Sentix: Auf der Suche nach einem neuen Thema
Die auffälligste Entwicklung der letzten beiden Wochen war das Auseinanderfallen der so lange Zeit bestehenden engen Korrelation zwischen Aktien, Renten und EUR-USD. Trotz freundlicher Aktienkurse tendierten diesmal auch die Renten fester und der Eurokurs schaffte fast ein neues Jahreshoch.
Diese divergente Entwicklung zu dem im ersten Quartal gewohnten Bild zeigt, dass (a) das Thema Irak als Kapitalmarktthema endgültig ausgedient hat und (b) die Marktteilnehmer auf der Suche nach einem neuen Thema sind, es aber noch nicht gefunden haben. Somit dürfte der kommende Mai in seinem Kursverlauf an den verschiedenen Märkten ein Spiegel dieser Suche werden.
Welche Informationen enthalten die neuesten sentix-Daten?
Aktien
Positiv ist die mittelfristige Stimmungsverbesserung zu werten. Die Marktteilnehmer billigen den wichtigsten Indizes, trotz aktuell höherer Notierungen, ein größeres Kurspotential zu. Die auf kurze Sicht verschlechterte Stimmung zeigt, dass die Anleger wieder etwas vorsichtiger positioniert sind.
Negativ ist das charttechnische Pattern zu werten. Eine S-K-S-Umkehr (im DAX und ESX50) muss aus methodischen Gründen stark bezweifelt werden.
Eine Aufwärtsbewegung in Form einer Flagge bzw. eines Baisse-Keils ist aus mehreren Gründen methodisch zu favorisieren:
- Umsatzverhalten in den vermeintlichen SKS nicht korrekt
- Steigende Kurse Richtung 3000 ohne Umsatz oder Volaimpuls
- Alle Aufwärtsimpulse waren nach Elliott zwei- und nicht dreiteilig, wie bei einem neuen Aufwärtstrend zu vermuten wäre
Der in der letzten Woche ausgebildete Evening-Star ist in diesem Zusammenhang ein ernst zu nehmendes Warnzeichen. Die aktuellen Sentimentdaten sind demnach aktuell nicht die entscheidende Informationsquelle. Der Markt hat sein neues Thema noch nicht gefunden, der Mai wird wahrscheinlich holprig. Ein Test der 2700 und möglicherweise auch deutlich darunter ist im Zuge dieses Suchprozesses wahrscheinlich. Solange aber der mittelfristige Optimismus nicht wieder "entweicht" oder aber die Renten zu einem neuen Höhenflug ansetzen (und sich damit gegen ein wieder positives mittelfristiges Makrobild entscheiden), wird zumindest das Tief Mitte März, evtl. sogar das von Ende März nicht mehr unterschritten.
Eine auffällige Entwicklung unter sentimenttechnischen Aspekten ist beim Nikkei zu beobachten. Dieser konnte die Marke von 8500 nicht überschreiten, im Gegenteil: mit dem neuen Fiskaljahr vielen japanische Aktien weiter zurück. Mittlerweile sind aber die kurz- und mittelfristige Stimmung stark gedrückt und auf kurze Sicht ist Pessimismus bei niedriger Prognoseunsicherheit vorherrschend. Dies dürfte einen Erholungsversuch im Nikkei ermöglichen. Ob dieser dazu ausreicht, ein charttechnisches Kaufsignal zu generieren, ist aber noch fraglich.
Renten
Auch am Rentenmarkt hat die Suche nach einem neuen Thema begonnen. Traditionell wird der Rentenmarkt i.d.R. von zwei großen Themen bewegt: Konjunktur und Inflation. Das Sonderthema "Flucht in den sicheren Hafen" ist nur in Extremsituationen Kurs bestimmend. Die Normalisierung in der Risikoaversion hat dazu geführt, dass sich die Renten nicht mehr aus den Aktien erklären lassen. Dementsprechend wird die Kursentwicklung der nächsten Wochen wieder von klassischen Markoentwicklungen dominiert. Die Entscheidung, ob es zu einer Konjunkturerholung nach dem Ende des Irakkonfliktes kommt (u.a. wegen sinkender Ölpreise, siehe auch Sonderanalyse dieser Woche) oder ob zum Beispiel das Thema SARS einen Strich durch die Rechnung macht, ist noch nicht gefallen. Klare Preissignale abwarten!
EUR-USD
EUR-USD liegt wieder in der Nähe seiner Jahreshochs, ebenso der mittelfristige Optimismus. Der kurzfristige Optimismus dagegen ist zwar auch deutlich angestiegen, hat aber noch nicht wieder das Niveau von Anfang März erreicht. Auch ist die Prognoseunsicherheit noch höher. Damit könnte EUR-USD nochmals versuchen, das Jahreshoch zu knacken. Aus sentimenttechnischer Sicht drängt sich aber kein Engagement auf, klarere Signale abwarten.
Die Sonderanalyse der Woche, weitere Charts und Analysen finden Sie auf http://www.sentix.de
Manfred Hübner
sentix - Der Sentimentindex