Richard Ebert
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Urteil: Bafin Erlaubnispflicht für Finanzdienstleister ausserhalb der
EuGH-Urteil: Erlaubnispflicht für Finanzdienstleister außerhalb der EU zulässig
Fondsprofessionell (06.10.06) - Finanzdienstleister mit Sitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) können sich nur beschränkt auf die Grundfreiheiten der europäischen Gemeinschaft berufen. Dies stellt der Europäische Gerichtshof in seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 03.10.2006 (Az. C-452/04) fest.
(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.fondsprofessionell.de/redsys/newsText.php?sid=890239&nlc=DE)
Geschrieben von Richard Ebert
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PRESSEMITTEILUNG Nr. 81/06
3. Oktober 2006
Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-452/04
Fidium Finanz AG / Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
DAS GEMEINSCHAFTSRECHT STEHT DEM ERFORDERNIS EINER VORHERIGEN
ERLAUBNIS FÜR DIE GEWERBSMÄSSIGE KREDITVERGABE DURCH EIN IN
EINEM DRITTSTAAT ANSÄSSIGES UNTERNEHMEN NICHT ENTGEGEN
Eine solche Regelung fällt unter die Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr, die in
einem Drittstaat ansässigen Unternehmen nicht zugute kommen
Nach deutschem Recht bedarf jeder, der in Deutschland gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben
oder Finanzdienstleistungen erbringen will, der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin). Diese Erlaubnis ist Unternehmen zu versagen, die nicht
ihre Hauptverwaltung oder eine Zweigstelle in Deutschland haben.
Fidium Finanz ist eine Gesellschaft schweizerischen Rechts, die ihren Sitz und ihre
Hauptverwaltung in der Schweiz hat. Sie vergibt Kredite im Umfang von 2 500 Euro oder von
3 500 Euro zu einem Effektivzins von 13,94 % p. a. an im Ausland ansässige Kunden. Etwa
90 % dieser Kredite werden an in Deutschland wohnende Personen vergeben. Sie werden über
einen Internetauftritt angeboten, der von der Schweiz aus verwaltet wird. Fidium Finanz vergibt
die betreffenden Kredite, ohne zuvor eine Schufa-Auskunft über die Kunden einzuholen.
Fidium Finanz verfügte zur Zeit der im Ausgangsverfahren maßgebenden Ereignisse nicht über
die erforderliche Erlaubnis für die Ausübung dieser Tätigkeiten in Deutschland. Daher untersagte
die BAFin ihr im Jahr 2003, das Kreditgeschäft gewerbsmäßig dadurch zu betreiben, dass sie an
in Deutschland ansässige Kunden zielgerichtet herantritt. Da Fidium Finanz der Meinung war,
dass diese Entscheidung eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstelle, erhob sie Klage
beim Verwaltungsgericht.
Dieses legte dem Gerichtshof Vorabentscheidungsfragen vor und wollte wissen, ob die Tätigkeit
der gewerbsmäßigen Kreditvergabe eine Dienstleistung darstellt oder ob sie unter die
Kapitalverkehrsfreiheit fällt. Diese Frage ist für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von
erheblicher Bedeutung, da die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien
Dienstleistungsverkehr und diejenigen über den freien Kapitalverkehr nicht den gleichen
persönlichen Anwendungsbereich haben. Im Gegensatz zur letztgenannten Freiheit kann die
Dienstleistungsfreiheit nur von Gemeinschaftsangehörigen in Anspruch genommen werden. Zur
Feststellung der unter den im vorliegenden Fall gegebenen Bedingungen anwendbaren
Bestimmungen des EG-Vertrags hat der Gerichtshof das Verhältnis zwischen diesen beiden
Freiheiten geprüft.
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass Fidium Finanz in einem Drittstaat ansässig ist. Deshalb
könne sie sich nur auf die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die
Kapitalverkehrsfreiheit berufen.
Der Gerichtshof führt aus, dass die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Kreditvergabe grundsätzlich in
einer Beziehung sowohl zum freien Dienstleistungsverkehr als auch zum freien Kapitalverkehr
stehe. Anschließend prüft er, inwieweit die deutsche Regelung die Ausübung dieser beiden
Freiheiten berührt.
Er vertritt die Auffassung, dass das Erfordernis einer Erlaubnis und die Unmöglichkeit, sie zu
erlangen, sofern in Deutschland nicht die Hauptverwaltung oder eine Zweigstelle vorhanden ist,
bewirke, dass der Zugang zum deutschen Finanzmarkt für in Drittstaaten ansässige Unternehmen
erschwert werde. Eine solche Regelung berühre vorwiegend den freien Dienstleistungsverkehr.
Ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat könne sich aber nicht auf diese Freiheit berufen.
Der Gerichtshof stellt fest, dass das deutsche Recht dadurch, dass es Finanzdienstleistungen, die
von in Drittstaaten ansässigen Unternehmen angeboten würden, für die in Deutschland
ansässigen Kunden weniger leicht zugänglich mache, möglicherweise bewirke, dass sich die mit
diesen Dienstleistungen zusammenhängenden grenzüberschreitenden Geldströme verminderten.
Jedoch sei diese den freien Kapitalverkehr beschränkende Wirkung nur eine zwangsläufige Folge
der für die Erbringung von Dienstleistungen auferlegten Beschränkungen. Unter diesen
Umständen brauche die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Bestimmungen des EG-Vertrags
über den freien Dienstleistungsverkehr nicht geprüft zu werden.
