Rohöl: Viel OPEC um Nichts ??

Die Nachrichten des Mittwochs:

a) OPEC beschloß, die Tagesförderung ab dem ersten Februar um 1,5 Mio. Barrel zu senken.

b) An der IPE London sank Brent Crude März 2001 gegenüber Vortag um 73 Cents und schloß mit 24,79.

c) An der New York Mercantile Exchange schloß der Märzfuture um 70 Cents unter Vortag.

Wie kann das sein, daß ein Beschluß, der tags zuvor noch als für zwei Dollars Preisanstieg ausreichend angesehen wurde, am nächsten Tage einen Preisabschlag von 70 Cents bewirkt ?

Presseagenturen waren mit den Erklärungen schnell zur Hand. Es habe sich in der Reaktion des Marktes um ein typisches "Kaufe die Erwartung, verkaufe den Fakt" gehandelt. Humbug!

Eine andere meldete, "der Kürzungsbeschluß habe voll und ganz den Erwartungen entsprochen und enthalte deswegen keinerlei Auftriebsimpulse". Auch das kann nicht ganz überzeugen.

Denn, wenn dem so wäre, warum war die Erwartung 70 Cents mehr wert als deren Bestätigung ?

Machen wir es kurz, die Ölmärkte reagierten am Mittwoch nicht nur auf die OPEC. Sie reagierten auch auf andere Meldungen:

d) Am Dienstag wurde ein Öltanker in den türkischen Hafen Ceyhan beordert.

Diese unscheinbare Meldung entfaltete mehr Wirkung als der OPEC-Beschluß. Denn Ceyhan ist einer der beiden Verladehäfen für die irakischen Ölexporte. Seit dem ersten Dezember pumpte der Irak kein Öl mehr in die Pipeline nach Ceyhan. Wenn nun ein Tanker in Ceyhan Öl laden soll, so kann das nur eine Wiederaufnahme der irakischen Ölexporte über Ceyhan bedeuten. Was seinerseits ohne eine kräftige Steigerung der irakischen Produktion keinen rechten Sinn machen würde.

Um wieviel Öl geht es dabei?

Nach übereinstimmenden Einschätzungen verschiedener Quellen produzierte Irak im November täglich 2,7 Mio. Barrel Rohöl, im Tagesdurchschnitt der letzten beiden Dezemberwochen jedoch nur 0,9 Mio. Barrel.

Nach eigenen Erklärungen verbraucht Irak täglich 0,8 Mio. Barrel selbst. Rechnerisch blieben von der irakischen Produktion seit Anfang Dezember täglich nur 0,1 Mio. Barrel. Die Menge entspricht grob dem Kontraktumfang von zweieinhalb Nymex-Futures. Ein Indiz für die Richtigkeit der Kalkulation war die Meldung, daß am 08.01.01 im irakischen Ölhafen Mina El Bakr ein einziger Tanker am Ladepier lag.

Würde Irak die Produktion wieder auf Novemberniveau hochfahren, so stiege das zusätzliche, tägliche Exportangebot um 1,8 Mio. Barrel. Wer jetzt kurz rechnen will, sollte noch einen Moment warten.

e) Nach dem Abschluß der Wiener OPEC Gespräche erklärte der irakische Botschafter in Österreich, Irak werde die Tagesproduktion ab ersten Februar täglich 800.000 Barrel für den Eigenbedarf und 2,0 Millionen Barrel für den Export erhöhen.

JETZT dürfen Sie rechnen, aber bedenken Sie, daß der Irak bereits 0,1 Mio. Barrel täglich für den Export produziert:

1,9 Mio. Barrel Angebotssteigerung durch Irak ./. 1,5 Mio. Barrel OPEC-Kürzung = 0,4 Mio. tägliche Barrel Steigerung des Exportangebotes. Der Mittwoch brachte netto also gar keine Kürzung, sondern eine Steigerung des Angebots !!!

Es scheinen sich aber noch während des Tageshandels an NYMEX Zweifel an der Durchführbarkeit der irakischen Absichten eingestellt zu haben. In den letzten 45 Minuten des Tageshandels kletterte die Notierung des Märzfutures von 27,18 (Tagestief) auf 27,90, um dann den Parketthandel mit 27,80 zu beenden.

Der Übernachthandel im Access-System hinterläßt ebenfalls nicht den Eindruck einer Schwäche. Das Tief wurde mit 27,75 verzeichnet, um 22.00 Uhr stand Märzöl bei exakt 28,00, und hatte vorher schon mal die 28,05 (den Eröffnungskurs des Tageshandels) touchiert.

Das war der Mittwoch in Öl.

Wie es in den Preisen weitergeht, wird in den nächsten Tagen hauptsächlich davon abhängen, wie die Öltrader die Fähigkeit des Iraks beurteilen, seine Produktion tatsächlich bis zum ersten Februar auf die avisierten 2,8 Mio. Tagesbarrel hochzufahren.

Geschrieben von Siegfried Rambaum am
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