Parasiten im Paradies: Wie Mediziner die Kassen ausnehmen
Parasiten im Paradies - Wie Ärzte die Kassen ausnehmen
Von Jan Keuchel
Handelsblatt, Wuppertal (12.09.06) - Sie haben das Image des Saubermanns. Doch einige Ärzte und Apotheker in Deutschland prellen das Gesundheitswesen jährlich um Millionenbeträge – weil es so einfach geht. Wie Mediziner die Kassen ausnehmen. Eine Handelsblatt-Reportage.
Während im ganzen Land über die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen diskutiert wird, fließen Milliarden dieser Gelder in falsche Kanäle. Nicht nur Verschwendung und Misswirtschaft machen dem System zu schaffen. Auch betrügerische Ärzte, Apotheker, Therapeuten und Patienten. Ahnungslosigkeit ist ein sanftes Ruhekissen. So gesehen dürften Petra Kötter und Manfred Thielen* (Namen von der Redaktion geändert) eine angenehme Nachtruhe haben. Noch wissen sie nicht, was sich da gerade hinter ihrem Rücken abspielt – dass ihre Geschichte heute in der Zeitung steht. Dass sie, die Masseurin und der Arzt aus Süddeutschland, demnächst unangenehme Fragen beantworten müssen.
Die Beweise sind längst gesammelt. Heimlich, akribisch, in mühevoller Kleinarbeit hat der Fahnder der Barmer Ersatzkasse sie zusammengetragen. Abrechnungen hat er durchwühlt, Unterschriften verglichen, Patienten überprüft, ein echtes Gedulds-, ein Puzzlespiel. Jetzt scheint die Zeit reif zu sein. „Die Sache“, sagt Thomas Feige kühl, „wird bei der Staatsanwaltschaft landen.“
Thomas Feige ist zufrieden. Sein Mitarbeiter vor Ort hat wieder zwei mutmaßliche schwarze Schafe aufgespürt, die die Barmer mit falschen Abrechnungen betrogen haben sollen. Feige leitet die „Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ bei der Barmer Ersatzkasse. Blaues Kurzarmhemd, randlose Brille, trotz Dreitagebart eher der softe Typ. „Über 1 000 laufende Verfahren“, stöhnt Feige. Und das nur bei der Barmer.
Nicht nur Verschwendung und Misswirtschaft machen dem System zu schaffen
Bei ihm in der Wuppertaler Zentrale laufen die Fäden zusammen, wenn es mal wieder nach Manipulation stinkt. Und es stinkt, nicht nur in Bayern. Während im ganzen Land über die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen diskutiert wird, fließen Milliarden dieser Gelder in falsche Kanäle. Nicht nur Verschwendung und Misswirtschaft machen dem System zu schaffen. Auch betrügerische Ärzte, Apotheker, Therapeuten und Patienten.
Im Saarland läuft zurzeit die größte Fahndungsaktion gegen diese Parasiten im Paradies. Gegen mehr als 120 Mediziner und Apotheker wird ermittelt und gegen 2 000 Patienten. Sie sollen Kasse auf Kosten der Kassen gemacht haben – weil es so einfach geht und Kontrolle fehlt.
Abrechnungsbetrug, ein böses Wort. Müsste man ihm eine Farbe geben, sie wäre wohl schwarz, zumindest grau. Doch die Täter sind alles andere als Dunkelmänner. Gewöhnlich stehen sie für Reinheit, Gesundheit und Heilung. Sie sind schwarze Schafe in weißen Kitteln.
All
Abrechnungsbetrug usw.
Wo kein Kläger da kein Richter. Gelegenheit macht Diebe usw.
Stelle mir nur die Frage:
Jedes Quartal muss der Versicherungspflichte seinen Obulus von 10 Euro abdrücken. Das geht technisch ohne Probleme.
Man bekommt seine Quittung usw.
Mittlerweile ist ja eh alles elektronisch erfasst.
Man lasse einen Ausdruck der Bedhandlungsaufwendungen des letzen Quartals oder ab dem Zeitpunkt des letzten Arztbesuches ausdrucken und unterschreiben.
Hier stellt sich dann sehr schnell heraus, welcher Arzt welche Behandlungen verordnet hat.
Wäre doch so einfach.
gruss
@ Richard Ebert [#1]
"Wie Ärzte die Kassen ausnehmen
Auch betrügerische Ärzte, Apotheker, Therapeuten und Patienten."
Charakteristisch an diesem Beitrag ist wieder was hier fehlt:
Zuerst werden die Ärzte betrogen, indem die Gebührenordnung für Ärzte seit 15 Jahren nicht mehr die Inflationsverluste ausgleicht und sie durch ständig neue bürokratische Auflage mehr leisten müsse, aber immer weniger Geld dafür erhalten.
Das führt dann dazu, dass einige Ärzte die Grenzen des Zulässigen nicht mehr so richtig wahrhaben wollen und im Einzelfall mal mehr als erlaubt abrechnen.
Wenn die geleistete Arbeitszeit gegen die abgerechneten Gelder verglichen würden, wäre zu ermitteln, dass die Mehrzahl der angeblich betrügenden Ärzte für ein ungemessen niedriges Entgelt arbeitet und nicht, wie hier unterstellt, betrügt.
Der Betrug kommt von der Koalition der Geldabschneider (Merkel & CoKG).
Gegen die ermittelt nur leider niemand.
@ fluggerät [#3]
Wir reden nicht von der Allgemeinheit. Die wird sicherlich im grossen und ganzen ordentlich verfahren.
