenheit nicht ausgeschlossen.
Unter den «soft commodities» ist Zucker (Kontrakt Nr. 11) seit Jahresbeginn auf deutlich über 8 Cent je Pfund gestiegen; damit hat Zucker um rund 50% zugelegt, seitdem die Notiz im letzten Sommer bei knapp über 5 Cent gelegen hatte. Wie üblich sind es eine Vielzahl von Gründen, welche Zucker auf den höchsten Stand seit Juli 2001 getrieben haben. Zum einen will Brasilien offenbar mehr Zuckerrohr für die Äthanolproduktion verwenden, womit weniger Zucker auf den Weltmarkt gelangen dürfte. Zum anderen sind spekulative Blasen unübersehbar, womöglich im Zusammenhang mit der Befürchtung über künftige Unterbrüche der Handelsrouten im Arabischen Golf. In London sind an der Liffe die Terminpreise für raffinierten Zucker erstmals seit Dezember 2001 wieder auf über 240 $ je Tonne geklettert, obwohl dem Vernehmen nach das Überangebot an EU-Zucker vom Markt noch nicht restlos verdaut ist.
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