Ölpreis: Ende Streik in Venezuela - Kursrückgang?
Nachdem sich nun das Ende des mittlerweile neun Wochen dauernden Streiks in Venezuela abzeichnet, stellt sich natürlich die Frage, wie sich nun die Ölpreise zurückbilden können oder sollten. Seit Beginn des Streiks am 2. Dezember haben sich die Preise bis am Freitag wie folgt verändert:
Gasoil London + $ 60/to oder + 27,3%
Gasoil fob Rottderdam + $ 51/to oder + 22,5%
Premium (50 ppm) fob Rotterdam + $ 82/to oder + 34%
Brent London + $ 6.25/Fass oder + 24,9%
Heating Oil NYMEX + $ 0.2410/gall. ($ 74/to) oder + 32,4%
Gasoline unleaded NYMEX + $ 0.2790/gall. ($ 99/to) oder + 39%
Crude NYMEX + $ 8.63/Fass oder + 32,5%
Auffallend auf den ersten Blick, dass die Benzinpreise den höchsten Kursanstieg verzeichneten. Die Aufschläge an der Börse NY fielen deutlich höher aus als in Europa, was auf die erhöhte Abhängigkeit der USA von Venezuela zurückzuführen ist.
Veränderung der Lagerbestände in den USA (nach API) während des Streiks in Venezuela:
Destillaten (Heating Oil/Diesel) Rückgang 1.419 Mio Fass oder –1,41%,
Crude Abbau von 14.431 Mio Fass oder –5%.
Aber ausgerechnet bei Benzin, wo der grösste Preisanstieg verzeichnet wurde, liegen die Lager (Stichtag 6.12. bis 24.1.) um 6.401 Mio Fass oder 5% höher. Sicher sind die Bestände deutlich tiefer als im Vorjahr. Hier fällt vor allem die sich klar ausgeweitete Differenz von noch 24.459 am 6.12. auf 42.353 Mio Fass am 24.1. bei Crude auf. Die Frage bleibt aber dennoch, ob sich der gezeigte Anstieg der Ölpreise in diesem Ausmass in Anbetracht dieser Lagerentwicklung gerechtfertigt ist. Wohl kaum. Es wird sich in den allernächsten Tagen zeigen müssen, wie sich das Streikende in Venezuela auf die Ölpreise auswirken wird.
Eine sogenannte Kriegsprämie in Erwartung einer wahrscheinlichen militärischen Intervention im Irak war schon vor Ausbruch des Streiks in Venezuela in den Ölpreisen enthalten.
Der saudische Ölminister hat sich am Wochenende dahingehend geäussert, dass mit der Wiederaufnahme der Lieferungen aus Venezuela und der mittlerweile aufgenommenen Produktionserhöhung durch die OPEC die Lager in den USA rasch aufbauen werden. Auch andere Ölminister befürchten ein Überangebot im März, wenn die Heizölnachfrage nach Ende der Heizsaison in der nördlichen Hemisphäre zurückgeht. Es ist allerdings kaum anzunehmen, dass die OPEC kurzfristig eine erneute Produktionskürzung vornehmen wird, solange nicht mindestens das obere Preisband von $ 28 für den OPEC Korbpreis klar unterschritten ist. Diese Notierung lag am Freitag bei $ 30.71/Fass. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Saudis eher ein Preisniveau am unteren Ende des Preisbandes zwischen $ 25 und $ 22 anstreben.
Die Frage, in welchem Ausmass sich der Ölpreis in den nächsten Tagen oder gar Wochen allenfalls zurückbilden kann, wird auch in erheblichem Ausmass von der weiteren Entwicklung der Irakkrise abhängen. Wenn allerdings nicht schon bald ein konkreter Termin für ein relativ rasches Eingreifen im Februar oder spätestens anfangs März bekannt gegeben wird, wird es immer schwieriger, die Ölpreise auf dem übertrieben hohen Niveau zu halten.
Damit sich aber überhaupt ein erster Ansatz für den Beginn einer grösseren Abwärtsbewegung bilden kann, müssen die Notierungen zuvor unter die roten Signallinien in den Tagescharts abgleiten. Erst dann erhalten auch die grossen institutionellen Anleger an den Oelbörsen ein Signal für Liquidation von Haussepositionen. Diese Linien werden auf unserer Webseite http://www.wonews.ch in „Tagescharts“ „Signale Tagescharts Oel“ laufend periodisch aktualisiert und sind im Augenblick in folgenden Bereichen:
Gasoil 26475, Brent 3056, Heating Oil 8988, Benzin 9242 und Crude 3289.
Ohne Tagesschlusskurs unter diesen Marken ist es müssig, irgendwelche Kurszielberechnungen nach unten anzustellen. Wenn nämlich kein entsprechender Durchbruch erfolgt, werden sich die Ölpreise schon kurzfristig wieder nach oben bewegen. Wegen der für Mittwoch von den USA in Aussicht gestellten Beweise, dass Irak Massenvernichtungswaffen besitzt, dürften sich die Verkäufer allenfalls vorerst ohnehin noch zurückhalten. Für den Handel erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs der Inlandpreise dann, wenn im Combi Gasoil Chart (Preis in 100lt in Inlandwährung SFR oder Euro)ein Verkaufsignal erscheint.
Technische Analyse:
Gasoil IPE FEB Kontrakt: Annäherung an die Signallinien nur wenn zuvor Rückgang unter 27050/26976. Anstieg über 27700 würde fällige Abwärtskorrektur verzögern.
Brent IPE März Kontrakt: Anstieg über 3094 würde Test/Durchbruch Signallinie verzögern.
Benzin NY: Erst Schlusskurs unter 9555 lässt Ansatz Annäherung an Signallinien erkennen.
€/$: Ohne erneute Erholung über 10795 bleiben Vorteile für schwächeren Euro.
Hans R. Walk / WO News AG, Dübendorf/Schweiz