Psychologie: Stopps - vor Erreichen streichen
Gefunden auf TI, von MirkoSch:
In dieser Woche ist mir wieder öfter mal beim Trading klargeworden, dass es nicht einfach ist, objektiv und klar zu handeln. Ein kleines Beispiel, das bestimmt viele von euch kennen.
Ich eröffne einen Trade im Bund Future, die Position läuft vielleicht anfänglich ganz gut, jedoch nähert sie sich langsam meinem StopLoss, den ich schon fest bei IB eingegeben habe. Aus Angst den Verlust zu realisieren und sich einzugestehen, dass man daneben lag, nehme ich den StopLoss raus.
Was danach geschieht, ist ja klar. Der Markt läuft weiter gegen die Position und man muss einsehen, dass man nicht gegen den Markt traden kann. Die Wochenbilanz sieht dann dementsprechend aus, dass zwei drei solcher Verlusttrades alle gesammelten Gewinn der Woche wieder auffressen.
Es mangelt meinem Trading sicher nicht an guten Strategien und gutem Moneymanagement, jedoch extrem an der richtigen Einstellung zum Befolgen der eigenen Regeln.
An dieser Schwelle standen bestimmt schon viele von euch. Nun meine Frage an euch, wie habt ihr diese Schwele überwunden?
Eine Antwort auf http://www.tradesignal.com:
@ MirkoSch
Hi,
ich vermute, daß es gar nicht mal so sehr das Problem ist, einen Verlust zu realisieren. Dieses Ereignis widerfährt einem zu häufig, als daß man im Laufe der Zeit nicht eine gewisse psychische Resistenz gegen den Seelenschmerz entwickelt hat. Der Hase liegt meines Erachtens woanders begraben:
Du hast, sagen wir mal, eine Long-Position im Bund mit 10 Ticks Stopp. Die Position läuft gegen Dich, der Stopp-Kurs wird fast erreicht und Du nimmst den Stopp raus. Warum? Sind in der kurzen Zeit seit dem Eingehen der Position Ereignisse eingetreten, die eine grundlegende Neubewertung des Marktes erfordern und beinhalten, den Stopp mal schnell auf 20 oder 30 Ticks zu erhöhen? Extrem unwahrscheinlich. Warum also fliegt der Stopp raus? Antwort: es könnte ja sein, daß jetzt gerade das Tagestief erreicht ist und der Markt dreht.
Ich denke, jeder hier hat hat das schon mal durchmachen müssen: zum Tagestief (oder bei short zum Tagehoch) ausgestoppt und dann rennt der Markt in die Gegenrichtung und man findet den Einstieg nicht mehr. Nicht nur, daß man sich zumindest für den Tag den Ehrentitel "Deutschlands dümmster Trader" eingehandelt hat, nein, man hatte ja die richtige Position, und wenn man sie nur ausgesessen hätte, wäre man King of the Hill am Tagesende gewesen.
Ein solches Ereignis ist aus meiner Sicht das psychisch am schwersten zu verkraftende, das es überhaupt gibt, und ich will denjenigen sehen, der das so einfach wegsteckt. Es ist der absolute Horror!
Wenn Du also Deinen Stopp rausnimmst, dann - vermute ich - aus der inneren (unbewußten) panischen Angst davor, dieses Horrorerlebnis durchleiden zu müssen. Du kannst zwar jetzt Geld verlieren ohne Ende, aber eines passiert sicher nicht: zum schlechtesten Kurs des Tages ausgestoppt zu werden.
Wie sieht nun die Lösung aus?
Du hast ein funktionierendes Handelssystem oder –konzept, über einen längeren Zeitraum durchgerechnet bzw. schon gehandelt. Bestandteil dieses Systems sind auch bestimmte Stoppkurse. Wären diese fehlerhaft (zu eng, zu weit etc.), hättest Du das System schon verworfen bzw. modifiziert.
Bestandteil Deines Systems sind also auch Situationen, in denen Du ausgestoppt wirst sowie auch hin und wieder mal Tage, an denen Du zum schlechtesten Kurs des Tages ausgestoppt wirst. Die Gesamtperformance können diese Tage letztlich jedoch nicht beeinträchtigen.
Deshalb kannst Du Dir sagen: wenn ich jetzt per Stopp rausfliege und es sogar das Tagestief sein sollte, ist mir das egal, denn das ist alles Bestandteil des Systems. Ich kümmere mich nicht darum, ob es nun Tagestief oder –hoch war, sondern warte auf das nächste Einstiegsignal.
Gruß
JoeDalton