Ölpreis: Aufwärtskorrektur mit Absturzgefahr
Die Preistreiber waren heute wieder aktiv in London. Die durch die Börse NY vorgegebene Aufwärtsbewegung für max. $ 4/to höhere Gasoilkurse in London wurde glatt verdoppelt. Hingegen wurde die Prämie für physisches Gasoil fob Rotterdam von gestern bis $ 37/to auf den Bereich um $ 30/to (+28/32/to) über Börse zurückgestuft. Also wurde damit der Börsenaufschlag teilweise aufgefangen.
Man muss sich ernsthaft fragen, weshalb der Gasoil Aprilkontrakt immer noch dermassen deutlich unter der physischen Notierung zurückhängt. Wenn die Anbieter und Preismanipulierer doch der Überzeugung sind, dass sich die auch jetzt noch exorbitant hohe Prämie in den kommenden Tagen behaupten kann, hätten sie doch schon lange damit beginnen müssen, vermehrt Börsenware zu kaufen. Dieses Produkt kann bekanntlich in der 2. Monatshälfte April physisch ab den Lieferplätzen Amsterdam/Rotterdam übernommen werden.
Aber die Umsätze sprechen eine andere Sprache. Seit dem kräftigen Rückschlag vom letzten Freitag fielen sie kontinuierlich zurück. Preiserhöhungen ohne gleichzeitigen Anstieg der Umsätze stehen immer auf wackeligen Füssen. Mit Ausnahme bei Benzin NY liegen auch die Umsätze der anderen Börsenprodukte unter letztem Freitag.
Der Kursrückschlag vom Freitag wurde durchwegs als übertrieben heftig beurteilt. Aber auch vier Börsensitzungen später notieren wir für Gasoil London und Heating Oil New York immer noch deutlich unter der Kursspitze (Gasoil 24400/HO 8050) vom Freitag.
Auch die grossen Marktteilnehmer wissen, dass wir auf einem Pulverfass sitzen. Wenn heute, morgen oder in den allernächsten Tagen der US Sicherheitsrat beschliesst, das Programm „Öl für Nahrung“ wieder aufzunehmen, was sich allein schon aus humanitären Gründen aufdrängt, kann schon kurzfristig wieder irakisches Rohöl ab dem türkischen Mittelmeerhafen beladen werden, was unweigerlich einen psychologische bedingten Kursrückgang auslösen wird. Momentan fliessen noch rund 90'000 Fass/Tag von Kirkuk nach Ceyhan (türkischer Mittelmeerhafen). Man rechnet, dass die Lagerkapazität von 6 Mio Fass per Ende der Woche erschöpft ist. Es zirkulieren auch bereits Meldungen, wonach Schiffsraum für prompten Verlad ab Ceyhan gesucht wird.
Nach neuesten Meldungen sollen britische Militärs mit irakischen Ölarbeitern Verhandlungen über die Wiederaufnahme der Arbeit führen. Bleibt abzuwarten wie man heute Nachmittag an der Hauptbörse NY auf solche Meldungen reagiert. Bei Eröffnung der Börse NY werden Löcher zu den gestrigen Höchstkursen (Heating 7520/Benzin 9250/Crude 2895)offen bleiben.
Eine kurzfristig erneute Abwärtskorrektur ist beinahe sicher, wenn nicht heute, dann diese Woche.
Bei weiter steigenden Preisen wächst der Druck auf die amerikanische Energiebehörde, Rohöl aus den strategischen Reserven SPR freizugeben, wenn der Lieferunterbruch aus Irak weiter anhält. Es war nie die Rede davon, nur dann Mengen freizugeben, wenn die Preise wieder ein gewisse Niveau erreichen würden. Es sei denn, die Herren Bush und Cheney haben wieder ein Päckchen mit ihren Freunden aus der Ölindustrie geschnürt. Werden keine Mengen freigegeben, muss dazu eine Erklärung abgegeben werden, die dann so heissen könnte, dass genügend Öl auf dem Markt sei. Dann wird dies für einen erneuten Kursrückschlag sorgen.
Kurzfristige Aufwärtskorrekturen sind nicht auszuschliessen, aber grundsätzlich dürfte der Markt für Kursrückschläge höchst anfällig bleiben. Das heisst einmal mehr für den Handel: wer an der Party teilnimmt sollt nahe dem Ausgang tanzen.
Technische Analyse:
Gasoil: Verstärkung für Kursanstieg bei Tagesschlusskurs über Magentalinie 23800 - dann Annäherung an 24400. Ansatz Abschwächung Aufwärtsruck nach Durchbruch 1. Fibonacci-Marke im 90 Min. Chart, aktuell bei 23200. Oberes Parallelband im 90 Min Chart erreicht – kurzfristige Gegenreaktion fällig.
Brent: Bei definitivem Anstieg über 2632, Test 2692. Ansatz Abschwächung bei Durchbruch unter 2571.
Benzin NY: Verstärkung Anstieg nach Schluss über schwarze Signallinie 9340. Sonst Gegenreaktion.
$/CHF: Solange Dollar unter roter Mittellinie 120 Min Chart (13815) bleiben Vorteile Kursrückgang.
€/$: Bei Erreichen oberes Parallelband um 10770/80 kann Gegenreaktion ausgelöst werden. Aber solange Notierung über steigender (grüner) Mittellinie 120 Min Chart bleiben Vorteile € Anstieg.
Chartbilder siehe Inernetseite http://www.wonews.ch "Oel"
Intraday-Charts und Tagescharts - interessante Beiträge zu den Aussichten der Ölpreisentwicklung auch auf "Spezialberichte".
Hans R. Walk - WO News AG, Dübendorf/Schweiz