( - Ende - )
Quelle: http://www.curia.europa.eu/de/actu/communiques/cp06/aff/index.htm
Volltext: http://www.curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=rechercher&numaff=C-452/04
Ersuchen um Vorabentscheidung, vorgelegt aufgrund des
Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main
vom 11. Oktober 2004 in Sachen Fidium Finanz AG gegen
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(Rechtssache C-452/04)
(2005/C 6/52)
(Verfahrenssprache: Deutsch)
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main ersucht den
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch Beschluss
vom 11. Oktober 2004 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen
am 27. Oktober 2004 in Sachen Sachen Fidium Finanz
AG gegen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, um
Vorabentscheidung über folgende Fragen:
1. Kann sich ein Unternehmen, das in einem Staat außerhalb
der Europäischen Union, hier der Schweiz, seinen Sitz hat,
für die gewerbsmäßig betriebene Vergabe von Krediten an
Einwohner eines Mitgliedstaates der Europäischen Union,
hier der Bundesrepublik Deutschland, gegenüber diesem
Mitgliedstaat und gegenüber den Maßnahmen seiner
Behörden oder Gerichte auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach
Art. 56 EG berufen, oder Unterfallen die Anbahnung,
Gewährung und Abwicklung derartiger Finanzdienstleistungen
allein der Dienstleistungsfreiheit nach Maßgabe der
Art. 49 f. EG ?
2. Kann sich ein Unternehmen mit Sitz in einem Staat außerhalb
der Europäischen Union auf die Kapitalverkehrsfreiheit
nach Art. 56 EG berufen, wenn es Kredite gewerbsmäßig
oder ganz überwiegend an Einwohner, die innerhalb der
Europäischen Union ansässig sind, gewährt und seinen Sitz
in einem Land hat, in dem es für die Aufnahme und Durchführung
dieser Geschäftstätigkeit weder dem Erfordernis
einer vorherigen Erlaubnis durch eine staatliche Behörde
dieses Landes noch dem Erfordernis eine laufenden Überwachung
seiner Geschäftstätigkeit in einer Art unterliegt, wie
sie für Kreditinstitute innerhalb der Europäischen Union und
hier insbesondere innerhalb der Bundesrepublik Deutschland
üblich ist, oder stellt die Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit
in einem solchen Fall einen Rechtsmissbrauch dar ?
Quelle: PDF Dokument des EuGH )
Nachtrag: Wie mittels Beitrag #3 zu erkennen ist, hing das Verfahren schlappe 2 Jahre in der Warteschleife wegen Anrufung des EuGH, bevor sich nun wieder das VG Frankfurt (Instanz I) dem Fall widmen kann. Danach können wieder ein paar Jahre ins Land gehen und am Ende steht dann hoffentlich ein rechtskräftiges Urteil des BVerwG (Instanz II bzw. III).
- Fortsetzung am 05.07.2007 -
Die St.Galler Internetbank Fidium Finanz klagt gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- aufsicht in Deutschland. Der Grund: Die Anstalt hat die Kreditgeschäfte verboten. Deutschland hat im vergangenen Jahr der St. Galler Internetbank Fidium Finanz verweigert, ohne amtliche Genehmigung Kredite zu vergeben. Gemäss einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) kann sich ein Unternehmen aus einem Drittland nicht auf die innerhalb der EU geltende Dienstleistungsfreiheit berufen, wenn es dort keine Niederlassung hat. Gegen dieses Urteil klagt nun die St. Galler Internetbank Fidium Finanz AG beim Hessischen Verwaltungsgerichts Frankfurt a. Main. Der Prozess findet am 5. Juli statt.
Quelle: http://www.stadt24.ch/page/2174/17
Frankfurt am Main, 05.07.2007
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main weist Klage eines in der Schweiz ansässigen Kreditvergabeunternehmens ab
Die Klägerin hat ihren Firmensitz in der Schweiz (Kanton St. Gallen) und betreibt von dort aus eine gewerbsmäßige Kreditvergabe an in der Bundesrepublik Deutschland lebende Personen, ohne im Besitz einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu sein. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat ihr dies untersagt, weil sie die erforderliche Erlaubnis für derartige Kreditgeschäfte nicht besitzt. Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne diese Kreditvergabegeschäfte ohne Erlaubnis betreiben, weil die einschlägige Vorschrift des Kreditwesengesetzes auf das Betreiben von Finanzdienstleistungen im Inland, also in der Bundesrepublik Deutschland, abstelle. Sie hingegen betreibe ihre Geschäfte vom Ausland aus, weil ihr Firmensitz in der Schweiz sei. Das Verfahren war vom hiesigen Verwaltungsgericht dem Europäischen Gerichtshof (EUGH) zur Vorabentscheidung zur Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Rechtsfragen vorgelegt worden. Der EUGH hat insoweit entschieden, dass sich ein in einem Drittland ansässiges Unternehmen (hier: Schweiz) nicht auf die auf den Bereich der EU beschränkte Dienstleistungsfreiheit berufen kann.
Mit Urteil vom heutigen Tage hat die für das Finanzdienstleistungsaufsichtsrecht zuständige 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main die Klage gegen die Untersagungsverfügung der Bafin abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass sich – unabhängig von dem Firmensitz – die Geschäftstätigkeit der Klägerin überwiegend im Inland auswirke, insbesondere sich ihre Kunden in der Bundesrepublik Deutschland befänden, so dass von einem Betreiben einer Finanzdienstleistung im Inland im Sinne von § 32 Kreditwesengesetz auszugehen sei. Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats ab Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheidet.
Aktenzeichen: 1 E 4355/06(V)
(Quelle: http://www.vg-frankfurt.justiz.hessen.de)