Nur, wenn ein Artzt Behandlungen abrechnet, welche er nicht gemacht hat, dann ist das schlicht und ergreifend Betrug.
Ich kann ja auch als Banker nicht sagen, ich nehme mir jetzt 500 Euro aus der Kasse, weil ich seit Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen habe und immer mehr arbeiten muss für das gleiche Geld.
Schuld sind die Bosse in den Etagen, aber gegen die geht niemand vor.
Das kann doch nicht die Rechtfertigung sein.
gruss
@ Walter [#4]
Ich widerspreche wirklich ungern, aber ich habe ein solches angebliches Betrugsverfahren für einen (ärztlichen) Kollegen übernommen gehabt.
Die Anklage war an den Haaren herbeigezogen, der Sachverhalt wurde nicht ordentlich recherchiert, die angeblichen Beweismittel waren auf fragwürdige Weise erlangt.
Der Beschuldigte hat sich nachher gegen eine geringe
Gebühr auf eine Einstellung des Verfahrens mit der Staatsanwältin geeinigt.
Ich hätte so was nicht hingenommen.
Welche Fälle in dem Artikel gemeint sind, läßt sich diesem nicht entnehmen.
In dieser Allgemeinheit formuliert, ist es ein Angriff auf die ehrliche Arbeit vieler Ärzte und kann so nicht stehen gelassen werden.
Damit sollen nicht einzelne Betrüger in Schutz genommen werden, was das andere Extrem wäre.
Anders formuliert: Was hier fröhlich als Betrug unterstellt wird, muss noch lange keiner sein.
Ein Griff in die Firmenkasse stellt sich als nicht vergleichbar dar.
Der Arzt rechnet Leistungen ab.
Ob sie erbracht wurden, ist in der Gebührenordnung definiert.
Wenn sie nicht erbracht wurden, kann der Arzt mitunter auch den Zeitaufwand analog mit der naheliegenden Tätigkeit abrechnen.
Dann kommen diese Betrugskasperle und behaupten bereits, das sei Abrechnungsbetrung, weil sie kein angemessenes Entgelt für den Arzt bezahlen wollen. So geht das jedenfalls nicht.
Walter,
Sie erlauben sich hier offensichtlich ein Urteil über einen Sachverhalt, von dem Sie keine Ahnung haben.
Die kranken Kassen zahlen mit befreiender Wirkung einen Festbetrag an die KVen, welchen diese wiederum an die Ärzte verteilen.
Rechnet ein Kassenarzt Leistungen ab, die er nicht erbracht hat, (meist hingegen erbringt er Leistungen, die ihm nicht erstattet werden ;))betrügt er nicht die kranken Kassen, sondern seine Kollegen.
Die kranke Kassen zahlen im Schnitt ca 180 Euro /Quartal /Mitglied an die KVen. Damit müssen ALLE ambulanten ärztliche Leistungen des Mitgliedes UND seiner mitversicherten Angehörigen bezahlt werden. Wer ist da der Betrogene?
Der Betrug am Zwangsmitglied der kranken Kassen findet andernorts statt. Es gibt keine unabhängige Kontrolle dieser Körperschaften - die immerhein einen Milliarden-Etat treuhänderisch verwalten sollen. Über die tatsächlichen Verwaltungskosten der Kassen und KVen läßt sich nur spekulieren - man darf von ca 50% der Gesamteinnahmen ausgehen. 140 Tausend ambulant tätigen Ärzten in D stehen gegenüber ca 180 Tausend Verwaltungsfuzzis bei kranken Kassen und KVen.
@ snowboarder [#6]
An den Zahlen läßt sich doch eindeutig sehen, wer hier der Betrogene ist:
140.000 Ärzte zu 180.000 Geldkassierer ohne ärztliche Arbeit.
Bei den Ärzte wird Abrechnungsbetrug geschrieen, bei den Abkassierern nur sie wollen noch mehr Geld und können es sich gleich selbst genehmigen.
Irgendwie läuft hier was schief.
@ snowboarder [#6]
Sie erlauben sich hier offensichtlich ein Urteil über einen Sachverhalt, von dem Sie keine Ahnung haben.
Korrekt.
Ich habe keine Ahnung, deshalb Frage ich hier und Sie klären mich auf.
Nur nochmals. Wer eine Leistung verrechnet, die er nicht erbracht hat begeht einen Betrug. So mein Rechtsverständnis.
Wenn Sie nicht erbracht werden, so FG, so kann eine analoge Tätigkeit abgerechnet werden.
Sorry, ist für einen Laien schwer verständlich. Warum rechnet er nicht gleich die analoge Tätigkeit ab.
Über den Verwaltungsappart usw. brauchen wir auch nicht reden.
Ich verstehe nur nicht, das man nicht in der Lage ist ein System aufzubauen, das für alle Beteiligten tragbar ist.
Letztendlich will keiner was von seinen Pfründen opfern.
gruss
@ Walter [#8]
"Sorry, ist für einen Laien schwer verständlich. Warum rechnet er nicht gleich die analoge Tätigkeit ab."
Wird gemacht und dann als angeblicher Abrechnungstrug teilweise verfolgt.
Hier in Berlin wurde extra für diese Fälle ein Kommission bei der Polizei eingerichtet.
Ziel solcher Maßnahmen ist nicht die richtige Abrechnung und angemessene Entlohnung, sondern die Ärzte einzuschüchtern, damit sie weiter unentgeltlich Leistungen erbringen.
Irgendwie reicht es den Ärzten langsam.